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Mr Monster

Mr Monster

Titel: Mr Monster
Autoren: Dan Wells
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hätte ich es als schwarz beschreiben müssen, doch auf diesen Gedanken kam ich nicht. Ich wusste einfach, dass da nichts war, und seltsamerweise war ich damit ganz zufrieden. Ich empfand weder Angst noch Nervosität oder Trauer, sondern war zufrieden. Außerdem war da noch etwas anderes. Ich war aufgeregt.
    Die Tatsache, dass ich momentan im Nichts schwebte, ließ natürlich keineswegs den Schluss zu, es werde nie wieder irgendetwas sein. Es bedeutete nur, dass ich wählen konnte.
    Irgendwann mitten in der Nacht kam ich in einem Krankenhauszimmer zu mir. Es war dunkel und still. Hinter mir blinkten Lichter, die sich im ausgeschalteten Fernseher auf der anderen Seite spiegelten. Vom Flur her drangen leise Stimmen herein, gedämpft und fern. Die Vorhänge waren geöffnet, der Mond stand schwach leuchtend am Himmel. Alles war ruhig.
    Meine Mom schlief neben mir auf einem Stuhl, eingewickelt in eine leichte Krankenhausdecke, die sich beim Atmen leise hob und senkte. Sie hatte die Hand ausgestreckt und die Kluft zwischen dem Stuhl und dem Bett überbrückt, um schützend eine seitliche Stange zu halten. Die Haare hatte sie zurückgekämmt, ein paar lose Strähnen hingen ihr wie die Ausläufer einer schwarzen Wolke ins Gesicht. Im Mondlicht schienen ihre Haare stärker ergraut zu sein als sonst, und ihr Gesicht war trauriger und hatte tiefere Falten. Sie kam mir klein und zerbrechlich vor.
    Einen Moment lang wünschte ich, ich wäre wie Forman und könnte einfach hinausgreifen und fühlen, was sie empfand. War sie traurig oder glücklich? Andererseits spielte es auch keine Rolle. Sie war da. Ganz gleich, was ich tat, ganz gleich, was irgendjemand anders tat, sie würde mich weiter lieben. Sie würde mich nie im Stich lassen.
    Ich schlief wieder ein.
    Als ich am nächsten Morgen erwachte, war Mom immer noch da und kostete gerade vorsichtig das Krankenhausfrühstück. Außerdem waren wir nicht mehr allein. Ein Arzt und ein Polizist unterhielten sich leise in einer Ecke.
    »Er ist wach.«
    Ich drehte mich um und sah Lauren, die sich von einem anderen Stuhl erhob und zum Bett kam. Mom sprang sofort hoch und nahm meine Hand.
    »John«, sagte sie, »hörst du mich?«
    »Ja«, krächzte ich. Mein Hals war trocken und wund und tat beim Sprechen weh.
    »Schau mal, wer da zu sich kommt.« Der Arzt trat rasch an mein Bett und leuchtete mir mit einer Stiftlampe in beide Augen, deren Lider er jeweils mit dem Daumen weit aufzog. Als er losließ, blinzelte ich, und er nickte. »Gut. Jetzt nenn mir deinen Namen.
    »John …« Ich schluckte und musste husten. »John Wayne Cleaver.«
    »Ausgezeichnet.« Der Arzt deutete auf meine Mom. »Kennst du diese Frau?«
    »Das ist meine Mom.«
    »Überprüfen Sie sein Erinnerungsvermögen?«, fragte Mom.
    »Vor allem sein Sprachvermögen«, erklärte der Arzt. »Seine Erinnerungen sind anscheinend auch in Ordnung.«
    »Was ist passiert?«, keuchte ich.
    Der Polizist, es war Officer Jensen, Marcis Vater, warf meiner Mutter und Lauren einen Blick zu, dann erst wandte er sich an mich.
    »Curt Halsey befindet sich in Untersuchungshaft«, erklärte er, »weil er dich angegriffen hat und wegen einiger anderer Vergehen. Clark Forman ist tot, soweit wir das überhaupt sagen können.«
    »Nicht die«, antwortete ich. »Was ist mit dem Mädchen?«
    »Brooke geht es gut«, berichtete meine Mutter und nahm wieder meine Hand.
    »Nein.« Ich schloss die Augen. Ich regte mich zu sehr auf und fühlte mich schon wieder schwach. »Dort gab es noch eine weitere Frau, sie war in der Wand gefangen. Was ist aus ihr geworden?«
    »Wir haben sterbliche Überreste aus der Asche des Hauses geborgen«, erklärte Officer Jensen, »konnten sie jedoch noch nicht identifizieren. Ein Opfer war tatsächlich in eine Wand eingemauert.« Er hielt inne. »Es tut mir leid.«
    Ich hatte sie nicht gerettet. Ich schlug die Augen auf. »Wie geht es den anderen?«
    »Die Frauen, die du gerettet hast, sind in Behandlung«, erklärte der Arzt. »Die meisten werden im Lauf des Tages verlegt. Wir sind nur ein kleines Krankenhaus, und in einer größeren Klinik sind sie besser aufgehoben.«
    »Dich behalten wir aber hier.« Mom tätschelte meine Hand. »Keine Sorge.«
    »Genau genommen befindest du dich hier in Schutzhaft«, erklärte Officer Jensen. »Wir konnten noch nicht bestätigen, dass dein Kidnapper tot ist, also dient dies teilweise deiner eigenen Sicherheit. Außerdem …« Wieder warf er meiner Mom einen Blick zu, und sie starrte mit
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