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Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen?
Autoren: Evelyn Sanders
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unbedingt zehn Tage hintereinander mit einem freien Wochenende dazwischen, vierhundert Kilometer von zu Hause entfernt. Wenn ich Glück habe, wohnt in erreichbarer Nähe jemand Bekanntes, dem ich auf die Bude rücken kann; falls nicht, bleibt bloß noch Kino. Und wenn ich Pech habe, kenne ich den Film schon!

3
    Will-Reisen dagegen bedeuten in erster Linie Urlaub, manchmal aber auch nur Kurztrips in reizvolle Gegenden.
    Eine reizvolle Gegend ist zum Beispiel München. Fanden die Zwillinge und schenkten mir zum Geburtstag eine Dreitagefahrt in Bayerns Metropole. Sie waren nämlich noch nie dort gewesen. Reserviert (und vorher bezahlt!) hatten sie ein Dreibettzimmer in einer kleinen Pension direkt am Stachus – Dusche schräg über den Flur, Schlüssel dazu in der Küche abzuholen –, und ein festumrissenes Vergnügungsprogramm hatte auch schon vorgelegen. Es beinhaltete am ersten Tag Anreise sowie einen Bummel durch die Fußgängerzone, danach Abendessen und Kino; am zweiten die unerläßliche Besichtigung einiger Sehenswürdigkeiten wie Schwabing, Maximilianstraße und Viktualienmarkt, eventuell noch Besuch eines Museums, dessen Auswahl mir überlassen bleiben sollte, weil die Mädchen sich für keins interessierten. Nur über die Gestaltung des Abends waren sie sich noch nicht im klaren gewesen. Am dritten Tag Ausflug zu den Bavaria-Filmstudios und Heimreise. Soweit die Theorie.
    Die Praxis hatte später ganz anders ausgesehen. Wir kamen bei strömendem Regen an, erstanden im ersten Kaufhaus in der Fußgängerzone drei Schirme und arbeiteten uns dann von Geschäft zu Geschäft vorwärts. Rechts die Straße rauf, links wieder runter. Außer der Firma für Umstandsmoden und dem Pelzgeschäft hatte jede Schaufensterauslage etwas zu bieten, das nach Ansicht meiner Töchter ein Betreten des Ladens erforderlich machte. Auf diese Weise konnten wir uns immer mal wieder aufwärmen. Um halb sieben zurück zur Pension, umziehen (wir sahen aus, als hätten wir einen Spaziergang durch die Abwasserkanäle hinter uns), in einem Touristenlokal bayrisches Abendessen mit Knödeln und Kraut, im Kino Das Schweigen der Lämmer, angeblich künstlerisch wertvoll und wohl deshalb entsetzlich deprimierend.
    Am nächsten Tag regnete es immer noch. Deshalb enterten wir einen Sightseeing-Bus und ließen uns zum Besichtigen fahren. Ein bißchen Englischer Garten, ein Blick auf die Bavaria, ein paar Museen von außen, eins von innen, aber bitte nur die drei Säle mit den holländischen Malern, zu mehr reicht die Zeit nicht, sonst verpassen wir das Glockenspiel am Rathaus. Da standen wir dann unter unseren tropfenden Schirmen und guckten zu den tanzenden Figuren rauf. Als sie endlich wieder stillstanden, mußten wir noch auf den Vogel warten, der ist nämlich auch sehenswert. Warum, weiß ich nicht, man erkennt ihn ja kaum.
    Am Nachmittag kam die Sonne durch. Die Mädchen planten einen nochmaligen Marsch durch die Fußgängerzone. Bei schönem Wetter mache das doch viel mehr Spaß, außerdem wollten sie noch in das große Sportartikelgeschäft, das sie gestern unbegreiflicherweise übersehen hatten, und überhaupt sei die Zeit für längere Unternehmungen schon zu fortgeschritten.
    »Ohne mich«, rief ich sofort, »mein Wandertrieb hat Grenzen. Ich möchte mir mal in Ruhe die Buchhandlung da drüben ansehen, und danach gehe ich Kaffee trinken. Dort könnt ihr mich abholen.«
    »Wann denn?«
    »Na, wann wohl? Wenn die Geschäfte schließen. Vorher kann ich ja doch nicht mit euch rechnen.«
    In Wirklichkeit hatte ich etwas ganz anderes im Sinn. In einer Seitenstraße hatte ich ein Theater entdeckt, in dem das Musical Fourtysecond-Street gegeben wurde, sogar mit der original Broadway-Besetzung. Vielleicht konnte ich noch Karten bekommen. Große Hoffnung hatte ich nicht, doch versuchen wollte ich es.
    Und ich hatte Glück! Es waren zwar nur noch die teuersten Plätze zu haben, aber was soll’s? Einmal ist keinmal. Außerdem hatte ich ja auf den Leinenblazer verzichtet, den ich mir gestern beinahe gekauft hätte.
    Erst jubelten die Zwillinge, als ich ihnen die Karten zeigte, dann machten sie bedripste Gesichter. »Ich habe doch gar nichts zum Anziehen mit«, jammerte Nicki.
    »Auf keinen Fall können wir mit Jeans ins Theater gehen«, protestierte auch Katja, sah aber sofort einen Ausweg. »Eine Viertelstunde haben die Läden noch auf. Wenn wir gleich …«
    »Das könnte euch so passen! Wir gehen ja nicht in die Oper! Irgend etwas werdet ihr in
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