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Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition)

Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition)

Titel: Morgentau. Die Auserwählte der Jahreszeiten (German Edition)
Autoren: Jennifer Wolf
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Schwestern begrüßt und sich bei ihnen für die Übergabe der Braut bedankt. Ich drehe mich um, doch bevor ich etwas sagen kann, habe ich das Gefühl zu schweben. Gaia hält meine Hände ganz fest in ihren. Alles um mich wird heller und das Letzte, was ich sehe, sind meine Mutter und Iria, die sich fest umarmen, bevor ich schließlich gar nichts mehr sehen kann. Gaias Nähe ist alles, was ich in dieser hellen Stille wahrnehme. Ich spüre keine Angst, keine Traurigkeit, nur wohlige Wärme, bis meine Füße schließlich wieder Boden unter sich fühlen. Ich sehe an mir herunter und stelle fest, dass ich immer noch heil bin. Selbst mein Kleid ist unbeschadet, nur meine Füße sind plötzlich nackt und stehen auf marmorierten Fliesen. Vorsichtig hebe ich den Kopf und sehe mich um.
    »Wo bin ich?«, frage ich.
    Ich stehe in einer großen Halle mit weißen Säulen und einer weitläufigen Treppe, die gar nicht zu enden scheinen will. Überall stehen Blumen auf Emporen und die Wände wirken irgendwie lebendig. Ganz so, als könnten sie sich jederzeit öffnen und einen Weg freigeben. Es ist schwer zu beschreiben. Es scheint, als würden sie atmen. Von ihnen geht keine Ruhe aus.
    Gaia drückt meine Hände, bevor sie sie wieder loslässt. »In meinem Heim, Maya«, antwortet sie, bevor sie ein paar Schritte geht und zu einer Wand auf der rechten Seite sieht. Sie öffnet sich vollkommen geräuschlos und gibt einen Rundbogen in ein anderes Zimmer frei. Ungläubig blinzele ich und sehe durch die Öffnung, wo ich eine Art Wintergarten mit Glasfront erkennen kann. Ein Vogel sitzt auf einem schmiedeeisernen Blatt, welches aus der Wand ragt.
    »Ich möchte dir meine Söhne vorstellen«, sagt Gaia und geht voraus. Angst breitet sich wieder in mir aus und lässt meine Hände schweißnass werden. Ich folge Gaia und will mir nervös durch die Haare fahren, als mir bewusst wird, dass etwas in meinem Zopf hängt. Nervös betrachte ich ihn und finde darin eine gelbe Blume, ein Kleeblatt, eine Weinrebe und … ist das Schnee an meinen Haarspitzen? Unweigerlich kommt mir das Kinderlied in den Kopf.
    Der Frühling bringt Blumen, der Sommer den Klee. Der Herbst bringt die Trauben, der Winter den Schnee.
    Wackeligen Schrittes betrete ich den eben erschienenen Raum hinter Gaia. Auf einer weißen Couchgarnitur sitzen vier junge Männer und mir bleibt vor Überraschung fast die Luft weg. Drei erheben sich und lachen mich fröhlich an. Ich bleibe stehen und komme mir vor wie eine Statue auf dem Marktplatz. Meine Knie beginnen zu zittern. Da sind sie nun. Gaias Söhne. Die vier Jahreszeiten.
    »Söhne, das ist Maya. Eure neue Braut«, stellt mich Gaia vor und sieht mich dann an. »Maya, darf ich vorstellen?« Sie geht zu einem jungen Mann mit brünettem Haar und grasgrünen Augen. »Das ist Aviv, der Frühling.«
    Ich lächele ihn an, befürchte aber, dass es falsch und unbeholfen aussieht. Aber wenn dies der Fall sein sollte, dann ist er so sehr Gentleman, dass er es sich nicht anmerken lässt. Ich sehe mir den Frühling genauer an. Er hat ein freundliches, neugieriges, vielleicht sogar etwas schüchternes Gesicht. Fast schon ein wenig jungenhaft mit den strubbeligen Haaren und dem verspielten Lächeln. Gaia geht weiter zum nächsten, einem Mann mit blonden, kurzen Haaren, braun gebrannter Haut und dunkelblauen Augen. Sein Gesichtsausdruck ist stolz, aber gütig, und seine Körperhaltung hat etwas Ehrfurcht gebietendes.
    »Sol«, sage ich zittrig und nicke ihm zu. Gaia lacht, weil ich ihren Sohn sofort zuordnen konnte.
    »Ja, ich glaube der Sommer ist unverkennbar, hm?«, denkt sie laut und dreht sich einem Mann mit rotem Haar und haselnussbraunen Augen zu. »Das ist Jesien, der Herbst.«
    Seine Wangen sind leicht gerötet und ich frage mich, ob er sich bereits den einen oder anderen Wein genehmigt hat. Vielleicht sollte ich ihn wählen und meinen Kummer im Alkohol ertränken? Er sieht jedenfalls so aus, als könnte man eine Menge Spaß mit ihm haben. Ich begrüße ihn mit einer kleinen Verneigung meines Kopfes und lasse meinen Blick zu dem vierten Mann im Raum schweifen. Er ist nicht aufgestanden, sondern in einem Sessel sitzen geblieben. Sein Gesicht hat er desinteressiert weggedreht, so dass ich nur seine weißen, wuscheligen Haare erkennen kann. Hilflos sehe ich zu der Mutter aller Dinge. Gaias Miene wird ernst und eine unglaublich starke Melancholie schimmert in ihren Augen.
    »Nevis«, höre ich sie sagen, als ich meinen Blick wieder zu dem
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