Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mordshunger

Titel: Mordshunger
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
Herren, die es auszustatten gäbe, egal, mit was, Hauptsache, sie zahlten.
    Und er verfluchte sich selbst.
    Herrenausstatter! Warum war er nicht Friseur geworden? Haare wuchsen immer.
    Wütend rieb er sich die Augen, legte sein Kopfkissen von rechts nach links, machte einen Kniff rein, drückte ihn wieder raus, strampelte die Decke weg, drehte sich auf den Rücken, auf die Seite, auf den Bauch, stand auf und aß ein Käsebrot, wozu er Wodka trank. Danach rebellierte sein Magen, und er musste raus auf die Terrasse. Es war kurz nach Mitternacht.
    Heftiger Regen schlug ihm ins Gesicht und klatschte auf das Glasdach des Bazaar gleich unter ihm.
    Wie passend, dachte er. Wie nett!
    Im Stakkato begann er, seine Wohnung zu durchmessen, auf und ab. Immer wieder rechnete er nach, was ihn die Katastrophe kosten würde. Immer wieder waren es mindestens zwei Nullen zu viel. Ermattet ließ er sich gegen die Wohnungstür fallen. Es war alles so anstrengend. Die Welt war ungerecht. Er stand bis zu den Knöcheln im Verderben, und die Barneck über ihm ersoff im Geld. Inka von Barneck, reich und schön! – Schramm knirschte mit den Zähnen. Er hätte gute Lust gehabt, jetzt zu ihr hochzugehen! Es ihr auf einem Bett aus Kontoauszügen zu besorgen, von denen jeder seine Zukunft dreimal abgesichert hätte, einen Ring an ihre Hand zu stecken und von ihr zu leben, bis ihm vor Überfluss die Knöpfe von der Weste sprangen.
    Aber sie war verheiratet. Und er hatte nie ein Wort mit ihr gewechselt. Denn Schramm war leider nicht der Mutigste.
    Und das machte ihn noch fertiger als die Finanzen.
     
    Die Gestalt verharrte und sah sich in der dunklen Wohnung um. Ihre Hände tasteten hin und her wie Ameisenfühler und sanken dann herab.
    Einiges war nicht so, wie sie es erwartet hatte.
    Unentschlossen wandte sie den Kopf zurück zu der weit geöffneten Wohnungstür, erahnte im Dunkel den Lichtschalter, streckte einen Arm aus und hielt wieder inne.
    Leises, zischendes Keuchen kam über ihre Lippen.
    Nein, kein Licht. Das Feuerzeug!
    Trübe, kleine Flamme.
    Aber sie würde reichen.
    Cüpper
    Dann eben nicht.
    Durch den Regen taumeln, sich betrinken und erkälten, allzu theatralisch, dämlich. Lieber schlafen gehen in der besten aller Wohnungen, hundertzwanzig Quadratmeter Altbau, Theodor-Heuss-Ring, Blick auf den Ententeich.
    Seine Wohnung.
    Im Grunde war er frei. Auch wenn neuerdings jemand fehlte, von den Möbeln ganz zu schweigen. Hätte sie ihn auch verlassen, wenn er in einer Bücherei gearbeitet hätte? Oder als Metzger? Oder als Museumsdiener oder hinter einer Bar? War es überhaupt der Job gewesen?
    Ein guter Polizist ist einsam. Guter Bulle. Braver Bulle.
    Er schüttelte das Wasser aus den Haaren und ging durch das fast leere Wohnzimmer in die Küche. Na und? Das hier war sein Reich. Sollte sie ruhig alles haben, was sie wollte. Nur nicht den Kühlschrank, nicht den Herd, den Grill, die Tiefkühltruhe, nicht die Marmorarbeitsfläche und die teuren Messer und die Töpfe, die ganze Pracht und Herrlichkeit. Ansonsten alles!
    Ach nein. Den Esstisch hätte er schon gern behalten. Aber es war ihrer. Sie hatte ihn damals mitgebracht. Das Pfand dafür war Liebe gewesen, und die Liebe war erloschen, ausbezahlt, zurückgegeben.
    Cüpper ließ sich gegen den Herd sinken. Sein Blick schweifte über die stattliche Kompanie der Gewürzgläser in ihren Halterungen an der Wand.
    Wie gerne hatte er für sie gekocht.
    Und wie hatte sie genießen können! Ganze Abende hatten sie damit verbracht, sich gegenseitig Köstlichkeiten in den Mund zu schieben, hatten sich am bloßen Anblick der Zutaten berauscht, den Staub von alten Flaschenhälsen geblasen, einander Etiketten vorgelesen, und mit jedem Teller, jedem Glas war in ihren Augen ein Abbild dessen erschienen, was das Paradies sein musste, wie er es sich schon damals in der Schule vorgestellt hatte, als etwas primär Essbares, rundum Köstliches. Er hätte ihr stundenlang zusehen können, und irgendwann ertappte er sich bei dem Gedanken, selber gar nichts mehr zu brauchen, einfach der Chronist ihrer Ekstase sein und glücklich neben ihr verhungern zu dürfen. Vielleicht war das der Punkt gewesen, an dem er sich die Augen gerieben hatte und plötzlich zu der Überzeugung gelangt war, sich wieder mehr um seinen eigenen Genuss kümmern zu müssen.
    Das hatte er dann auch getan.
    Und übertrieben.
    Aber zog man deshalb gleich aus?
    Cüpper zuckte die Achseln. Müßig, das Ganze.
    Todmüde ging er los, eine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher