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Mordkommission

Titel: Mordkommission
Autoren: dtv
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Festnahme des Gesuchten gelang. Es
     kam uns endlos lange vor, bis die erlösende Nachricht bei uns eintraf, dass man den Täter widerstandslos festgenommen hatte.
     Die Jagd nach einem skrupellosen Verbrecher und eine der größten Polizeiaktionen der letzten Jahre in München waren zu Ende.
     
    Bei seiner Vernehmung gestand der Täter rückhaltlos die ihm zur Last gelegten Taten. Zu dem Missbrauch von Anna gab er an,
     er dachte, sie sei schon tot gewesen, als er sich an ihr verging. Auf die Frage, warum er denn Essigsäure-Ethylester in die
     Flasche seines Opfers geschüttet habe, folgte eine überraschende Erklärung. Der Täter, der sich gelegentlich in der Stricherszene
     bewegt hatte, hatte sich in einer vorwiegend von Homosexuellen besuchten Kneipe ein Fläschchen der Droge Poppers gekauft,
     die nach der Einnahme kurzfristig eine muskelentspannende Wirkung zeigt. Dieses Mittel wollte er seinem Opfer einflößen. Beim
     Kauf des nicht ganz billigen Präparates war er jedoch einem Betrüger aufgesessen, der ihm anstelle von Poppers die besagte
     billige und für seine Zwecke völlig wirkungslose Substanz Essigsäure-Ethylester verkauft hatte. Damit hatten unsere äußerst
     umfangreichen Überprüfungen im Zusammenhang mit dieser chemischen Verbindung von vornherein keine Chance gehabt, zu einem
     verwertbaren Ergebnis zu führen. Für mich aber zeigte dieser Fall einmal mehr, dass man bei Ermittlungen selbst scheinbar
     unumstößliche |25| Fakten stets hinterfragen und mit größter Skepsis bewerten sollte, ehe man sie als gesicherte Erkenntnisse akzeptiert. Die
     Festnahme und das Geständnis des Täters erfolgten übrigens am letzten Arbeitstag des langjährigen Leiters des Münchner Mordkommissariates,
     der bis zuletzt gefürchtet hatte, mit einem ungeklärten Fall in den Ruhestand gehen zu müssen.
    Der Täter wurde zu einer langjährigen Jugendstrafe verurteilt, deren Verbüßung er sich kurz nach dem Prozess durch Suizid
     entzog.
     
    *
    Alle Namen wurden verändert.

|26| Als »Hühnerdiebstahlsachbearbeiter« zur Mordkommission
    Spätestens nach diesem Fall war mir klar, dass es eine ganz andere Form von Belastung bedeutet, ob man nun Eigentumsdelikte
     bearbeitet oder es um Menschenleben geht. Den Wechsel zur Mordkommission hatte mir im Sommer 2001 ein ehemaliger Kollege schmackhaft
     gemacht. Er erzählte von der vakanten Stelle eines Leiters der Mordkommission und schwärmte so lange von der interessanten
     und spannenden Aufgabe, bis ich mich dazu überreden ließ, der Dienststelle mal einen Besuch abzustatten und mich unverbindlich
     über die Chancen und Voraussetzungen für eine Bewerbung auf die Stelle als MKL (offizielle Abkürzung für Mordkommissionsleiter)
     zu informieren. Sowohl der damalige Kommissariatsleiter als auch sein Vertreter empfingen mich reserviert. Man merkte ihnen
     an, dass ihnen die Vorstellung, einen »Fremden«, also jemanden, der nicht in ihrer eigenen Dienststelle das Laufen gelernt
     hatte, möglicherweise als MKL akzeptieren zu müssen, überhaupt nicht behagte. Das Gespräch war dementsprechend kurz und höflich-unterkühlt,
     und ich verließ die Dienststelle in dem Bewusstsein, dass ich mir diese Fahrt hätte sparen können. Diesem unfreundlichen Empfang
     zum Trotz verfasste ich dennoch eine fünfzeilige Bewerbung und schickte sie weg. Sollten sie ruhig etwas schwitzen, die Kollegen
     der Mordkommission, denen bei uns »normalen« Kriminalern der Ruf vorauseilte, sie seien arrogant und überheblich. Mir bereitete
     die Vorstellung ein gewisses Vergnügen, dass die Herren Mordermittler sich mit dem Gedanken auseinandersetzen mussten, einen
     Kriminaler in ihren Reihen aufzunehmen, der bis dato in ihren Augen allenfalls »einfachst gelagerte Fälle der Bagatellkriminalität«
     bearbeitet hatte.
    Ohne weitere Rückmeldung und überzeugt, meine Bewerbung habe ohnehin keine Aussicht auf Erfolg, saß ich Mitte August mit einer
     Staatsanwältin und mehreren Vertretern |27| einer Bank in einem Münchner Biergarten. Wir hatten ein größeres Verfahren wegen Bandendiebstahls sehr erfolgreich zu Ende
     gebracht und waren zu einer Abschlussbesprechung auf neutralem Terrain zusammengekommen. Zufällig saßen zwei Tische weiter
     die Angehörigen einer Mordkommission beim Umtrunk, darunter auch der damalige stellvertretende Kommissariatsleiter. Als er
     uns entdeckte, kam er zu uns herüber, begrüßte die Staatsanwältin, die er offensichtlich schon länger kannte,
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