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Mr. Peregrines Geheimnis: Roman (German Edition)

Mr. Peregrines Geheimnis: Roman (German Edition)

Titel: Mr. Peregrines Geheimnis: Roman (German Edition)
Autoren: A.J. Hartley
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war ziemlich nobel. Es gab keine Billigshops und auch keine Buchläden – die einzigen Geschäfte, die Darwen interessiert hätten –, sondern nur Boutiquen mit hochwertiger, teurer Kleidung und Schmuck. Er rannte weiter, suchte mit den Augen die Dachkonstruktion, Fenstersimse und Grünpflanzen ab, konnte aber keine Spur von dem Flugwesen entdecken. Nichts. Er hatte es aus den Augen verloren.
    Darwen blieb kurz stehen, um tief Luft zu holen, dann drehte er sich einmal um die eigene Achse und … da war es! Hoch oben auf dem Schild eines Geschäfts, das handgemachte Pralinen verkaufte. Diesmal hatte es sich weniger hingehockt, vielmehr rekelte es sich genüsslich. Dabei leckte es etwas von seinen langen Klauen, was Darwen für Spatzenblut hielt. Eine Sekunde lang starrte Darwen es lediglich an, dann wandte sich das Geschöpf um und erwiderte seinen Blick, grinste bösartig und streckte die lange rosa Zunge aus.
    Darwen zog hörbar die Luft ein.
    Was um alles in der Welt war das für ein Wesen?
    Schon war es wieder in der Luft und strich mit langen, gleichmäßigen Schwüngen über die Köpfe der Passanten hinweg, die seltsamerweise alle viel zu sehr mit sich selbst oder den Schaufenstern beschäftigt waren, um das eigentümliche Was-auch-immer zu bemerken. Darwen rannte wieder los, fest entschlossen, die Spur nicht noch einmal zu verlieren.
    Halb war er schon den nächsten, weitläufigen Gang hinunter, in dem sich Läden mit Designerhandtaschen und Elektronikspielzeug aneinanderreihten, als er mit einem dicken Mann in Uniform zusammenstieß, der prompt ins Stolpern geriet und hinfiel.
    »’tschuldigung!«, rief Darwen und lief weiter.
    »Komm sofort zurück!«, brüllte der Mann, der sich wieder aufrappelte.
    Es war ein Polizist.
    Darwen war normalerweise niemand, der Ärger machte, und zu Hause in England wäre er nie im Leben vor einem Polizisten davongelaufen. Aber das geflügelte Tier hatte ihn richtiggehend in seinen Bann geschlagen – er wollte unbedingt sehen, wohin es flog. Es war wie ein Zwang . Und so rief er nur noch einmal »’tschuldigung!« und lief weiter, den Blick fest auf das Flugtier gerichtet, das inzwischen einen kleinen Überschlag gemacht hatte, damit es ihm eine Grimasse schneiden konnte. Dann schoss es wieder davon, machte Sturzflüge, stieg erneut auf, täuschte mal nach rechts und mal nach links eine Kurve an und flog dann in die nächste Passage. Darwen wagte nicht, den Kopf zu wenden und zu schauen, ob der Polizist hinter ihm her war.
    In diesem Teil des Einkaufszentrums war viel weniger los. Darwen rannte an einem großen Kaufhaus vorüber, aus dessen Eingang es intensiv nach Parfüm roch, dann an einem Möbelgeschäft, das auf einem Schild große Preisnachlässe ankündigte – und dann kam plötzlich nichts mehr, nur noch ein breiter, offener Gang, der zu beiden Seiten von leeren Schaufenstern flankiert wurde.
    Na ja, fast nichts, denn dann entdeckte Darwen doch noch etwas. Ganz am Ende der Passage, neben einem Leuchtschild, auf dem »Ausgang« stand, befand sich ein kleines, heruntergekommenes Geschäft, das aussah, als hätte man es irgendwo an einem ganz anderen Ort herausgehoben und einfach hier eingesetzt. Selbst in diesem hässlichen und scheinbar vergessenen Teil des Einkaufszentrums wirkte es fehl am Platz. Die Fassade des Ladens bestand aus abgestoßenem Backstein und uraltem Holz, dessen Farbe fleckig war und abblätterte. Die kleinen Fenster waren mit Blei verglast.
    Der ganze Laden wirkte, als gehörte er in eine andere Zeit. Über der Tür hing an zwei Ketten ein verblasstes Schild, auf dem in goldenen Buchstaben stand:

    An dem Schild, kopfüber wie eine Fledermaus und mit dem Gesicht in Darwens Richtung, hing das kleine geflügelte Wesen. Es machte laut ein unanständiges, prustendes Geräusch, dann sprang es zu einem der Fenster der Backsteinwand hinüber und zwängte sich durch eine Raute in der Bleiverglasung, die halb zerbrochen war.
    Darwen rannte zur Eingangstür, als seine Hand aber die angelaufene Messingklinke berührte, zögerte er. Dieser Ort hatte etwas Seltsames an sich. Das konnte er fühlen. Die Schaufenster waren völlig verstaubt und standen voller alter Spiegel mit kunstvoll verzierten Rahmen, die meisten angelaufen, verkratzt, schon halb blind und mit einigen Sprüngen.
    Und wie, fragte er sich, konnten Spiegel überhaupt unbezahlbar und gefährlich sein?
    Als sein Blick auf die handgeschriebenen Preisschilder fiel, blieb ihm der Mund offen stehen.
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