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Mords-Bescherung

Mords-Bescherung

Titel: Mords-Bescherung
Autoren: Erich Weidinger
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gekauft hatte. Aber nein, das hatte sie wohl nicht getan. Und auch heute
roch es in der Küche nach Backwerk, es lagen sogar ein paar Krümel herum,
unordentlich war die Schlampe auch noch. Der Trick musste woanders liegen, und
dann entdeckte Anneliese eine Dose, natürlich wieder mit Elchmotiv, die die
Aufschrift »Backpulver« trug. Anneliese probierte eine winzige Menge, es
schmeckte anders als ihres, das war schwedisches Backpulver, ganz klar! Sie
nahm die Dose mit nach oben in ihre Einliegerwohnung und buk ihre Spitzbuben,
mit ordentlicher Menge von dem Backpulver. Anneliese war auf einmal richtig
euphorisiert, sie war hellwach, fühlte sich großartig und stellte die Dose
wieder zurück.
    Die Plätzchen waren sehr gut geworden und genau fertig, als
Tommile und Agneta zurückkamen. Anneliese präsentierte den Teller. »Jetzt musst
du mir aber doch wenigstens die Ehre erweisen, meine zu kosten«, sagte
Anneliese und gab sich heiter. Agneta nahm einen Keks und fügte hinzu, dass sie
gern morgen zum Cappuccino ein paar essen würde. Klar, sie hatte so ein
neumodisches Chromungetüm, der gute Brühkaffee aus dem Keramikfilter tat es für
die Schwedenmadame ja nicht.
    Am späten Vormittag des nächsten Montags kam der Anruf. Tommile
war kaum zu verstehen. Sie sollte die Zwillinge aus der Krippe holen, Agneta
war verunglückt. Anneliese verstand das alles nicht so recht, zumal sie sich
seltsam depressiv fühlte, ausgelaugt, so als hätte sie einen Kater, wenn sie
mal mit ihrer Freundin Helga zu viel vom Sektchen gehabt hatte. Als ihr Sohn am
Nachmittag heimkam, war er ein gebrochener Mann. Agneta war auf völlig freier
Straße – es hatte noch keinen Schnee gegeben, keinen Frost, es war kein anderes
Fahrzeug involviert gewesen – gegen einen Brückenpfeiler gerast. Aber Agneta
war doch wirklich nicht suizidgefährdet. Und nun lag das schwedische
Energiebündel im Koma. Sie hatten ihr im Krankenhaus viel Blut abgenommen,
viele Tests gemacht.
    Am nächsten Morgen war die Polizei im Haus, Anneliese schlich sich
in den Flur und beugte sich über das Geländer. Sie vernahm die leisen Stimmen,
immer wieder Thomas’ Rufe: »Aber das gibt es doch nicht!« Anneliese hörte, dass
die Polizei wohl die Wohnung durchsuchte, Schritte, unterschiedliche Stimmen.
Irgendwann einmal rief Thomas zu ihr hinauf. »Mutter, kannst du mal
runterkommen?«
    Als sie das Wohnzimmer betrat, stand da eine wohlbekannte Dose.
Ein freundlicher Beamter namens Habermann stellte viele Fragen. Eine nette Frau
namens Sütterle auch. Beide stellten sehr viele Fragen. Bei jeder Antwort
sackte Thomas tiefer in den Sessel. Als Anneliese dann zusammensackte, musste
der Notarzt kommen. Anneliese nahm das alles wie durch einen Schmierfilm wahr,
sie wurde mit einem jaulenden Auto davongefahren.
    »Herr Bäuerle«, sagte die Beamtin Sütterle später im Krankenhaus
ganz sanft. »Wie es aussieht, hat Ihre Mutter das vermeintliche Backpulver
Ihrer Frau in ihre Spitzbuben verbacken. Das Backpulver ist aber hochreines
Kokain. Ihre Mutter hat wohl auch am Backpulver gekostet. Ihre Frau hat
wahrscheinlich durch den Genuss der Kekse zum Frühstück deutlich mehr erwischt.
Kokain kann man sehr leicht über die Schleimhäute aufnehmen, oral setzt die
Wirkung später ein, als wenn man schnupft oder spritzt. Aber sie setzt ein.
Weiter kann der Arzt nur spekulieren, dass bei Ihrer Frau dann Halluzinationen
im optischen Bereich aufgetreten sind und sie die Kontrolle über ihr Fahrzeug
verloren hat. Bei Ihrer Mutter dürfte auf eine Phase der Euphorisierung dann
Erschöpfung gefolgt sein und massive Kreislaufprobleme. Ihr Herz ist ja auch
nicht mehr das beste, sagte der Arzt.« Sütterle lächelte. »Sie können Ihre
Aussage, dass Sie vom Kokainbesitz Ihrer Frau nichts gewusst haben, natürlich
gern später bei uns auf dem Revier machen. Jetzt kümmern Sie sich mal um Ihre
beiden Damen.«
    Habermann schüttelte unentwegt den Kopf, als er dem
davoneilenden Thomas hinterhersah. »Was für ein Gschichtle. Schwedische
Erfolgsfrau ist bloß so erfolgreich, weil sie kokst. Schwäbische Oma klaut
Zauberbackpulver, um einen Plätzchenwettbewerb zu gewinnen.«
    »Und weißt du, was das Gemeinste ist?«, fragte Sütterle und wartete
die Antwort nicht ab. »Diese perfekten Plätzchen sind von Bofrost. Da gibt es
einen Rohteig in diesem Schachbrettmuster, einfach ein langes, dickes
Würschtle, das man aufschneidet. Die Elche hat sie dann draufgepappt, und
fertig war das Älgbröd, mit
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