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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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diese Kreise zurückgekehrt: Nur weil sie vor die Kamera getreten
sei, sei alles außer Kontrolle geraten. Meiner Meinung nach traf das nicht den
Kern der Sache.
    Da waren
erstens die Männer. »Für ein schönes, intelligentes Mädchen hast du dir eine
bemerkenswerte Kollektion von Idioten zugelegt«, sagt Dana Andrews in Laura zu ihr.
Sie hatte immer eine Schwäche für den aristokratischen Typ gehabt, für den
enterbten russischen Grafen, den Präsidentschaftskandidaten, den jetsettenden
Milliardär oder für Typen wie Howard Hughes, bis der mit seinem Flugzeug auf
einer Straße in Beverly Hills eine Bruchlandung baute. Sie alle wollten sie aus
dem gleichen Grund wie die Studios: wegen ihrer überirdischen Schönheit. Und
wie für die Studios, so formte, veränderte und komponierte sie diese Schönheit
präzise nach deren Wünschen, bis von ihr selbst nichts mehr übrig war.
    Diese
Beziehungen waren jedoch nur Variationen über ein Thema, das schon lange zuvor
von ihrem Vater Howard Tierney sen. vorgegeben worden war. Gene hatte ihn
vergöttert. Zweifellos war ihr Vater eine unwiderstehliche Persönlichkeit
gewesen: ein eiserner Moralist, der sie jeden Sonntag zur Kirche brachte; ein
Finanzgenie, der seiner Familie zwei Häuser baute, der ihnen die Mitgliedschaft
im besten Countryclub von Connecticut besorgte, der sie mit Bediensteten,
Pferd und Boot ausstattete, und der seine Tochter in das gleiche Schweizer
Internat schickte, das auch Marlene Dietrichs Tochter und die spätere Frau
eines Maharadschas zu seinen Schülerinnen zählte.
    In den
dreißiger Jahren musste sie mit ansehen, wie der vergötterte Vater zu einem
Mann schrumpfte, dem Schulden und Wirtschaftskrise so zusetzten, dass er sich
angewöhnte, immer eine Pistole mit sich herumzutragen, um sich, käme es zum
Schlimmsten, erschießen und damit seiner Familie wenigstens die
Lebensversicherung retten zu können. Als sie sich nach ihrer märchenhaften
Entdeckung auf dem Warner-Studiogelände während jener Amerikareise mit Pat,
Howard jr. und ihrer Mutter dazu entschloss, Schauspielerin zu werden, so
geschah das in der Absicht, der Familie zu helfen, ihrem Vater wieder zu jener
Stellung zu verhelfen, die er einmal innegehabt hatte.
    Und so fädelte
er ihren ersten Vertrag ein und warnte sie gleichzeitig vor dem falschen Pomp
des Filmgeschäfts. Ihre Mutter zog nach Hollywood, um ein Auge auf sie zu
haben; ihr Vater blieb in New York, gründete die Belle-Tier Corporation und kümmerte
sich um die Verwaltung ihrer Einkünfte. Sie lebte innerhalb der von ihm
festgelegten Parameter, fuhr einen kleinen Wagen, nähte ihre Kleider selbst,
und alles lief bestens, bis sie mit Cassini durchbrannte und ihre Mutter
angewidert nach New York zurückflog, wo sie in eine Affäre zwischen ihrem Mann
und ihrer besten Freundin platzte, die sie für die Zeit ihrer Abwesenheit
gebeten hatte, »sich ein bisschen um ihn zu kümmern«. Die beste Freundin war
die Tochter eines Eisenbahnunternehmers, die eigenes Vermögen besaß und die
Howard Tierney sen. für seinen Ausweg aus der Schuldenfalle hielt. Tatsächlich
bestand diese Beziehung schon seit einiger Zeit. Tatsächlich hatte er seine
junge Familie nur deshalb auf jene schicksalhafte Amerikareise geschickt,
damit er den Sommer allein mit ihr in New York verbringen konnte. Und nun,
kaum dass er seine Tochter bei der Presse angeschwärzt hatte, gab er selbst
bekannt, dass er sich von Genes Mutter scheiden lassen und deren beste Freundin
heiraten wolle.
    Es wäre
untertrieben zu behaupten, Gene sei desillusioniert gewesen über die
Entdeckung, dass ihr Vater auch nur ein Mensch war. Doch das war noch nicht
alles. Als sie nämlich vom Studio einen neuen Vertrag forderte, damit ihre
Gagen auf ihr eigenes Konto anstatt auf das der Firma ihres Vaters flossen, verklagte
er sie wegen Vertragsbruchs auf fünfzigtausend Dollar Schadensersatz. Und als
sie den Prozess gewonnen hatte und zum ersten Mal ihren Kontostand bei der
Belle-Tier Corporation zu Gesicht bekam - also eine Abrechnung über all ihr in
Hollywood verdientes, brav an den Vater überwiesenes und von ihm mit drakonischer
Härte verwaltetes Geld -, da war da nichts, Zero, nullkommanix. Das Konto war
leer.
    Sie sah
ihn nur noch zwei Mal wieder. Einmal stand sie unter dem Einfluss von Beruhigungsmitteln
und erkannte ihn nicht, das andere Mal besuchte er sie in ihrem Haus und sagte
zum Abschied: »Tja, Gene, schätze, wir haben beide bekommen, was wir wollten.«
    Deshalb
die
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