Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Moskauer Diva

Moskauer Diva

Titel: Moskauer Diva
Autoren: B Akunin
Vom Netzwerk:
kippt die Lampe um, und sie verlischt. Dunkel.
     
    O-BARA Rettet mich, meine Beine!
     
    FUTOYA So warte doch! Und ich?
     
    Füßegetrappel.
     
    Der Vorhang schließt sich. Während der Michiyuki-Szene wird die Dekoration umgebaut.
     
    Zweites Michiyuki
     
    FUTOYA Wie sinnlos, wegzulaufen! Sie finden uns ja doch! Sie werden uns erwischen, selbst auf dem Meeresgrund!
     
    O-BARA
(ohne sich umzudrehen)
Ich flieh vor dir, du Trottel, nicht vor dem Ninja-Clan. Was sollten sie mich jagen – ich hab den Drachen nicht.
     
    Futoya läuft schneller, holt sie ein.
     
    FUTOYA Was sind denn das für Reden, hast du mich nie geliebt?
     
    O-BARA Ich liebte dich, natürlich, doch darum geht es nicht.
     
    FUTOYA Da hast du recht, wie immer. Und die Idee ist gut. Soll er nur dich erst töten, derweil ich fliehen kann.
     
    Er packt sie am Ärmel und schleudert sie zu Boden. Dann stürmt er vorwärts.
     
    Ich muss vor allem heute dem sichren Tod entgehn, dann hole ich mir Geld und besteche den Jonin!
     
    O-Bara packt den Saum seines Kimonos, und er stürzt. Beide springen auf und setzen ihren panischen Lauf fort, einander ständig schubsend.
     
    ERZÄHLER
    Hier seht ihr jene Liebe in ihrer ganzen Pracht
    Die Okasan erst kürzlich die »höllische« genannt.
    In den Geliebten lodert ein Feuer, stark und heiß.
    Doch macht es ihre Seelen nicht wärmer, sondern kalt.
    Ein jeder sinnt auf Vorteil, läuft dem Gewinn nur nach.
    Am Ende dieses Weges lauert der Hölle Schlund.
     
    Er schlägt die Trommel. Ein Lichtstrahl reißt den vor dem Vorhang stehenden Unhörbaren aus der Dunkelheit. Er führt ein Bambusblasrohr zum Mund, schießt einen vergifteten Pfeil ab, und Futoya stürzt zu Boden. Ein weiterer Schuss, und O-Bara fällt. Sie winden sich auf der Erde und liegen dann still. Der Unhörbare geht zu den Leichen. Er zieht den Schlangendolch hinter
seinem Rücken hervor, bückt sich und macht etwas. Der Lichtstrahl erlischt.
    Dunkel. Man hört den Unsichtbaren auf die Bühne zurückgehen.
     
     
    Wieder der verlassene Tempel. Drinnen ist es dunkel, nur ein einsamer Lichtstrahl fällt auf den Unhörbaren. Er ist ohne Maske, doch sein Gesicht ist nicht zu sehen, weil er dem Saal den Rücken zugedreht hat. Er hat die Arme seitlich ausgestreckt: in der linken Hand hält er einen Frauenkopf, in der rechten einen Männerkopf.
     
    ERZÄHLER
    Ein unerhörter Vorfall! Der Auftrag nicht erfüllt,
    Und dennoch trifft der Ninja sich mit seinem Jonin.
    Die Aufhebung des Auftrags ist seiner Bitte Ziel.
    Der Auftraggeber habe die Absprache verletzt.
     
    Er schlägt die Trommel.
    Die Buddha-Statue wird von hinten schwach angeleuchtet. Eine Stimme ertönt.
    Der Unhörbare legt die beiden Köpfe auf den Boden, kreuzt respektvoll die Arme über den Knien und senkt den Kopf.
     
    DER UNSICHTBARE Unhörbarer, man brachte mir heute deinen Brief. Er hat bei mir Empörung in großem Maß entfacht. Nur all deine Verdienste halten mich davon ab, dich hinrichten zu lassen für diesen Treuebruch.
     
    Der Unhörbare zieht den Schlangendolch und hält ihn sich an die Kehle, um zu demonstrieren, dass er bereit ist, einen derartigen Befehl unverzüglich auszuführen.
     
    Der Vorhang raschelt. Ein Trommelschlag.
     
    Drittes Bild
     
    DER UNSICHTBARE
(fährt fort)
Und den Auftrag zu geben an einen and’ren Mann. Das Urteil zu vollstrecken ist ehernes Gesetz. Wer auch der Auftraggeber oder das Opfer sei. Es gibt für uns Shinobi eine heilige Pflicht. Wir brechen die Gesetze der ganzen Menschenwelt, Geschöpfe aus der Hölle nennt ihre Fama uns. Wir sehen unsern Weg nicht, doch gibt es einen Stern, dessen Licht hell erleuchtet unseren leisen Schritt. Wozu er lebt auf Erden, das weiß er nicht, der Mensch. Die wunderlichsten Dinge ersinnt er gern für sich. Von gut und böse spricht er, von hässlich oder schön, und diese Ketten fesseln ihn stets in seinem Tun. Aber es weiß nur Buddha, was gut, was böse ist; schnell wird das Schöne hässlich, nichts bleibt so, wie es ist. Es gibt nur eine Größe von wahrem, echtem Wert: Dem Weg, den du erwählt hast, dem bleib für immer treu. Unser Weg ist das Töten. Ein Handwerk, das zur Kunst wir ausgebildet haben in langer Tradition. Verletze nie die Ehre. Folge dem Weg des Sterns. Wer bist du ohne Ehre? Einfach ein Mörder nur.
     
    Der Kopf des Unhörbaren senkt sich immer tiefer. Schließlich streckt er sich zum Zeichen unbedingten Gehorsams bäuchlings auf dem Boden aus.
     
    Nun also, geh, erfülle den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher