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Moskauer Diva

Moskauer Diva

Titel: Moskauer Diva
Autoren: B Akunin
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Ich schwöre, ich will lernen, zu werden, wie Ihr sagt.
     
    O-BARA Na schön, wir werden sehen … Ich gehe jetzt hinaus. Denn für mein Ikebana brauche ich Blumen noch.
     
    YUBA Sagt, was wollt Ihr für Blumen? Ich pflücke sie Euch gern.
     
    O-BARA
(streichelt liebevoll den Apfelbaumzweig)
O nein, für dieses Zweiglein will ich lieber allein würdige Nachbarn wählen. Du räum einstweilen auf.
     
    Sie geht hinaus.
    Yuba streckt ihr die Zunge heraus. Sie dreht sich um und gibt ein Zeichen. Nach einem Trommelschlag schleicht sich von der anderen Seite her Kinjo mit einem Sack auf den Rücken herein.
     
    KINJO Ich nahm bei eurer Herrin mir Seide, Perlen, Geld. Nun lass uns bei O-Bara schaun, was sich holen lässt. Hast du herausgefunden, wo ihre Schätze sind?
     
    YUBA Gestern hab ich’s gesehen. Hier, ihr Geheimversteck.
     
    Sie zeigt auf ein Tischbein.
Kinjo hebt den kleinen Tisch an, öffnet das Versteck und nimmt den Jaspis-Drachen heraus.
     
    KINJO Mehr nicht? Ich hörte sagen, dass sie sehr sparsam sei. Außerdem wird gemunkelt, ihr Liebhaber sei reich.
     
    YUBA Da muss noch ein Geheimfach für Geld sein irgendwo. Das konnte ich nicht finden, es tut mir wirklich leid.
     
    KINJO
(steckt den Jaspis-Drachen in den Sack)
Egal. Der Jaspis-Drache bringt sicher gutes Geld. Warum ihn sonst verstecken an einem solchen Ort? Doch meine größte Beute aus diesem Haus bist du! Komm, fort von hier, zum Teufel, es ist ein weiter Weg!
     
    Sie gehen hinaus auf den Hanamichi.
     
    Erstes Michiyuki
     
    Im Michiyuki geht die gesamte Handlung auf dem Hanamichi vor sich. Kinjo und Yuba laufen im Koruki-Stil, das heißt, sie imitieren das Laufen, bewegen sich dabei aber kaum von der Stelle. Er hat den Sack über der Schulter und hält sie an der Hand. Yuba hat den Saum ihres Kimonos gerafft und läuft nicht wie eine Frau, sondern wie ein Mann, mit großen Schritten – das symbolisiert ihren Bruch mit der »Welt der Blumen und Weiden«, in der Künstlichkeit und affektierte Weiblichkeit herrschen. Anfangs schaut sie sich immer wieder zum geschlossenen Vorhang um, dann lässt sie es sein. Der Wind hat ihre Frisur zerzaust.
     
    YUBA Und wenn sie uns verfolgen? Was ist dann?
     
    KINJO Ganz egal!
     
    YUBA Und wenn sie uns einsperren? Was ist dann?
     
    KINJO Ganz egal!
     
    YUBA Und wenn wir keine Bleibe mehr finden?
     
    KINJO Ganz egal!
     
    YUBA Wirst du mich nicht verlassen? Sag es mir!
     
     
    KINJO Ganz e…
(korrigiert sich – mit großer Geste)
Nein, niemals!
     
    ERZÄHLER
    Die beiden wollen eilig verlassen diesen Ort.
    Vom heißen Wind der Sünde ist ganz zerzaust ihr Haar.
    Irdische Liebe führt sie auf unsicherem Weg,
    Und unter ihren Füßen der Pfad ist kahl und hart –
    Die Erde mal großzügig, mal grausam und mal karg.
    So wird sie lange leiten ihr irdisches Gefühl,
    Bis es unter die Erde sie alle beide bringt
    Und nur ein Häufchen Asche verweht der laue Wind.
     
    Zweites Bild
     
    Wieder O-Baras Zimmer. Die Geisha kommt herein, Blumen in der Hand. Ihr folgt der in einen Umhang gehüllte Futoya. O-Bara dreht sich zu ihm um, und beide verharren auf der Stelle.
     
    ERZÄHLER
    Noch einmal trifft O-Bara mit dem Komplizen sich,
    Diesmal, um ihm zu sagen, dass sie das Zeichen gab.
    Die Intrigantin weiß nicht, dass ihr von nun an stets
    Ein Mitwisser unsichtbar auf leisen Sohlen folgt.
     
    Er schlägt die Trommel. Auf der anderen Seite der Falttür erscheint der Unhörbare und schiebt sie ein wenig auseinander. O-Bara und Futoya bewegen sich wieder.
     
    O-BARA Schon heute oder morgen ist’s mit Ijumi aus. Nichts steht dann mehr im Wege meinem großen Triumph.
     
    Sie setzt sich an den kleinen Tisch und widmet sich aufmerksam und ohne Hast ihrem Ikebana. Futoya setzt sich neben sie.
     
    Alles, was wir uns wünschen, wird in Erfüllung gehn. Da gibt es keinen Zweifel – schon bald, mein lieber Freund.
     
    FUTOYA Das freut mich sehr zu hören! Dann möchte ich jetzt gern das Ding zurück, das ich dir zur Aufbewahrung gab. DasZeichen ist gegeben, das Urteil ist gefällt, und ein Shinobi zögert mit der Vollstreckung nicht. Ein Bote kann erscheinen bei mir zu jeder Zeit und den Drachen von mir fordern, den Jaspis-Talisman.
     
    O-Bara beendet in Ruhe ihren Ikebana-Strauß. Dann hebt sie den Tisch an, öffnet das Geheimfach und stochert darin herum. Sie glaubt, das Tischbein verwechselt zu haben, und sucht auch in den übrigen.
     
    ERZÄHLER
(während sie sucht)
    Der Unsichtbare hörte den beiden
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