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Mr. Fire und ich (Band 6)

Mr. Fire und ich (Band 6)

Titel: Mr. Fire und ich (Band 6)
Autoren: Lucy Jones
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absichtlich, um ihn zu einer Reaktion zu bewegen. Ich habe den Verdacht, dass sie mit ihren Worten nichts dem Zufall überlässt. Daniel hat sich bis hierhin beherrscht, aber den Angriff auf ihre Mutter lässt er nicht ohne Weiteres durchgehen.
    „Sie wurde auch verletzt. Und was Jérémie betrifft, er hätte uns alle töten können!“
    Agathe antwortet nicht sofort. Sie nimmt sich Zeit, um ein Brot zu bestreichen und sich noch einen Kaffee einzugießen.
    „Das ist richtig ... Papa wäre auch fast gestorben. Um dich zu retten. Was hat sie denn getan, außer uns für verrückt zu erklären, Jérémie und mich?“
    „Eure Mutter war noch nie sehr begabt darin, ihre Gefühle zu zeigen. Das ist keine große Neuigkeit.“
    Camille befindet sich auf der Schwelle zum Salon. Er sitzt in einem Rollstuhl, der von Ray geschoben wird.
    „Papa! Warum hast du nicht auf mich gewartet? Ich wollte dich gerade holen kommen!“
    „Danke, mein Liebling, aber du hast schon genug getan. Du musst dich erholen. Ich freue mich, euch zu sehen, Kinder“, sagt er zu Daniel und mir.
    Ich bin gerührt von diesen Worten, aber zugleich ist mir unbehaglich zumute. Daniel antwortet nicht und starrt auf seine leere Tasse. Camille nimmt ihm gegenüber Platz. Für einen Moment herrscht eisernes Schweigen.
    „Martha, kann ich Ihnen behilflich sein?“, frage ich und stehe auf.
    Die alte Dame sieht mich empört an:
    „Mademoiselle, das ist doch wohl nicht Ihr Ernst?“
    Sie scheint so entrüstet über meinen Vorschlag, dass Agathe loslacht:
    „Mit den Sitten und Gebräuchen der feinen Gesellschaft bist du noch nicht so ganz vertraut, Julia. Du wirst dir das Gespräch anhören müssen, auch wenn es dir nicht gefällt. Nicht wahr, Daniel?“
    „Deine Einstellung ist nicht korrekt, Agathe. Julia, wenn du frische Luft schnappen willst, bitte schön.“
    „Im Gegenteil, ich möchte, dass Sie bleiben, Julia. Sie haben gegen Ihren Willen schreckliche Dinge miterlebt, zu denen ich mich gerne äußern will. Sie haben das Recht, die Wahrheit zu erfahren.“
    Daniel schätzt das gar nicht. Aber ich bleibe.
    „Jérémies Tod tut mir in der Seele weh“, beginnt Camille. „Aber er war krank. Das ist leicht gesagt und entschuldigt nichts“, beeilt er sich zu erklären, um Agathes und Daniels Reaktionen zuvorzukommen, denn beide beginnen bereits, sich aufzuregen.
    „Ich bin mir bewusst, dass ich in Bezug auf Jérémie wohl nicht die richtigen Entscheidungen getroffen habe. Ihr müsst mich verstehen: Eure Mutter und ich, wir haben ihn möglichst lange zu Hause behalten. Als er allerdings drei wurde und die Krankheit wirklich zum Ausbruch kam, haben wir schnell begriffen, dass er Pflege gebraucht hat, die wir ihm nicht geben konnten. Eure Mutter war am Boden zerstört. Wirklich, Agathe, ich kann es dir versichern“, sagt Camille, als seine Tochter zweifelnd das Gesicht verzieht. „Sie stand damals enorm unter Druck.“
    „Ihn in Pflege zu geben, hieß nicht, ihn zu verstoßen!“, brüllt Agathe.
    „Ich kann verstehen, dass du so reagierst. Du warst zu jung, um zu begreifen, und du kennst nicht alle Einzelheiten. Jérémie lag im Sterben. Wir wollten es dir ersparen, den Tod deines Bruders mit ansehen zu müssen.“
    „Er ist allerdings erst sehr viele Jahre später gestorben“, kommentiert Daniel sarkastisch.
    „Das stimmt, aber das grenzt an ein Wunder. In den ersten beiden Jahren hat ihn Diane jede Woche besucht. Sein Zustand verschlechterte sich. Eure Mutter konnte es nicht mehr ertragen, ihren Sohn so zu sehen, ohne etwas tun zu können.“
    „Zum Glück gab es Tercari!“, erwidert Agathe heftig.
    Camille massiert sich die Schläfen.
    „Zum Glück gab es dich, Agathe. Aber es stimmt, Diane war mit der Situation vollkommen überfordert. Als sie wählen musste, ob sie sich ganztags um ihre Kinder kümmern oder die Unternehmensverwaltung übernehmen sollte, hat sie Tercari gewählt, vor allem, um wieder Boden unter den Füßen zu bekommen. Das kann heute extrem egoistisch erscheinen. Ich bin mir aber sicher, dass ihr diese Entscheidung das Leben gerettet hat.“
    „Wenn alles so gut lief, Papa“, sagt Daniel und presst dieses letzte Wort heraus, als würde es ihm wehtun, „warum bist du dann weggegangen? Ich habe nichts vergessen: Zuerst warst du immer nur ein paar Tage lang weg, dann ein paar Wochen, und schließlich ...“
    In seiner Stimme liegt Verzweiflung und zugleich etwas Herausforderndes. Hier spricht nicht mehr der strahlende
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