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Mutiert

Mutiert

Titel: Mutiert
Autoren: Ulrich Hefner
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in seinem bleichen Gesicht traten aus ihren Höhlen hervor. Er fasste sich an den Hals und schnappte nach Luft, wie ein Fisch auf dem Trockenen.
    » Hey, Cardoso!«, rief José. » Was ist los mit dir, und wo sind die anderen?«
    Cardoso öffnete den Mund, es schien, als ob er antworten wollte, doch plötzlich ergoss sich ein Schwall dunklen Blutes auf den Boden. Cardoso stürzte. Sein Körper zuckte unkontrolliert, bevor er schließlich leblos liegen blieb. Noch immer lief ein kleines blutiges Rinnsal aus seinem Mund. Die Mädchen kreischten angsterfüllt, und die anwesenden Männer sprangen von ihren Plätzen auf.
    José atmete tief ein. Nur langsam löste sich seine Starre. Er ging auf Cardoso zu, kniete sich nieder und drehte ihn auf den Rücken. Er beugte sich zu ihm herab und hielt sein Ohr an Cardosos Mund. Schließlich wandte er sich den Anwesenden zu.
    » Er ist tot, verdammt«, sagte er fassungslos. » Er ist einfach gestorben.«
    Eine Woche später – Liberty City in Miami, Florida, USA
    Eine Dunstglocke lag schon seit Tagen über der Stadt und hielt die feuchte und schwüle Luft darunter gefangen. Die Temperaturen lagen bei dreißig Grad und die Luftfeuchtigkeit bei nahezu fünfundachtzig Prozent. Die Menschen mieden die vor Hitze flirrenden Straßen und hatten sich in ihre Häuser zurückgezogen. Vier Mal war in den letzten Tagen in Liberty City der Strom ausgefallen, weil sämtliche Klimageräte in diesem Viertel gleichzeitig auf Hochtouren liefen.
    Gene Mcfaddin räkelte sich in seinem Bürostuhl im zweiten Stock des nicht mehr ganz neuen Geschäftshauses in der 65 . Straße und hatte seine Füße auf den Schreibtisch gelegt. Die Rollläden und die Fenster waren geschlossen. Gene trug nur legere Shorts und ein Muskelshirt, doch obwohl der Ventilator auf voller Stufe lief, vermochte er es nicht, den Raum auch nur ein klein wenig abzukühlen. Aus dem Radio dudelten Hits aus den Achtzigern.
    Gene hielt eine Wasserflasche in der Hand und döste vor sich hin. Als es an der Tür klopfte, fuhr er erschrocken auf. Die Flasche fiel polternd zu Boden und das restliche Wasser ergoss sich über den staubigen Teppich.
    Es klopfte erneut.
    » Ja, schon gut!«, brummte Gene nicht gerade freundlich und erhob sich. Durch die Glasscheibe der Tür konnte er den Schatten einer zierlichen Person erkennen. Er öffnete, und vor ihm stand eine junge Frau mit langen, schwarz gelockten Haaren.
    » Sind Sie Mcfaddin?«
    » Ja. Was kann ich für Sie tun?« Gene trat einen Schritt zur Seite und bat sie herein.
    » Ich brauche einen Privatdetektiv«, antwortete die junge Frau.
    Gene wies auf den einzigen Besucherstuhl und nahm wieder hinter dem Schreibtisch Platz. »Da sind Sie bei mir nicht ganz falsch. Aber mit wem habe ich die Ehre?«
    » Sharon«, erwiderte sein Besuch. » Sharon Cruiz. Ich brauche Ihre Hilfe.«
    Gene musterte die Frau mit dem lateinamerikanischen Einschlag. Sie hatte ein hübsches Gesicht und die schönsten, gebräunten Beine, die Gene seit Monaten gesehen hatte.
    » Was ist Ihr Problem?«
    » Ich weiß nicht, ob ich Sie mir überhaupt leisten kann«, begann Sharon Cruiz etwas unsicher. » Ich habe tausend Dollar gespart. Aber ich weiß nicht mehr, was ich sonst noch tun soll.«
    Er sah die Träne, die über ihre Wange lief und eine dunkle Spur aus Wimperntusche hinterließ. » Tausend Dollar, das ist ja auch eine Menge Geld.«
    Sharon blickte zu Boden. » Mein Verlobter ist verschwunden«, sagte sie leise. » Seit zwei Wochen habe ich nichts mehr von ihm gehört. Peter ist zur Arbeit gegangen und am Abend einfach nicht zurückgekommen.«
    » Peter, ist das Ihr Verlobter?«
    Der Ventilator auf dem Schreibtisch stoppte plötzlich mit einem lauten Schlag. Der Propeller steckte fest. Gene beugte sich vor und klopfte mit der Faust gegen das Sicherungsgitter. Der Propeller befreite sich und lief surrend wieder an.
    » Diese blöden Fünf-Dollar-Dinger taugen nichts«, nörgelte Gene.
    Sharon nickte kurz. » Peter Harrison ist sein Name. Wir wohnen seit sechs Monaten zusammen. In Gladeview. Peter studiert Medienwissenschaften, und nebenbei jobbt er, damit ein wenig Geld hereinkommt. Wir können es nämlich brauchen. Ich bin schwanger.«
    Gene griff nach einem Notizblock und schrieb den Namen des Vermissten auf. » Waren Sie schon bei der Polizei?«
    Sharon schlug die Hände vor das Gesicht und schluchzte. Gene erhob sich, ging um den Schreibtisch und legte sanft den Arm um ihre Schultern.
    » Sie haben gesagt, dass
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