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Mordshunger

Titel: Mordshunger
Autoren: Frank Schätzing
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Berufs wegen machte. Cüpper war zu seiner immerwährenden Verwunderung Herr eines Magens, der in drastischen Fällen Hunger signalisierte.
    Krüger hatte sich in eine Stelle am Türrahmen verliebt, so dass er sich gar nicht erst zu Cüpper umdrehte.
    »Blut«, sagte er.
    »Viel?«
    »Nein.« Krüger war bekannt für erschöpfende Auskünfte.
    »Irgendwas Besonderes, außer, dass Blut am Türrahmen nichts verloren hat?«
    »Verschmiert. Zwei Schmierer.«
    »Konnte also von einer Hand stammen.«
    »Ja.«
    »Mensch, Krüger. Quasseln Sie mich nicht voll. Sie sind ja völlig außer Atem.«
    »Ha.«
    Krüger hatte gelacht. Die Nacht versprach in jeder Hinsicht außergewöhnlich zu werden.
    Rabenhorst kam angelaufen und zog Schramm hinter sich her, der mittlerweile einen Anflug von Farbe aufwies und Beflissenheit im Blick trug.
    »Ich würde jetzt gerne meine Aussage machen, wenn Sie gestatten.«
    »Fein«, freute sich Cüpper. »Wollen Sie einen Schnaps?«
    »Ah, nein … das heißt …«
    »Sie müssen nicht.«
    »Oh, ich … wissen Sie, ich dachte nur, das sei hier dienstlich, und ich brauche schließlich einen klaren Kopf, und Sie müssen meine Aussage zu Protokoll nehmen und …«
    »Mein lieber Herr Schramm.« Cüpper legte ihm sanft die Hände auf die Schultern. »Sie müssen gar nichts. Aber wenn Sie sich entsprechend fühlen, gehen wir zu Ihnen runter. In Ihrer Wohnung sind Sie besser aufgehoben. Sie nehmen einen Cognac oder was Sie trinken wollen auf den Schreck, und dann erzählen Sie in aller Ruhe, was passiert ist. Mir geben Sie ein Wasser. Aber bitte einen ordentlichen Jahrgang.«
    Schramms Mundwinkel zuckten leicht nach oben. Er entspannte sich.
     
    Unten brauchte Schramm nicht einen Cognac, sondern drei. Dann war der Bann gebrochen, was ihn zu ausgedehnten Schilderungen seiner geschäftlichen Situation und persönlichen Verzweiflung trieb, gipfelnd in jener schlaflosen und verhängnisvollen Nacht.
    »Sie schrie ›Gott!‹. Noch mal ›Oh Gott!‹. Und noch mal, glaube ich.« Schramm erschauderte. »Ja, dreimal nacheinander. Dann war alles still.«
    »Und weiter?« Cüpper nippte an seinem Wasser. Zu salzig, zu viel Kohlensäure.
    »Dann?« Schramm legte die Stirn in Falten. »Da war noch was anderes. Aber erst später. Ein Rumpeln, als ob da was verrückt wird oder …«
    »Umfällt?«, setzte Rabenhorst nach.
    »Rabenhorst, Sie sind geschwätzig«, mäkelte Cüpper. »Kommen Sie, Schramm, was war das für ein Rumpeln?«
    »Irgendeines halt. Ich weiß nicht recht. Es war zu leise.«
    »Aber das Schreien nicht?«
    Schramm erbleichte wieder und beugte sich verschwörerisch vor.
    »Wie hier in meiner Wohnung, sag ich Ihnen. Wie direkt in meiner gottverdammten Wohnung! Als hätte sie neben mir gestanden.«
    »Wer? Frau von Barneck?«
    Schramm hob verwirrt die Brauen. »Ja. Natürlich. Wer denn sonst?«
    »Hm. Okay, es hat gerumpelt. Wie viel Zeit war da vergangen seit dem Schrei?«
    »Vier, fünf Sekunden. Mir kam alles vor wie eine Ewigkeit, aber bei näherer Betrachtung …«
    »Was dann?«
    »Naja. Es vergingen wieder einige Sekunden. – Und plötzlich stürmt da einer die Treppe runter, als sei der Teufel hinter ihm her, rennt raus auf die Straße und –«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Hab’s gehört. Die Haustür ging.«
    »Ah, die Tür. Dann sind Sie raufgegangen, mutig und entschlossen, und es war offen.«
    »Ja, und drinnen alles dunkel und –«
    »Besten Dank. Ab da sind wir im Bilde. Ich schlage also vor, Sie gehen schlafen.«
    »Schlafen?«
    Cüpper stand auf. »Ich muss Sie bitten, sich zu unserer Verfügung zu halten, und das können Sie genauso gut im Bett. Was mich betrifft, ich kann nach Horrorfilmen immer ausgezeichnet schlafen.«
    »Aber das war kein Film.«
    Cüpper lächelte. »Doch, Herr Schramm. Es war ein Film. Nur ein bisschen Kino. Rabenhorst, bei Fuß!«
     
    Mittlerweile war der Pathologe vom Dienst eingetroffen, legte sein Jackett ab, untersuchte die Leiche, beschied die Todeszeit auf irgendeinen Zeitpunkt zwischen neun und zwölf, schnäuzte sich geräuschvoll, zog die Jacke wieder an und fuhr nach Hause. Rabenhorst hängte sich ans Telefon, um über die Tote rauszukriegen, was um diese Zeit halt rauszukriegen war. Viel würde es nicht sein. Cüpper runzelte die Stirn und ging ins Wohnzimmer, wo er eine Schale ausnehmend schöner Äpfel gesehen hatte. Was sollte aus den Äpfeln werden? Im Grunde war es nicht erlaubt, aber er nahm trotzdem einen.
    Der Apfel schmeckte
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