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Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition)

Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition)

Titel: Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition)
Autoren: Jennifer Wolf
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unendlich traurig bist, aber ich verspreche dir, dass sich das ändern wird.«
    »Danke«, sage ich voller Hoffnung darauf, dass ihre Worte die Wahrheit sind. Aber wer außer ihr sollte es sonst wissen? Gaia steht bereits an der Tür, als sie sich noch einmal zur mir umdreht.
    »Ach Maya, … keine Angst vor Nevis.« Sie zwinkert mir zu und verschwindet, bevor ich etwas sagen kann. Vollkommen erschöpft setze ich mich auf das große Himmelbett und beobachte eine ganze Weile die lebendigen Wände und ihre Bilder von Vögeln, die durch die Baumkronen des Waldes hüpfen. Erst jetzt bemerke ich, dass meine Finger zittern, weshalb ich sie unter meine Oberschenkel lege, um sie zu wärmen und stillzuhalten. Was soll ich nur bis zum Mittagessen tun? Ich möchte nicht an all das denken, was ich zurückgelassen habe.
    »Meine Tasche!«, rufe ich meinen Gedanken laut heraus. Die Tür zum Ankleidezimmer geht wie von Geisterhand auf und als ich mich erhebe und hineinspähe, finde ich meine Reisetasche auf dem Boden.
    »Das ist der reinste Wahnsinn«, flüstere ich und schnappe sie mir. Ich drücke sie fest in meine Arme und gehe zurück ins Zimmer, wo ich sie auf das Bett schmeiße und den Reißverschluss öffne.
    Leider brauche ich zum Auspacken auch nicht genug Zeit, um damit dem Mittagessen bedeutend näher zu rücken, dafür lachen mich nun meine Mutter und Iria vom Schreibtisch aus an und im Ankleidezimmer befinden sich ein paar vertraute Kleidungsstücke.
    Keine Angst vor Nevis, gehen mir Gaias Worte durch den Kopf und während ich so darüber nachdenke, kommt mir eine Idee. Ich stelle mich vor die Wand und atme tief durch.
    »Zeig mir die Jahreszeiten«, sage ich und der Wald weicht sofort weißen Wänden. Erschrocken gehe ich einen Schritt zurück und frage mich schon, ob ich sie kaputt gemacht habe, als sie sich plötzlich zu verfärben beginnen. An der Seite wo die Eingangstür ist, beginnen Blätter in einem Herbstwald zu fallen. Mitten im Laub erscheint der grinsende Jesien in voller Größe. Im Gegensatz zu seiner Umgebung ist er jedoch still wie ein Foto. Ich drehe mich zur rechten Seite, wo mein Bett nun in einer Winterlandschaft steht. Oberhalb des Betthimmels hat sich an der Wand sogar Schnee angesammelt. Direkt neben meinem Bett steht reglos Nevis. Auf dem Bild haben seine Augen allerdings nicht dieselbe Anziehungskraft wie in Wirklichkeit. Dennoch fangen die Wände seinen melancholischen Blick wundervoll ein. Ich wende mich wieder nach rechts zu der Seite mit dem Erker, um den jetzt überall rosafarbene Kirschblüten fallen, was mit der Aussicht auf den von Wolken umgebenen Kirschblütenbaum einfach traumhaft schön aussieht. Aviv stilles Foto lehnt mit verschränkten Armen und einem freundlichen Lächeln im Gesicht gegen den Erker. Auf der noch übrig gebliebenen Seite mit den beiden Türen zum Ankleideraum und dem Badezimmer ist ein Strand erschienen. Im Hintergrund erstreckt sich ein weites Meer, wie ich es nur aus Büchern und Filmen kenne. Genau zwischen den beiden Türen steht Sol. Die Sonne scheint ihm über die Schulter und lässt ihn im wahrsten Sinne des Wortes glänzen.
    »Unglaublich«, ist das Einzige, was mir dazu einfällt. Ich sehe zu dem Foto von Iria. »Wenn du die Götter nur sehen könntest.« Sie wäre außer sich vor Freude, dessen bin ich mir sicher. Ich setze mich wieder auf das Bett und ziehe meinen langen Zopf über meine rechte Schulter. Wie sind die Blume, der Klee, die Weinrebe und der Schnee nur in mein Haar hineingekommen? Vorsichtig rüttele ich an dem Schnee und als er herunterrieselt, bildet sich sofort neuer. Ich seufze und sehe hinüber zu der Wand, die Aviv zeigt.
    »Bitte wieder den Wald.«
    Es dauert keine Minute und es sieht in meinem Zimmer wieder so aus wie vorher. Wenn ich mich sammeln soll, dann ist es so eindeutig besser. Ich schlendere zum dem Schreibtisch und dem Bücherregal, welche sich neben der Tür zum Badezimmer befinden. Vorsichtig fahre ich mit dem Zeigefinger über die Buchrücken und versuche die Titel zu entziffern. Die meisten von ihnen sind in den ausgestorbenen Sprachen Englisch, Deutsch und Französisch verfasst. Als ich endlich ein lateinisches finde, ziehe ich es heraus und setze mich damit in den Erker. Die Sitzkissen dort sind unheimlich bequem und kaum habe ich Platz genommen, hat die Aussicht mich wieder in ihren Bann gezogen. Ich beobachte die vorbeiziehenden Wolken und diesen riesigen mysteriösen Baum eine ganze Weile, bevor ich mich wieder
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