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Music from Big Pink: Roman (German Edition)

Music from Big Pink: Roman (German Edition)

Titel: Music from Big Pink: Roman (German Edition)
Autoren: John Niven
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Berge fuhren – immer was im Blut, immer was im Bett. Eine Zeit, in der wir alle lebten, nicht bloß warteten. Das ganze Leben besteht nach einer Weile nur noch aus Warten.

zwei
    »It’s for sure …«
    New York City, 1967 • Es war einer dieser schier endlosen Freitage gewesen, und ich hatte das Apartment von Fifth Floor Dave erst abends um sieben verlassen. Noch dazu war es verdammt heiß, und es sah ganz so aus, als wollte heute Abend jeder Depp in Manhattan, der an ein Auto kam, raus aus der Stadt und rauf in die Catskills, bevor es mit dem Sommer vorbei war.
    Ein paar Meilen vor mir hatte es einen Unfall gegeben, und ich brauchte geschlagene fünfundvierzig frustrierende Minuten, um auf den New York State Thruway nördlich der Insel zu kommen. Um mich herum staute sich der übliche Highway-Trash: verkniffen dreinblickende Geschäftsmänner in Oldsmobile- oder Cadillac-Limousinen, Hippies in Käfern oder VW-Bussen, aus deren Fenstern Gitarrenhälse ragten und aus deren Radios »Lucy In The Sky With Diamonds« schallte. Dann die Kombis voll mit plärrenden Kids samt ihren schwitzenden Eltern, alle redlich bemüht, einander nicht umzubringen. (»Also, wenn wir fünf uns im Haus schon ständig auf die Nerven gehen, warum quetschen wir uns dann nicht einfach stundenlang in eine 40 Grad heiße, zweieinhalb Quadratmeter große Kiste?« Tolle Idee, Vati.)
    Über uns allen thronten die Trucker in ihren stinkenden Neunachsern; grimmige Phantombilder von Pädophilen mit verspiegelten Pilotenbrillen und versifften Ripp-Unterhemden in ihren chromglänzenden Porno-Kisten, ihren Wichskabinen. Ich meine, diese Typen, randvoll mit Amphetaminpillen, Koffein und Nikotin, holten sich beim Fahren einen runter. Solche Typen, die lachten und dämliche Bemerkungen über deine Haare machten, wenn man einen Schnellimbiss betrat. ( »He du, biste’n Junge oder’n Mädchen?« Lutsch meinen Schwanz und finde es raus, du dämlicher Wichser.)
    Als ich die Spur wechseln wollte, machte mich ein Mädchen in einem Camaro blöd von der Seite an, von wegen, ich hätte sie geschnitten. Na klar, geschnitten, mit sechs Meilen die Stunde. Fast wäre ich aus dem Wagen gesprungen und hätte mich mit ihrem Freund angelegt. Aber dann fiel mir der ganze Stoff in meinem Handschuhfach wieder ein, und ich besann mich eines Besseren.
    Zwei Stunden später verließ ich bei Saugerties den Highway, hielt kurz an, um das Verdeck runterzuklappen, und nahm dann die Route 212 nach Westen. Ich liebte diesen Teil der Strecke, wenn dich mit einem Mal der Geruch der Catskills umwehte: frische, klare Luft, die nach Ahorn und Pinien duftete. Nächste Woche würde es Oktober sein. In den Bergen setzt der Herbst früher ein, und sein erstes Raunen war bereits sichtbar: Kupfer- und rostfarbene Flecken sprenkelten hier und da die Baumwipfel. In der Ferne ragte der Overlook Mountain auf, und irgendwo an seinem Fuß lag Woodstock.
    Ich war im Sommer zuvor hergezogen, dem »Summer of ’66«, in dem Dylan dort auf der Striebel Road sein Motorrad zerlegt hatte. Ich hatte mir unten in der Stadt etwas Ärger eingehandelt, und mein Freund Alex meinte, ich könnte raufkommen und eine Weile bleiben. Ein paar Jahre zuvor hatte ich Toronto verlassen, um an der NYU Jura zu studieren. Das war etwa zur selben Zeit, als The Hawks mit Ronnie Hawkins spielten und auf der Yonge Street richtig abräumten, aber unsere Wege hatten sich nie gekreuzt. Wie auch immer, das College und ich, wir waren nicht füreinander geschaffen. Nach ein paar Jahren war das Thema für mich so gut wie erledigt, und ich verkaufte in ganz Manhattan Speed und Gras für einen Kerl namens Manny.
    Manny machte verschiedene Geschäfte. Er vertickte Drogen an viele aus der Factory-Clique und sahnte ganz gut dabei ab. Er hatte ein paar Pferdchen am Laufen. Nichts, was man ein Gestüt nennen konnte, bloß eine Handvoll Bräute, die den Times Square beackerten, die Nüsse der Tagungsbesucher aus dem Mittleren Westen melkten, diese Typen, die man nachts vom Scotch bedröhnt durch Midtown streunen sah, die zu Hause in Minnesota bei ihren Ehefrauen schon seit Trumans Präsidentschaft nicht mehr richtig randurften und nicht allzu sehr aufmuckten, wenn der wilde Ritt, den man ihnen auf der Straße versprochen hatte, sich auf dem Zimmer als dreißigsekündige Handmassage herausstellte. Es war immer dieselbe alte Geschichte: Diese Mädchen – die Töchter und Nichten der scotchbedröhnten Handmassagen-Saubermänner – stiegen
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