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Mr Monster

Mr Monster

Titel: Mr Monster
Autoren: Dan Wells
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Kindheit ohne echte Freunde, schwierige Verhältnisse im Elternhaus und ein gestörtes Familienleben. Diese und Dutzende weiterer Merkmale können einen Serienmörder auszeichnen, und ich hatte sie alle. Es ist ein großer Schock, wenn man erkennt, dass die einzigen Menschen, mit denen man Gemeinsamkeiten hat, psychopathische Killer sind.
    Das Problem bei diesen Merkmalen ist die Tatsache, dass sie nicht in Stein gemeißelt sind. Die meisten Serienmörder weisen sie als Kinder auf, doch die meisten Kinder, die sie aufweisen, werden niemals zu Serienmördern. Der Übergang ist ein Weg, den man schrittweise geht, man stolpert von einer falschen Entscheidung zur nächsten, legt noch einmal nach oder geht noch ein Stück weiter, bis man am Ende lauter Leichen im Keller und im Wohnzimmer einen Schrein voller Schädel hat. Als mein Dad uns verließ und ich so wütend war, dass ich jeden, den ich kannte, am liebsten umgebracht hätte, fand ich es an der Zeit, etwas gegen meine Ausbrüche zu unternehmen. Deshalb stellte ich Regeln auf, die mir helfen sollten, so normal, glücklich und gewaltlos zu leben, wie es mir nur möglich war.
    Viele Regeln ergaben sich ganz von selbst: Quäl keine Tiere, tu keinem anderen Menschen weh, bedroh weder Tiere noch Menschen, schlag oder tritt nichts und niemanden. Als ich älter wurde und mich selbst besser verstand, stellte ich präzisere Regeln auf und belegte, wenn nötig, Verstöße dagegen mit Strafen: Wenn ich jemandem wehtun will, dann muss ich ihm ein Kompliment machen. Wenn ich mich auf eine bestimmte Person fixiere, dann darf ich sie eine Woche lang nicht beachten. Die Regeln helfen mir, einschlägige Gedanken zu meiden und gefährlichen Situationen aus dem Weg zu gehen.
    Im Lauf der Zeit veränderte sich meine Welt, und dementsprechend musste ich auch die Regeln abwandeln. Die Mädchen in der Schule bekamen auf einmal Hüften und Brüste, und schlagartig spielten nicht mehr wimmernde alte Männer, sondern kreischende junge Frauen die Hauptrollen in meinen Albträumen. Deshalb stellte ich eine neue Regel auf: Starr keine Brüste an. Eigentlich ist es aber am einfachsten, wenn ich Mädchen einfach nicht ansehe.
    Was mich auf Brooke bringt.
    Brooke Watson war das schönste Mädchen in der Schule. Sie war so alt wie ich und lebte zwei Häuser weiter. Ihren Geruch konnte ich selbst in einer großen Menschenmenge jederzeit wahrnehmen. Sie hatte lange blonde Haare und Zahnspangen und lächelte so strahlend, dass ich mich fragte, warum sich die anderen Mädchen überhaupt noch die Mühe machten, ihr nachzueifern. Ich kannte ihren Stundenplan, ihren Geburtstag, ihr Passwort für Gmail und ihre Sozialversicherungsnummer. All das hätte ich nicht wissen dürfen. Ich hatte auch Regeln gegen Stalking, die das eigentlich verhindern sollten. Im Grunde hätte ich nicht einmal an sie denken dürfen, aber … Brooke war etwas Besonderes.
    Meine Regeln sollten dafür sorgen, dass Mr. Monster eingesperrt blieb, doch der brutale Nebeneffekt war die Folge, dass gleichzeitig alles andere draußen blieb. Wer sich dazu zwingt, die Menschen nicht zu beachten, sobald er ihnen näherkommt, wird nicht viele Freundschaften schließen. Das hat mir früher nichts ausgemacht. Es war ganz in Ordnung, dass ich die Welt nicht beachtete und jeder Versuchung aus dem Weg ging. Mom hatte allerdings ganz andere Vorstellungen, und da sie sich nun in meine Soziopathie einmischte, manövrierte sie mich immer wieder in Situationen, mit denen ich nicht gut umgehen konnte. Sie beharrte darauf, ich könne mein Sozialverhalten nur verbessern, indem ich es übte. Seit sie wusste, dass ich Brooke mochte, brachte sie uns bei jeder passenden Gelegenheit zusammen. Da ich vor Kurzem den vorläufigen Führerschein erworben hatte, bestand der neueste Trick darin, mir ein Auto zu leihen und unseren Nachbarn vorzuschlagen, ich solle Brooke jeden Morgen zur Schule mitnehmen. Brookes Eltern waren sofort einverstanden, nicht zuletzt weil die nächste Bushaltestelle ungefähr acht Blocks entfernt lag. Sie konnten ja nicht ahnen, wie oft ich davon träumte, ihre Tochter einzubalsamieren.
    Ich zückte die Schlüssel und ging nach draußen. Mom hatte ein billiges Auto gekauft, das ich benutzen durfte. Es war ein himmelblauer 1971 er Chevy Impala ohne Klimaanlage und Radio. Das Teil war gebaut wie ein Panzer und schwerfällig wie ein Kreuzfahrtschiff. Wenn man es einschmolz, konnte man mindestens drei Honda Civic daraus herstellen, aber ich
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