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Mutiert

Mutiert

Titel: Mutiert
Autoren: Ulrich Hefner
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ein knappes Drittel kleiner als die Schweiz.
    Die tropischen Hölzer brachten noch immer sehr viel Geld auf dem Schwarzmarkt. Egal ob Palisander, Ipe oder Pau Brasil, die Nachfrage stieg in rasantem Tempo. Und mit ihr die Gefahr der Entdeckung, denn immer mehr Paras, wie die Polizisten in dieser Gegend genannt wurden, patrouillierten mit berittenen Streifen, Booten oder Hubschraubern und nutzten sogar modernste Satellitentechnik, um die illegalen Camps und Holzlager aufzuspüren. Der Schutz des Regenwaldes war inzwischen zu einer Aufgabe geworden, die in der ganzen Welt ernst genommen wurde. Entsprechend hoch war die Zahl der Polizisten geworden. Und lange schon reichte es nicht mehr, ein Viertel des erzielten Gewinnes an die Kommandanturen abzugeben, denn korrupte Polizisten wurden mittlerweile hart bestraft.
    So waren die Glücksritter vorsichtig geworden, zogen sich tief in den Schutz des Regenwaldes zurück und nahmen lange Wege zu ihren Rodungsplätzen oder Minen auf sich. Doch selbst wenn ein Hubschrauber auf dem Patrouillenflug eine neue Rodung entdeckte, so gelang den Illegalen doch meist die Flucht, denn im Regenwald gab es keine Landeplätze, und bis zum Eintreffen der Bodentruppen hatten sich die Männer längst abgesetzt. Beweglichkeit war ihr Trumpf.
    Bei Edelhölzern gingen sie mittlerweile gezielt vor und fällten nur einen oder zwei Bäume, so dass es aus der Luft kaum auffiel. Durch die verzweigten Flüsse schmuggelten sie dann im Schutze der Nacht ihre geheimen Flöße bis zu den Plätzen, wo sie zum Abtransport erwartet wurden. Das Gebiet des Waldes war trotz allem noch immer riesig, und selbst die gut organisierten Paras waren im Kampf gegen die bestens aufgestellten Schmugglerbanden oft überfordert. Wurden ein paar von ihnen erwischt, dann räumte man die Lager und zog über die Flüsse einfach weiter.
    *
    Es herrschte eine ausgelassene Stimmung in der Kanne. Die verstimmten Töne des alten Pianos drangen durch die Tür hinaus in die Nacht. Ein guter Tag war zu Ende gegangen, und die Männer hatten Grund zum Feiern. Anna tanzte zur Musik auf dem Tresen und ließ ihren Faltenrock wild durch die Luft flattern. Wenn die Männer gut verdient hatten, kam auch José auf seine Kosten. Zuerst wurde gefeiert, und hatten die Männer dann genug Tequila oder Bier intus, so zogen sie sich nacheinander mit Anna, Maria oder Conchita auf die Zimmer zurück. Josés Kasse klingelte immer.
    Während José hinter dem Tresen stand und die Gläser füllte, warf er ab und an einen lüsternen Blick auf die rassige Tänzerin auf seinem Tresen, die sich nach und nach ihrer Kleider entledigte. Es war eine gute Idee gewesen, die Mädchen aus Manaus hierher zu holen. Eine lohnende Idee, für beide Seiten. Denn José war fair. Nicht mehr als ein Drittel ihrer Einnahmen mussten ihm die Mädchen für Kost und Logis abgeben. Wenn dann die Männer einmal wieder für Wochen das Camp verließen, konnten sie sogar umsonst bei ihm wohnen.
    An diesem Abend machte sich José ernsthaft Sorgen, ob seine Vorräte an Alkohol und Bier ausreichten, bevor die Gäste müde würden. Vor allem die sieben Kanadier waren heute in Spendierlaune. Über zwanzigtausend Dollar hatte ihnen ihr Geschäft eingebracht. Mehr als das Doppelte wie sonst. Sie hatten wirklich Glück gehabt, als sie bei ihrer Tour auf den schier unerschöpflichen Bestand an gerade gewachsenen Rosenhölzern gestoßen waren. Sechzehn Meter ragten die Bäume auf.
    » Noch eine Runde!«, rief einer der Kanadier lauthals. » Heute lassen wir uns nicht lumpen.«
    Die meisten Bewohner des Camps stammten aus Brasilien, doch auch Amerikaner, Kanadier und ein paar Europäer hatten sich hierher gewagt, um mit dem Holzeinschlag ihr Glück zu suchen.
    » Komme schon!«, antwortete José und zog drei weitere Flaschen Tequila aus dem Regal.
    Die Kanadier saßen an einem runden Tisch. Conchita und Maria versüßten ihnen den Abend. Noch bevor José die Gläser erneut vollschenken konnte, flog die Tür auf. Krachend schlug sie gegen die Holzwand, so dass es staubte. Erschrocken ließ José die Tequilaflasche fallen. Die Köpfe der Anwesenden flogen herum, und das Klavier verstummte. Selbst Anna auf dem Tresen raffte ihre Kleidung zusammen und bedeckte ihre Blöße. Plötzlich herrschte eine Ruhe in der kleinen Bar, bei der man eine Stecknadel hätte fallen hören. Alle starrten gespannt zum Eingang.
    Cardoso schwankte durch die Tür. Seine Haut schimmerte bläulich im Fieberglanz, und die Augen
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