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Mordkommission

Titel: Mordkommission
Autoren: dtv
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Vernehmungen. So hatten alle Soko-Angehörigen
     stets den gleichen Wissensstand und konnten Fakten |20| entsprechend bewerten und gegebenenfalls als relevant einordnen.
    Die chemische Substanz im Orangensaft wurde im Hinblick darauf untersucht, aus welchem Grund sie beigemischt worden sein könnte
     (betäubende oder aphrodisierende oder welche andere Wirkung?). Zudem galt es zu ermitteln, wer mit diesen Substanzen normalerweise
     umgeht. So war zu überprüfen, wie und wo man diese Chemikalie beziehen kann, und nach Möglichkeit der Verkaufsweg zu ermitteln.
     
    Fast zeitgleich ergab sich eine weitere interessante Spur: Auf einem Schrank im Toilettenvorraum wurde einen Tag nach dem
     Auffinden der Trinkflasche ein Sweatshirt entdeckt. Bis heute ließ sich nicht klären, ob das Sweatshirt bereits während der
     ersten Arbeiten des Erkennungsdienstes dort lag oder ob es nachträglich dort platziert wurde. Letzteres ist wohl wahrscheinlicher,
     wobei nicht klar wurde, wer das Sweatshirt dorthin gelegt haben könnte und warum das geschah. Jedenfalls verpackten wir routinemäßig
     das Sweatshirt in Plastikfolie und schickten es zur Untersuchung ans Landeskriminalamt. Um eine Beschädigung von Spuren zu
     vermeiden, nahmen wir das Sweatshirt vor dem Verpacken und Versenden nicht näher in Augenschein.
    Die Sensation war perfekt, als das Ergebnis feststand: Auch am Sweatshirt fanden sich DN A-Muster des Opfers und des Täters. Außerdem konnten Anhaftungen von Putzmitteln nachgewiesen werden, wie sie auch zur Reinigung der
     Schule verwendet wurden. Nachdem das Landeskriminalamt das Sweatshirt zurückgeschickt hatte, schien uns das Glück endlich
     hold zu sein. Auf das eingenähte Wäschezeichen des Sweatshirts hatte jemand mit rotem Eddingstift die Buchstaben »BL« geschrieben
     – das Kürzel für »Blumenstraße«, wo die Schule lag? Handelte es sich bei dem Sweatshirt vielleicht um das Kleidungsstück einer
     Reinigungskraft, das über die Schule oder die Firma zum Waschen gegeben wurde? Auffällig war allerdings, dass kein anderes
     Kleidungsstück in dieser Art und Weise |21| gekennzeichnet war. Hatte ein Mitarbeiter vielleicht seine Arbeitskleidung mit diesem Kürzel individuell kenntlich gemacht?
    Mit immensem Aufwand wurden daraufhin alle Firmen und deren aktuelle und ehemalige Mitarbeiter überprüft, die für die Reinigung
     des Schulkomplexes zuständig waren. Zudem wurden mit Unterstützung aller örtlichen Polizeiinspektionen mehr als 350   Münchner Wäschereien und chemische Reinigungen kontrolliert, zahlreiche Pflege- und Altenheime und Großunternehmen überprüft
     – nirgends jedoch war ein entsprechendes Wäschezeichen bekannt oder aufgefallen. Schließlich entschieden wir uns, ein Foto
     des Wäschezeichens in den Medien zu veröffentlichen. Das Ergebnis war ernüchternd: Ein Angehöriger des Landeskriminalamtes
     teilte mit, dass es sich um die Kennzeichnung einer Sachbearbeiterin handelte. Sie hatte nach Abschluss der Untersuchung das
     Wäschezeichen mit den Buchstaben B und L versehen, um zu dokumentieren, dass dieses Kleidungsstück bereits überprüft war.
     Die Buchstaben standen dabei für ein dienstliches Kürzel, das nur zufällig dieselben Anfangsbuchstaben aufwies wie Blumenstraße
     – ein Vorgang, der nach Auskunft aller Erkennungsdienstexperten beim Polizeipräsidium völlig unüblich war und zu einem ebenso
     gigantischen wie letztlich völlig überflüssigen Ermittlungsaufwand geführt hatte.
    Die Soko arbeitete nicht nur an den Wochenenden ohne Unterbrechung durch, sondern auch während der Weihnachtsfeiertage. Keiner
     der Beamten murrte indes, jeder Einzelne war fest entschlossen, alles zu tun, um den Täter zu ermitteln und seiner gerechten
     Strafe zuzuführen. Die meisten der Kollegen hatten selbst Kinder, manche auch im Alter der kleinen Anna. Aber wenn ein Kind
     Opfer einer Straftat wird, setzt sich ohnehin jeder mit größtmöglichem Engagement ein.
     
    In der Silvesternacht – rund zehn Wochen nach dem Missbrauch der kleinen Anna – wurde eine Gaststätte in einem Dorf im Landkreis
     Starnberg Schauplatz einer äußerst |22| brutalen Vergewaltigung. Nachdem die letzten Gäste gegangen waren, hatte ein Unbekannter die Wirtin gewürgt und vergewaltigt
     und schließlich der Tageseinnahmen beraubt. Der Täter ließ sein schwerstverletztes Opfer hilflos zurück, wohl in der Annahme,
     es sei bereits tot. Nur mit viel Glück überlebte die Frau ihre
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