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Morgen wirst du sterben

Morgen wirst du sterben

Titel: Morgen wirst du sterben
Autoren: Gina Mayer
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müssen. Die sechste Stunde hat angefangen.«
    »Na, dann müssen wir uns jetzt auch kein Bein mehr ausreißen. Zu spät ist zu spät.« Er winkte der Kellnerin. »Wir möchten zahlen.«
    Als er sie zur Schule zurückfuhr, wurde Sophia wieder ganz still. Das war’s jetzt wohl, dachte sie. Gleich setzt er mich ab und fährt weiter und vergisst mich.
    Auf einmal war sie sich ganz sicher, dass er eine Freundin hatte. Er sieht super aus und ist witzig und klug, dachte sie. So einer ist doch nie und nimmer solo. Und selbst wenn: Würde er sich dann ausgerechnet für jemanden wie Sophia interessieren?
    La Bomba hatten die Jungen sie früher immer genannt. Das hatte Emily ihr einmal erzählt. Vielleicht nannten sie sie auch immer noch so und Sophia wusste es nur nicht.
    »Was ist los?«, fragte Felix. »Du bist so schweigsam. Hab ich was falsch gemacht?«
    Sophia schüttelte den Kopf. »Nein, Quatsch.« Er hatte alles richtig gemacht. Und sie hatte sich Hals über Kopf in ihn verliebt.
    »Komm schon«, sagte Felix. »War doch nur eine Stunde, die du verpasst hast! Wegen so was schmeißen sie dich nicht gleich von der Schule. Glaub mir, mit diesen Dingen hab ich Erfahrung!«
    Sie lachte, aber es klang seltsam gequetscht.
    »Ich kann ja mit reinkommen. Ich erzähle deinem Lehrer, dass du auf der Straße umgefallen bist und für einen Moment dein Gedächtnis verloren hast. Oder dass dich unser Hausdetektiv im Media Markt beim Klauen erwischt hat.«
    »Tolle Idee. Lass mal lieber. In der Sechsten hatten wir Frau Baumann, die findet so was überhaupt nicht komisch.«
    »Was unterrichtet die denn?«
    »Musik.«
    »Oje! Das ist schlecht. Musiklehrer haben grundsätzlich Minderwertigkeitskomplexe.«
    Jetzt hatten sie die Schule erreicht. Felix hielt vor dem Tor und stellte den Motor ab, obwohl hier absolutes Halteverbot herrschte.
    »Also, was ist? Soll ich dich begleiten und die Schuld auf mich nehmen? Ich eigne mich hervorragend als Sündenbock, glaub mir!«
    »Unsinn.« Sophia schüttelte den Kopf. Obwohl die Vorstellung mehr als verlockend war, mit Felix im Schlepptau durch die Schule zu marschieren. »Vielleicht hab ich Glück und Frau Baumann hat gar nicht gemerkt, dass ich nicht da war.«
    »Wie du willst«, meinte Felix. »Aber sag Bescheid, wenn sie gemein zu dir ist. Hörst du?«
    »Ganz bestimmt.« Dann beugte er sich zu ihr herüber. Sophia hielt den Atem an. Sein Gesicht so nah an ihrem, das raubte ihr den Atem. Seine Fingerspitzen berührten behutsam die Beule an ihrer Stirn.
    »Was hast du denn da gemacht? Wolltest du mit dem Kopf durch die Wand?«
    »Das erzähl ich dir, wenn wir uns besser kennen«, keuchte Sophia.
    Da lachte er und dann küsste er sie. Nur auf die Wange und auch nur ganz kurz. Aber immerhin. Ein Kuss.
    »Na dann«, sagte er leise. »Bis bald.«
    Bis bald. Ging’s vielleicht auch ein bisschen konkreter? Aber jetzt bloß nichts Falsches sagen, dachte Sophia. »Okay.« Sie tastete nach dem Türgriff und stieg aus. Der Boden schwankte, als ob sie betrunken wäre.
    Das ist die Liebe, dachte Sophia. Sie war schon ein paarmal verknallt gewesen, in Timo aus der Parallelklasse und dann in Frederik aus der Theater- AG . Aber so etwas hatte sie noch nie erlebt. So tief und machtvoll und echt.
    Das Fenster an der Beifahrertür surrte nach unten. »Ich meld mich!«, rief Felix. »Mach’s gut!« Dann ließ er den Wagen an und war weg.
    »Tschau«, murmelte Sophia. Sie musste sich richtiggehend zusammenreißen, um nicht die Hand zu heben und ihre Wange zu berühren, die Wange, die Felix gerade geküsst hatte. Wie die bescheuerte Heldin in einem bescheuerten Liebesfilm.
    »Wer war das denn?«, fragte Eva, die neben dem Tor stand und rauchte. »Dein Freund?«
    Sophia zuckte mit den Schultern und ging einfach an ihr vorbei. Ich meld mich, dachte sie. Aber wann? Wann?
    »Du hast Musik verpasst«, rief Eva ihr nach. »Die Baumann ist total ausgerastet.«
    Die Welt stand kopf. Sophia war verliebt und schwebte über allen Wolken. Und Moritz, der kluge, tüchtige, erfolgreiche Überflieger-Moritz, war abgestürzt. Hatte versagt. Zum ersten Mal in seinem Leben. Und ausgerechnet jetzt, wo es darauf ankam.
    »Neun Punkte«, sagte sein Vater fassungslos. »Mensch, Moritz, was war denn los?«
    Er war Frauenarzt und freute sich sehr darüber, dass auch Moritz Medizin studieren wollte. Noch dazu an seiner ehemaligen Uni in Heidelberg. »Ist doch schön, wenn der Beruf in der Familie bleibt«, sagte er immer. So als spräche
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