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Muenchen Blues

Titel: Muenchen Blues
Autoren: Max Bronski
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durchsuchen.
    – Und was finden wir?
    Das Zusammenspiel dieser beiden Vortragskünstler wäre nur noch dadurch zu steigern gewesen, wenn jeweils einer die Klavierbegleitung des anderen übernommen hätte.
    – Wir finden einen toten Mann, dazu sämtliche Habseligkeiten von Dr. Hirschböck, aber kein Exposé!
    – Mann, rief Maier mit erstaunlicher Verve, Traublinger hatte sich das Exposé längst kopiert und wollte, dass wir das Original bei Bärnbichl entdecken. Das war seine Idee. Und die größte Panne war, dass es verschwunden ist.
    – Traublinger hätte sich mit dieser Aktion reingewaschen, Bärnbichl wäre der Hauptschuldige gewesen. Und deswegen sind wir auch in einem anderen Punkt absolut sicher …
    – So, Gossec, und jetzt mal Tacheles: Wo ist das Exposé hingekommen?

45
    Nicht schlecht. Die beiden hatten mich mit ihrer Umzingelungstaktik immer weiter in die Enge getrieben. Aus dieser Sackgasse gab es kein Entkommen mehr.
    – Okay. Ich habe es mitgenommen, als ich bei Adi oben war. Es lag in seiner Schublade.
    Wahrscheinlich hätten sich die beiden gern abgeklatscht, jedenfalls schauten sie sich wie Doppelspieler an, die eben den Punkt gemacht hatten.
    – Na also, rief Maier.
    – Jetzt ist Ihnen doch schon viel wohler, ergänzte Müller.
    Ich grinste.
    – Absolut.
    – Sie wollten es zu Geld machen?
    Maier machte sich gleich wieder zum Moralapostel.
    – Irrtum. Ich wohne im Schlachthofviertel. Und möchte dort bleiben. Von meinem Freund habe ich bereits erzählt. Dem Bärnbichl die Tür zugemauert hat.
    – Märchen. Hier möchte sich jeder Kleinkriminelle zum Kneißl oder Jennerwein stilisieren. Man macht es ja nur für die anderen.
    Müller wurde grob, Maier gab sich schlau.
    – Wenn es so ist, wie Sie sagen, dann erzählen Sie uns doch, wo sich das Exposé jetzt befindet.
    So war das in diesem hundsmiserablen Stück heute Abend. Ich schleppte mich von Akt zu Akt, hatte nur eine kleine Rolle und einen doofen Text oder ließ mich versohlen. Aber schlussendlich bekam man zum Ausgleich für alles den großen Knaller.
    – Gern. Es steht online auf der Website des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft.
    Maier zwo und Müller fünf wussten, was sich gehörte. Mit Ehrfurcht und ungläubigem Erstaunen nahmen sie meinen Hinweis entgegen und schwiegen. Das vertiefte den schönen Effekt und gab mir die Möglichkeit, noch einen nachzulegen.
    – Sehen Sie doch einfach nach. Direkt unter Download.
    Mit wenigen Tastatureingaben hatte Müller die gewünschte Seite angesteuert. Maier stand hinter ihm und stützte sich auf den Schultern seines Kollegen ab. Er zeigte sich erschüttert.
    – Ist das amtlich?
    – Offiziell?
    – Oder gefaked?
    – Er meint, gehackt?
    Diese Frage interessierte auch mich lebhaft. Wie hatte das Ministerium reagiert?
    – Rufen Sie doch einfach mal an und fragen Sie nach.
    Müller gab Maier ein kurzes Zeichen mit dem Kopf, dann verschwand dieser aus dem Zimmer. Nach einiger Zeit kehrte er zurück. Stellvertretend für die vielen schweren Bedenken, die er nun nicht mehr im Büro hin- und hertragen wollte, warf er das Hängeregister auf den Tisch.
    – Morgen, sagte Maier, gibt Dr. Hirschböck eine Pressekonferenz zur Studie. Das Echo war heute schon sehr groß und hat die Erwartungen des Ministeriums weit übertroffen.
    Wieder schwiegen beide, dann gab es einen kurzen Blickwechsel, und schon herrschte Einvernehmen.
    – Da hat man einen endlich überführt, er ist so gut wie gerichtet und dann …
    – … ist er doch gerettet, ergänzte Maier.
    – Verschwinden Sie, Gossec. Und passen Sie auf, dass Sie uns nie wieder in die Quere kommen.
    – Nie wieder, echote Maier.
    Ich erhob mich, begriff, dass eine Verabschiedung per Handschlag eine Provokation gewesen wäre, deutete ein kleine Verbeugung an und ging erhobenen Haupts wie ein Oberkellner aus dem Büro.

46
    Als ich unten im Freien stand, war es bereits dunkel geworden. Ich guckte auf die Uhr, gerade mal fünf. Vom grauschwarzen Himmel schwebten dicke Flocken herunter. Das sah hübsch aus, wenn man hochschaute, unten am Pflaster blieb nur Matsch. Die vorbeifahrenden Autos ließen diese schmutzige Schneesoße hochspritzen. Ich zog meine Mütze aus der Jacke und setzte sie auf. Am meisten wäre mir nach einem Taxi zumute gewesen, hier einsteigen, zu Hause aussteigen. Aber man fand einfach keine Einstellung zu dieser Jahreszeit, wenn man sich ihr nicht aussetzte. Außerdem hatte ich ein ungutes Gefühl, das ich nicht
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