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Muenchen Blues

Titel: Muenchen Blues
Autoren: Max Bronski
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Schwierigkeiten und ließ mich ein. Ich hatte nur ein paar Kollegen hinterherzudackeln, um an den richtigen Ort zu kommen.
    Das Maximilianeum verdankte seinen Namen dem Plan, an prominenter Stelle ein Athenäum zu errichten. Mit diesem Plan war Griechenland und seinen Göttinnen genug Ehre erwiesen worden, und man baute das Ganze dann doch lieber im Renaissancestil. Der Bau sollte hochbegabten Landeskindern als Ausbildungsstätte dienen. Heute tut er das als Bayerischer Landtag: Hochbegabte Landespolitiker dürfen dort so lange üben, bis es einem aus ihrer Mitte endlich gelingt, die Macht in der ganzen Republik zu übernehmen und den jahrhundertealten Bannfluch zu lösen, der auf allen bayerischen Herzögen, Königen und Ministerpräsidenten ruht.
    Einer dieser Hochbegabten saß vorne und referierte über den Münchner Schlachthof. Hirschböck sprach von einer Pilotstudie. Von Zukunftsvisionen, die man selbstverständlich noch mit der Stadt München abzustimmen habe. Von der Vorreiterrolle seines Ministeriums. Von einem Szenario nach dem Prinzip: Was wäre, wenn? Von Denkanstößen. Schließlich war alles so locker geschlagen und unverbindlich verquirlt, dass Hirschböck zum Abschluss der ganzenVeranstaltung einen leckeren Luftguglhupf präsentieren konnte, von dem sich jeder gefälligst ein Stück abschneiden sollte.
    Zwischen dem sturztrunkenen, vollgepissten und blutig geschlagenen Menschen und dem agilen Männlein am Pult, lagen Welten. Ich hatte eigentlich vorgehabt, ihn gleich nach der Veranstaltung anzusprechen, aber der Ablauf dieser Pressekonferenzen war für mich ein Buch mit sieben Siegeln, sodass ich den rechten Moment verpasste.

48
    Zwei Stunden später stand ich vor dem Ministerium in der Prinzregentenstraße. Weiter kam ich nicht. Die mit ihren MP5 auf und ab paradierenden Polizisten stoppten mich. Dass ich zum Herrn Staatssekretär wollte, fanden sie dreist. Sie sagten dergleichen aber nicht, sondern gingen zum Schein darauf ein, zwinkerten mir ständig grinsend zu und empfanden alles als einen Riesenspaß. Ob ich denn eventuell auch mit dem Minister vorliebnehmen würde. Da gehe eher was. Sie amüsierten sich wirklich königlich, bis es mir zu bunt wurde und ich Hirschböcks handgeschriebenes Billet vorwies.
    Jetzt ging tatsächlich doch noch was. Sie riefen mit ihren Handfunkgeräten hoch. Britzelndes Gebelle kam herunter. Schließlich stand ich im Foyer. Dort begann mich ein gut ausgebildeter Schutzbeamter, von unten her nach Waffen abzukneten. An und für sich ist das nicht unangenehm, man wünscht sich nur, dass man die Beine dabei hochlegen darf,und die Ausführung mit ein wenig Zitronenöl aufgewertet wird, dann käme man gut durchgewalkt und entspannt an sein Ziel. Meines war nach einigen Treppen und dem Durchschreiten von Vorzimmern das geräumige Büro des Herrn Staatssekretär Dr. Hirschböck.
    Von weitem sah er noch kleiner aus. Das mochte auch an dem Holzungetüm mit den Ausmaßen einer Galeone liegen, das er als Schreibtisch benutzte. Er wieselte den weiten Weg um ihn herum.
    – Ja, endlich, rief er, lässt er sich da herinnen auch einmal blicken.
    Entkernte man das Niederbayerische, so bedeutete das ein öffentliches Bezeigen von sehr, sehr großer Freude. Wir schüttelten uns die Hände. Schon da gab er mir einen Klaps auf die Schulter. Dann wies er Frau Finsterwalder, seine Sekretärin, an, uns einen Kaffee zu bringen. Wahrscheinlich gab es eine Spezial-Ministeriumsmischung von Feinkost Dallmayr. Jedenfalls schmeckte der Kaffee so kräftig und bohnig, wie sich das ein Chef nur wünschen kann. Außerdem trank ich erst mal reichlich davon, weil ich nicht so recht wusste, wie ich das kritische Ding mit einem so jovialen Menschen anpacken sollte.
    – So eine Geschichte damals. Meine Güte, wenn ich daran denke!
    – Wahnsinn, sagte ich.
    – Gell, erwiderte er. Herrschaftszeiten, so was!
    Es hat bei uns keinen Sinn, dieses jede Art von Brei umkreisende Geplänkel zu übergehen. Man knufft ein paar Mal verbal hin und her, sagt vorzugsweise Sachen, denen der andere aus freudigem Herzen zustimmen kann. Auswärtigemutet dieser Gesprächsteil so monoton an wie die erste Aussprache der beiden Herren auf ihrer einsamen Insel: Ich Robinson, du Freitag. Wenn es der andere wiederholt, ist schon viel gewonnen. Um dies in seiner tiefen landestypischen Bedeutung angemessen würdigen zu können, muss man sich das so effektvoll wie das Echo am Königssee vorstellen.
    Nachdem wir eine ganze Weile
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