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Mr Monster

Mr Monster

Titel: Mr Monster
Autoren: Dan Wells
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spürte ihre starken Gefühle – mit jedem Befehl, den ich befolgte, mit jeder Gemeinheit, die ich ihr antat, wuchs die Enttäuschung über mich. »Wickle ihr die Kette um!«, befahl Forman. »Leg sie auch um den Stuhlrücken. So oft, wie es nur geht.«
    Ich wollte etwas sagen, irgendetwas, doch ich traute mich nicht und bemühte mich, völlig ruhig zu bleiben. Du darfst dich nicht verraten, nicht einmal ihr gegenüber.
    »Warum tust du das?«, fragte Brooke. »Warum hilfst du ihm?«
    »So ist es leichter«, sagte ich. Da ich es nicht länger hinauszögern wollte als unbedingt nötig, zog ich die Kette straff an, damit Brooke nicht fliehen konnte. Hinter mir wimmerte Forman, und ich wusste, dass Brookes Gefühl, verraten worden zu sein, noch stärker wurde. Selbst wenn wir es überlebten, würde sie mich vermutlich hassen.
    »Ausgezeichnet.« Forman hatte die Augen halb geschlossen und lächelte breit und lüstern, halb benommen wie ein Betrunkener. Wieder hob er die Zange. »Dann wollen wir mit der Party beginnen.« Er steckte die Waffe ins Halfter und trat mit gierig klappernder Zange auf Brooke zu.
    Ich konnte nicht zulassen, dass er ihr wehtat. Er sollte den Elektroschock bekommen, bevor er mit der Folterung begann, aber wie viele Werkzeuge würde er ausprobieren, ehe er endlich das Messer nähme? Ich musste mir etwas einfallen lassen.
    »Halt«, sagte ich. Forman blieb stehen. Was konnte ich sagen? Er solle das Messer berühren? Doch jedes Wort wäre gelogen, und das hätte er sofort gemerkt.
    »Willst du mich aufhalten?« Seine Stimme klang schärfer. Ich war besorgt und ängstlich, und das bedeutete, dass er es auch war. Mit blieb nicht viel Zeit.
    Es gab nur einen Satz, den ich ehrlich und ohne Täuschung sagen konnte. Nur einen Satz, der ihn dazu brächte, das Messer in die Hand zu nehmen, und der zugleich völlig der Wahrheit entsprach. Ich betrachtete Brooke, die so bleich und verängstigt war, so wunderschön.
    »Ich will das tun«, sagte ich.
    Sie schnitt eine entsetzte Grimasse, voller Angst und Verwirrung. Genau wie Forman schob ich ihre und meine eigenen Gefühle beiseite. Ich dachte nicht mehr an die Gegenwart, sondern bezog mich auf die Vergangenheit, auf meine Träume von ihr, wie ich sie geschnitten und ihr wehgetan, wie ich sie ganz und gar in Besitz genommen hatte. Alles, was ich immer unterdrückt und vermieden hatte, rief ich mir ins Bewusstsein und dachte nur noch an Brookes weiche Haut, an die spitzen Schreie, an Brookes bleichen Körper, der reglos vor mir lag.
    »Ja«, stimmte Forman zu. Er fühlte es auch – den verbotenen Vorgeschmack, mein überwältigendes Begehren, die süße Qual ihrer Furcht. Darauf hatte er seit Tagen gewartet – er wollte die Emotionen eines Folterknechts spüren, nicht nur die des Opfers. »Ja«, sagte Forman und wich einen Schritt zurück. »Tu es. Sie gehört dir.«
    Ich näherte mich ihr, sah ihr in die Augen, spürte das Summen in der Luft, als die Verbindung zwischen uns entstand – viel enger und reiner, als wenn wir Händchen hielten, viel umfassender, als ich es je mit irgendjemandem erlebt hatte. Der Kitzel der Angst brachte uns einander näher, ein Kanal von einem Bewusstsein zum anderen. Nein, es war noch tiefer als das Bewusstsein. Dafür gab es keine Worte und keine Gedanken. Es gab nur noch uns, Brooke und mich. Endlich vereint.
    Ich beugte mich vor und roch sie … einen Hauch Parfüm, etwas Fruchtiges von ihrem Shampoo, den sauberen, frischen Duft von Waschmittel. Jetzt gehörte sie mir. Ganz allein mir.
    »Geben Sie mir das Messer!«
    »Ja«, zischelte er. Er trat vor die Anrichte, und dann flackerte die Glühbirne. Er schrie und stieß mit zusammengebissenen Zähnen ein tiefes Grunzen aus. Brooke kreischte schrill, ich dagegen genoss den Laut wie einen Strom kristallklaren Wassers.
    Es roch nach verbranntem Fleisch. Brooke schüttelte den Kopf.
    »Hilf mir, John! Bitte, hilf mir!«
    Warum braucht sie Hilfe? Was war … ich sollte etwas tun. Es ging um Brooke. Ich sollte sie schneiden, und sie wollte es auch … nein, nein, das war es nicht. Ich wandte mich zu Forman um, der sich völlig verkrampft hatte, eine Hand immer noch am Fleischmesser, und dann fiel es mir ein. Es ist meine Falle. Ich wollte Brooke gar nichts tun, oder? Ich hatte doch Forman nur eine Falle gestellt.
    Ich konnte ihn nicht berühren, denn sonst hätte auch ich einen Schlag bekommen. Unten im Schrank stand eine Bratpfanne mit einem Plastikgriff – die konnte ich
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