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Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay

Titel: Morland 01 - Die Rückkehr der Eskatay
Autoren: Peter Schwindt
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mit den Menschen machen, die einfach so weiterleben wollen, klein und schwach, wie sie nun einmal sind?«
    York schaute sie skeptisch an. »Die würde ich allesamt auf eine einsame Insel verfrachten, wo sie ihr unbedeutendes Leben weiterführen dürften, damit wir Übermenschen uns entfalten können.«
    »Ist das dein Ernst?«, fragte Tess erschrocken. »Das würdest du tatsächlich tun?«
    York grinste. »Quatsch, natürlich nicht. Abgesehen davon, wer würde diese Möglichkeiten ernsthaft ausschlagen, wenn sie sich ihm böten?«
    Er reckte den Kopf und schaute die Gleise hinunter. In der Ferne bewegte sich eine Rauchfahne langsam auf sie zu. Yorkstand auf und klopfte sich den Hosenboden ab. Erst jetzt bemerkte er, dass auch andere Fahrgäste auf dem Bahnsteig warteten.
    »Ich glaube, da hinten kommt unser Zug.«
    Kurz darauf fuhr eine schwere Lokomotive in den Bahnhof ein. Bremsen kreischten so schrill auf, dass sich Tess die Ohren zuhalten musste. Als der Zug schließlich zum Stehen kam, klang es, als ob einem Feuer speienden Drachen die Luft ausginge. Dampf erfüllte den Bahnsteig. Die Türen gingen auf und vereinzelte Fahrgäste stiegen aus.
    »Die Wagen der dritten Klasse befinden sich hinten«, sagte Henriksson und schulterte seinen Rucksack.
    Tess, die noch nie mit einem Zug gefahren war, war neugierig, was es bedeutete, dritter, zweiter oder gar erster Klasse zu fahren. Es wurde ihr klar, als sie die harten Holzbänke sah.
    »Wir haben Glück, dass wir schon hier zugestiegen sind«, sagte Henriksson, als er ihr half, den Rucksack auf das Ablagebrett zu wuchten. »Sonst hätten wir keinen Platz mehr gefunden. So können wir wenigstens beisammensitzen.«
    Tess und York rutschten zum Fenster durch. Eliasson wollte Solrun den Platz gegenüber Henriksson anbieten, doch sie schüttelte nur den Kopf und setzte sich auf die andere Seite des Ganges. Tess sah York vielsagend an, woraufhin er den Kopf abwandte, damit man sein Grinsen nicht sah. Ein Pfiff ertönte, Türen klappten zu. Dann setzte sich der Zug schnaufend in Bewegung – nur um im nächsten Moment mit einem heftigen Ruck abzubremsen.
    Henrikssons Blick wurde starr. Mit einem Satz war er aufden Beinen und schob das Fenster nach unten. Solrun war sofort bei ihm. York konnte sehen, wie neben dem Laster, den sie bei dem Bahnhofsgebäude abgestellt hatten, nun ein zweiter Wagen stand. Es war ein neues Modell, schwarz lackiert und mit Gasgenerator unter dem Kühler. Von den Männern, die ihn gefahren hatten, fehlte jede Spur. Der Pfiff ertönte ein zweites Mal und der Zug fuhr erneut an. Diesmal bremste er nicht. York hatte mit einem Mal ein höchst ungutes Gefühl.
    »Ich glaube, sie sind uns auf der Spur«, sagte Henriksson und schloss das Fenster wieder. »Hast du den Coswig erkennen können?«
    York zuckte mit den Schultern. »Es könnte ein Wagen des Ministeriums sein, aber ich bin mir nicht sicher.«
    »Du hast doch selbst gesagt, dass die Regierung von den Eskatay unterwandert ist«, warf Solrun ein.
    »Ja, das stimmt«, erwiderte York. »Aber ich glaube kaum, dass man jetzt Minister und Staatssekretäre mit Polizeiaufgaben betraut.«
    »Also sollen wir sitzen und abwarten oder wie verstehe ich das?«
    »Ja, genau das tun wir.«
    Solrun schaute Henriksson an, der aber nur nickte. Mürrisch setzte sie sich wieder auf ihren Platz und behielt die Tür im Auge, die zu den anderen Waggons führte.
    Niemand kam. Nicht nach fünf Minuten und auch nicht nach einer halben Stunde. Langsam entspannten sich alle wieder. Eliasson gönnte sich sogar ein kleines Nickerchen. Tess entdeckte auf einer der vorderen Bänke eine Zeitungvom heutigen Tag, die jemand liegen gelassen hatte. Es war das Morländische Abonnentenblatt. Nur zum Spaß blätterte sie die Seiten mit den Kleinanzeigen auf.
    »Liederkranz Schieringsholm sucht noch eine tragende Altstimme. Proben jeweils dienstags und donnerstags in der Gaststätte Zum fassbeinigen Rappen «, las sie vor. »Sie haben die Anzeige abgedruckt.«
    Doch niemand reagierte. Selbst York war nun eingeschlafen. Sie blätterte noch ein wenig in der Zeitung herum. Die Titelseite wurde von einem Artikel über den vereitelten Anschlag auf die Brücke von Tyndall beherrscht. Auf Seite zwei war noch immer der Bombenanschlag in der Fastingsallee das beherrschende Thema. Mittlerweile hatte man sich in die Annahme verstiegen, dass der Besitzer des Gemüseladens, Morten Henriksson, nicht nur versucht habe, ein politisches Zeichen zu setzen,
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