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Mr. Peregrines Geheimnis: Roman (German Edition)

Mr. Peregrines Geheimnis: Roman (German Edition)

Titel: Mr. Peregrines Geheimnis: Roman (German Edition)
Autoren: A.J. Hartley
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Schuhe.
    Darwen war das ziemlich egal. Er war gern für sich, und solange Eileen den Fernseher nicht zu laut stellte, hatte er nichts dagegen, ignoriert zu werden. So konnte er sich zumindest in sein Zimmer verkriechen und lesen.
    Darwen und seine Tante entwickelten schnell eine gewisse Routine. Wenn sie nach Hause kam, fragte sie ihn, wie sein Tag gewesen war und was er zum Abendessen haben wollte, um dann etwas Entsprechendes vom Lieferservice zu bestellen. Tante Honoria kochte nicht, das hatte sie ihm gleich gesagt, obwohl sie etwas zustande brachte, was sie als »scharfen grünen Salat« bezeichnete.
    Am ersten Abend, den er bei ihr verbrachte, hatte Darwen nach Chips gefragt, und sie hatte ihm eine kleine Tüte Kartoffelchips gegeben und gesagt, dass er sich in Zukunft aber gesünder ernähren müsse. Darwen war erst zu spät eingefallen, dass man die frittierten, heißen Kartoffeln nur in England Chips nannte und er »Pommes frites« hätte sagen müssen. Zweimal hatte er um Tee gebeten und dann ein Glas mit einem braunen, süßen Zeug bekommen, in dem Eiswürfel schwammen. Ein anderes Mal hätte er gern eine Pastete mit Fleisch und Kartoffeln gegessen, aber als er von einem Pie sprach, wusste Tante Honoria nicht einmal, was er meinte. Um ihm dennoch etwas Gutes zu tun, war sie mit ihm in ein libanesisches Restaurant gegangen. Das war lecker gewesen, wie Darwen hatte zugeben müssen, aber eben nicht ganz das, worauf er Lust gehabt hatte.
    Er war inzwischen zu dem Schluss gekommen, dass sie es gut meinte, aber sie war nun einmal kein besonders mütterlicher Typ. Wenn sie ihn vor dem Schlafengehen umarmte, fühlte es sich ein bisschen so an, als würde man einen ungewöhnlich schlanken und gut gekleideten Kühlschrank knuddeln.
    Darwen wusste, dass es für sie nicht einfach war, dass ihr Neffe so plötzlich bei ihr abgeladen worden war. Er wusste, dass seine Tante ihr eigenes Leben und ihre Karriere hatte und dass er eine Unannehmlichkeit darstellte, der sie sich so gut – und so freundlich – stellte, wie sie konnte. Aber all das führte dazu, dass er schreckliches Heimweh bekam. Und das Wissen, dass diese fremde Wohnung in dieser verwirrenden Stadt, in der niemand zu Fuß ging, nun sein neues Zuhause war, machte es nur noch schlimmer.
    Der heutige Abend war jedoch anders verlaufen als die übrigen. Eileen hatte an seine Tür gehämmert und gerufen: »Deine Tante ist unten und wartet auf dich! Zieh deine Schuhe an!«
    Während sie gemeinsam mit dem Fahrstuhl ins Erdgeschoss fuhren, starrte Eileen auf ihr Handy und summte zu der Musik, die aus ihren Kopfhörern drang. Bis sich die Türen öffneten, dann setzte sie blitzschnell ihr professionelles Lächeln auf, steckte das Telefon weg und legte Darwen beschützend den Arm um die Schultern, als sei er ihr bester kleiner Freund. Als er zu seiner Tante ins Auto stieg, beugte Eileen sich noch einmal vor und winkte mit beiden Armen.
    Es war eine ziemlich gute Show.
    »So ein nettes Mädchen«, bemerkte Tante Honoria und wandte sich dann an Darwen: »Okay. Heute lassen wir dir deine neue Schuluniform anpassen!«
    Sie klang, als müssten ihm die ganzen Vorbereitungen für seinen ersten Tag an der Hillside Academy schrecklich viel Spaß machen, aber Darwen merkte, dass sie unter ihrer oberflächlich zur Schau gestellten Begeisterung ziemlich angespannt war. Daher lächelte er zustimmend und versuchte so auszusehen, als sei Einkaufen mindestens so aufregend wie ein Besuch im Freizeitpark und als könnte er es kaum erwarten, dorthin zu kommen.
    Das Geschäft befand sich in einem Einkaufszentrum. Sie fuhren gerade auf den Parkplatz, als seine Tante mit einer Kopfbewegung über ihre Schulter deutete.
    »Die Hillside-Schule ist dort drüben«, sagte sie, »gleich hinter den Bäumen.«
    Alles in Atlanta war »gleich hinter den Bäumen«. Obwohl sich mitten in der Stadt die großen Schnellstraßen 75 und 85 trafen – seine Tante sprach stets nur von »der Verbindung« –, befand man sich, hatte man diesen Dschungel aus Asphalt und Beton und die gläsernen Bürotürme erst einmal hinter sich gelassen, in einer völlig anderen Umgebung: in kleinen Vierteln mit einem verwirrenden Straßenlabyrinth, die vom Rest der Stadt durch einen Streifen hoher, großer Bäume getrennt waren.
    Darwen konnte sich nicht vorstellen, wie sich überhaupt jemand in dieser riesigen Stadt auskennen konnte. Er drehte sich gerade noch rechtzeitig um, um einen alten und sehr beeindruckenden Glockenturm
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