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Mürrische Monster

Mürrische Monster

Titel: Mürrische Monster
Autoren: Royce Buckingham
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gewesen, aber er hatte die Schuhe nie wieder angezogen. Sie sprangen aus dem Fenster, dann wandte Nate sich zu dem Ungeheuer um, das seinen massigen Leib nun vollends durch die Tür gezwängt hatte.
     
    Calamitous hielt inne und betrachtete die Schar der Dämonen, die sich noch auf dem Dachboden befanden.
    Er hatte damit begonnen, Dämonen zu fressen, als er Jahrhunderte zuvor einmal auf hoher See festsaß und sein Überleben hatte sichern müssen, aber jetzt ernährte er sich ausschließlich von ihnen, stellte ihnen unerbittlich nach, und sie hatten ihn verändert. Er nahm immer die Gestalt an, die ihm bei der Jagd nach ihnen am dienlichsten war – am ergiebigsten war eine monströse Version der am besten organisierten organischen Geschöpfe auf Erden, der Insekten, der natürlichen Feinde des Chaos. Als Mensch zu erscheinen war lediglich eine nützliche Verkleidung gewesen.
    Er starrte durch den Raum. Nichts stand mehr zwischen ihm und dem jungen Hüter, nichts konnte ihn noch aufhalten. Der Junge musste verschwinden, beschloss er. Im Gegensatz zu dem hübschen Mädchen war der Bursche ein Krieger. Er kämpfte für seine Dämonen wie ein Schäfer, der seine Herde verteidigt. Selbst jetzt verhalf er ihnen noch zur Flucht. Dieser Hüter war eine lästige Plage, und deshalb war die Sache ganz einfach: Der Junge durfte nicht am Leben bleiben. Mit diesem Gedanken und dem Versprechen auf eine weitere ungehinderte Dämonen-Fressorgie gab Calamitous die letzten Reste seines menschlichen Selbst willentlich dem Geschöpf hin, zu dem er geworden war, und machte seinen monströsen schleimigen Leib zum Angriff bereit.
     
    Sandy und Richie kamen in die Eingangshalle und sahen Lilli aufrecht an der Wand sitzen; neben ihr hockte Zoot.
    »Was ist passiert?«, stöhnte Lilli.
    Sandy kniete sich hin und starrte in Lillis grüne Augen. »Ihre Pupillen sind verschieden groß und ganz verschleiert. Ich glaube, sie hat eine Gehirnerschütterung.«
    »Lasst sie uns raustragen«, sagte Richie und packte Lilli unter den Armen. »Nik, komm her. Hilf mir.«
    Sandy schaute zum abgeplatzten Putz empor, wo Lilli gegen die Wand geprallt war, und hielt Richie auf. »Sie könnte sich etwas gebrochen haben«, warnte sie. »Wir sollten sie lieber nicht bewegen.«
    »Mag sein«, sagte Richie, »aber hier liegen lassen können wir sie auch nich. Da oben is ein Ungeheuer ...«
    Er erstarrte. Die Eisentür auf der anderen Seite der Eingangshalle war aufgebrochen. Sie hing lose in einer Angel. »Wir müssen sofort verschwinden«, flüsterte er Sandy zu. Er lenkte ihr Augenmerk auf die Tür. »Das TIER«, sagte er und musste nichts weiter erklären.
    Sandy packte Lilli an den Beinen und half Richie und Nik, sie durch die Eingangshalle zu schleppen. Sie standen mit Lillis schlaffem Körper auf der untersten Treppenstufe vor dem Haus, als über ihnen plötzlich das Dachbodenfenster zerbarst.
    SCHEPPER!
    »Seht mal!«, rief Sandy aus.
    Dämonen wimmelten aus dem zerborstenen Fenster, flogen, krochen und purzelten zu ihnen herab.
    »Ist Nate tot?«, brüllte sie Richie an und wich einem herabfallenden weißen Schleimklumpen aus, der nach Schwefel roch, auf den Rasen spritzte und sogleich im Boden versickerte.
    »Nein«, sagte Richie, »er lässt sie frei.«
    Immer mehr Dämonen spie das zerbrochene Fenster in den Garten hinaus. Die meisten überlebten. Einige starben. Viele verschmolzen rasch mit ihrer Umgebung und verschwanden aus Sandys Blickfeld. Für die lebenden Möbelstücke war es schon schwieriger, sich zu verstecken, deshalb blieben sie einfach auf dem Rasen stehen und taten so, als wären sie ganz normale Möbel.
    Instinktiv versuchten Sandy und Richie, die ersten, die sie sahen, zu retten. Sandy breitete ihre Jacke zu einem Sprungtuch aus und fing einen zappelnden kleinen Staubdämon auf, der ihr sofort in die Nase stieg und einen Niesanfall auslöste. Richie stürzte sich mit einem Satz auf einen gierigen Sabberdämon, der gerne Hunden nachstellte. Andere hingegen wurden auf dem Gehweg zerschmettert, oder sie krümmten sich in schmerzhaften Verrenkungen auf dem Rasen. Ein Speisezimmerstuhl brach sich ein Bein, und seine hohen Schmerzensschreie waren so durchdringend, dass Richie sich fragte, ob er ihn nicht von seinem Leiden erlösen sollte; die Beine waren für einen Stuhl genauso wichtig wie für ein Rennpferd. War erst einmal eins gebrochen, würde der Stuhl nie wieder der alte sein. Mit einigen der Dämonen konnten sie einfach nicht umgehen.
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