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Mordkommission

Titel: Mordkommission
Autoren: dtv
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Hinweisaufnahme
     zusammengeführt und bewertet werden. Als Hauptsachbearbeiter für die Ermittlungen teilte ich einen außerordentlich erfahrenen
     Mitarbeiter ein.
    In Windeseile und mit der unbürokratischen Unterstützung vonseiten der unterschiedlichsten Dienststellen des Präsidiums wurden
     die Räume ausgestattet. Für jeden Beamten wurde ein Rechner installiert, Zugriffsberechtigungen wurden erteilt und Telefonanschlüsse
     geschaltet. Selbst Garderobenhaken wurden neu montiert und Kühlschränke und Kaffeemaschinen angeschlossen.
    Bereits am nächsten Morgen nahm die Soko in vollem Umfang ihre Arbeit auf. Beamte des Erkennungsdienstes, Kriminaltechniker,
     Vernehmungs- und Ermittlungsbeamte, |16| ortskundige Beamte der Polizeiinspektion, in deren Bereich der Tatort lag, und ED V-Spezialisten – sie alle waren beseelt von dem Wunsch, diesen Täter schnellstmöglich zu fassen. Darüber hinaus wurde uns jede erdenkliche
     Unterstützung seitens unseres Präsidiums zuteil. Die Verwaltung half uns mit der Logistik, die Pressestelle bündelte das ungeheure
     Medieninteresse und ermöglichte uns so ungestörtes Arbeiten, außerdem setzte sie unsere Fahndungsaufrufe um. Andere Behörden,
     etwa das Landeskriminalamt oder das Institut für Rechtsmedizin, versorgten uns mit Informationen.
     
    Schon am Abend zuvor war die kleine Anna außer Lebensgefahr und sogar wieder ansprechbar. Einer Ärztin gegenüber erzählte
     sie von einem »Mann mit einem grünen Hemd mit zwei Knöpfen«. Er sei zu ihr in die Toilettenkabine gekommen, habe ihr den Mund
     zugehalten und dann sei sie eingeschlafen. Weitere Angaben konnte das Mädchen nicht machen. Um Anna zu schonen und weitere
     psychische Belastungen zu vermeiden, verzichteten wir auf eine direkte Vernehmung.
    Die mit hohem Einsatz durchgeführte Überprüfung von einschlägig bekannten Örtlichkeiten im Umfeld der Schule erbrachte am
     Abend einen vagen Tatverdacht gegen einen Wohnsitzlosen. Der Mann hatte sich in eine längst verlassene und mittlerweile völlig
     verwahrloste Wohnung in einem leerstehenden Gebäude einquartiert. Den Beamten fiel als Erstes auf, dass der Mann ein auffälliges
     grünes Hemd trug, das am Hals zwei große Hirschhornknöpfe hatte. Auf einer Wäscheleine hing eine frisch gewaschene Unterhose
     zum Trocknen, während die übrige Bekleidung des Mannes dem Geruch nach seit Wochen nicht mit Wasser in Kontakt gekommen war.
     Kurz darauf saß der Mann meinem Kollegen und mir gegenüber. Wir begannen gegen 20   Uhr mit der Vernehmung. Bei Mordermittlungen ist es gängige Praxis, dass Tatverdächtige oder Beschuldigte von zwei Beamten
     vernommen werden, wobei einer – in diesem Fall mein Kollege – die Fragen stellt, also die Vernehmung führt, während der |17| zweite Beamte sichert und auf Reaktionen des Gegenübers achtet sowie den Vernehmer durch ergänzende Fragen unterstützt. Annas
     Angaben über den Mann »mit dem grünen Hemd mit den zwei Knöpfen« ließ in uns die Anspannung steigen – war dies der Mann, der
     dieses scheußliche Verbrechen verübt hatte? Das hofften wir im Laufe der nächsten Stunden herauszufinden.
    Obwohl ich selbst schon Tausende von Befragungen und Vernehmungen durchgeführt hatte, erlebte ich in dieser Nacht erstmals
     den Unterschied zwischen einer Vernehmung bei der Mordkommission und einer »normalen« polizeilichen Vernehmung. Ruhig, umsichtig
     und mit unglaublichem Einfühlungsvermögen gelang es meinem Kollegen, immer mehr Einzelheiten aus dem Leben des Mannes vor
     uns zu erfragen. Schon bald räumte der Verdächtige ein, dass er seit Langem die Schule kannte, an der das Verbrechen verübt
     worden war. Er gab zu, öfter dort gewesen zu sein und die fragliche Toilette zur Verrichtung seiner Notdurft aufgesucht zu
     haben. Innerlich so angespannt wie ich und dennoch sehr behutsam tastete sich mein Kollege weiter vor und schon bald begann
     der Verdächtige, Überlegungen anzustellen, was den Täter wohl bewogen haben könnte, einem kleinen Mädchen so schlimme Dinge
     anzutun. »Bestimmt hatte der Täter eine Mutter, die ihn als Kind immer schlug, und bestimmt wurde er später von erwachsenen
     Frauen ausgelacht, als sie feststellen mussten, dass er impotent ist.« Nach und nach räumte der Verdächtige ein, als Kind
     ständig von seiner Mutter geschlagen worden zu sein, und er gab auch zu, dass er mehrfach vergeblich versucht hatte, Sex zu
     haben, und dies meist mit Spott und Hohn seiner Partnerinnen
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