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Mutiert

Mutiert

Titel: Mutiert
Autoren: Ulrich Hefner
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Bootsmotors nicht aus der Ruhe bringen. Bis zum Balbina-Stausee führte ihre Route, wo noch vor wenigen Tagen ein heftiger Sturm getobt hatte. Einige Mohrenkaimane flüchteten vom sandigen Ufer ins Wasser, um sich vor dem tosenden und dampfenden olivgrünen Ungetüm in Sicherheit zu bringen. Kurz vor dem Zufluss des Rio Jatapu rief der Cabo, der Korporal an Bord des Bootes, dem Bootskommandanten ein paar aufgeregte Worte zu und zeigte mit der ausgestreckten Hand in Richtung der Flussmündung. Dieser nahm sofort sein Fernglas vor die Augen und wies den Steuermann an, Kurs auf den Rio Jatapu zu nehmen. Ein schmales, grün gestrichenes Langboot hatte sich mit dem Ausleger im Wurzelwerk einiger Mangroven verfangen.
    Befehlsgewohnt brüllte der Kommandant seiner Besatzung Anweisungen zu, und gleich darauf positionierte sich einer der Soldaten hinter dem großen Zwillingsmaschinengewehr, das sich am Bug des Patrouillenbootes befand. Auch die anderen Besatzungsmitglieder, zwei weitere einfache Soldaten und ein Korporal, griffen zu ihren automatischen Waffen. Gefahr war im Verzug. Nicht oft wurden illegale Holzfäller erwischt, doch wenn man sie in die Enge getrieben hatte, schreckten sie selbst vor einem Feuergefecht mit dem Militär nicht zurück.
    Der Steuermann drosselte die beiden Dieselmotoren und ließ das Patrouillenboot langsam auf die Flussmündung zutreiben. Das Schiff, ein amerikanisches Modell, das bereits 1966 im Vietnamkrieg zum Einsatz gekommen war, verfügte über einen stabilen Rumpf aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Am Bug und an den Seiten sorgten Keramikplatten für die Deckung der Mannschaft, und selbst der Bugturm mit den beiden Maschinengewehren bot gegen einfache Gewehrmunition ausreichend Schutz.
    Der Kommandant visierte das hölzerne Langboot mit seinem Fernglas an, doch an Bord war keine Bewegung auszumachen. Hatte sich die Besatzung an Land begeben? Lauerten die Holzräuber hinter den dicken Stämmen der Mangroven auf ihre Chance? Oder hatten sie sich vielleicht schon längst aus dem Staub gemacht? Letzteres bezweifelte der Kommandant, denn in dieser Gegend war ein Boot viel zu wertvoll, um es einfach aufzugeben. Meter um Meter glitt das Patrouillenboot weiter auf das Langboot zu.
    » Da ist jemand!«, rief der Kommandant. Im Boot hatte er einen menschlichen Körper ausgemacht. Die Soldaten zielten mit ihren Gewehren darauf, während der Cabo noch immer argwöhnisch die Umgebung im Auge behielt. Schließlich waren sie heran. Drei Personen lagen im Langboot, zwei Männer und eine Frau. Der Kommandant griff nach dem Mikrophon und forderte sie über Außenlautsprecher auf, sich zu erheben und die Hände über den Kopf zu nehmen. Die Worte waren kaum verhallt, als plötzlich ein riesiger Mohrenkaiman vor dem Langboot auftauchte. Einer der Soldaten erschrak und feuerte eine Salve aus seiner Maschinenpistole.
    » Feuer einstellen!«, schrie der Kommandant. » Nicht schießen, ich glaube, die Leute dort drüben sind tot.«
    Der Soldat nahm seine Maschinenpistole hoch und sah noch aus den Augenwinkeln, dass der Kaiman unter dem Langboot abtauchte.
    » Zwei Mann ins Schlauchboot«, befahl der Kommandant.
    Eilends erhoben sich zwei Soldaten und eilten zum Heck. Sie ließen das Schlauchboot ins Wasser und ruderten hinüber zum Langboot, während die Kameraden nach wie vor mit ihren Gewehren sicherten.
    » Was glaubst du, sind das Holzfäller?«, fragte der Cabo seinen Kommandanten.
    » Ich weiß es nicht, aber die Frau passt irgendwie nicht ins Bild.«
    Die beiden Soldaten machten das Schlauchboot an einer Rudergabel des Langbootes fest, setzten über und beugten sich zu den Personen hinab. Schließlich richtete sich einer von ihnen auf. » Die Männer sind tot, aber die Frau lebt noch, sie ist sehr schwach«, rief er zum Patrouillenboot herüber.
    » Was willst du tun?«, fragte der Cabo.
    Der Kommandant überlegte. Schließlich nahm er das Mikrophon in die Hand. » Bringt die Frau an Bord!«, antwortete er.
    » Und die Männer?«
    » Wir bringen die Frau nach São Sebastião in die Krankenstation. Die Männer lassen wir zurück. Wir müssen uns beeilen, wenn wir noch etwas für die Frau tun wollen.«
    Der Cabo nickte.
    » Also los!«, brüllte er den Soldaten auf dem Langboot zu. » Worauf wartet ihr noch? Und beeilt euch gefälligst.«
    Sieben Minuten später schob der Steuermann den Gashebel bis zum Anschlag vor. Das Patrouillenboot schoss, getrieben von den beiden 260 PS starken Motoren, in
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