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Mordgier

Mordgier

Titel: Mordgier
Autoren: Jonathan Kellerman
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abfuhren, sagte ich: »Ein umfassender Bericht? Was ist das, Seans Strafe dafür, dass er deine Zeit verschwendet hat?«
    »Solche Rachsucht kenne ich nicht.«
    »Hast du vor, ihn danach unter Hausarrest zu stellen und ihm seinen Gameboy wegzunehmen?«
    Er lachte. »Was ich zugebe , ist, dass ich meinen Hintern absichere. Ein Typ wie Heubel könnte gut den Bürgermeister kennen. Das Letzte, was ich brauche - das Letzte, was Sean braucht -, ist Cocktailgeplauder darüber, dass die Polizei sich den Teufel um ihre Arbeit schert.«
    »Ah«, sagte ich. »Du hast den Jungen beschützen wollen.«
    »Das ist es, was Onkel Milo tut.«
    »Und wer weiß?«, sagte ich. »Der Fleck könnte irgendwohin führen.«
    Er drehte den Kopf zu mir herum. »Die Reichen beschwichtigen ist eine Sache, Alex. Retro-Grufti-Neo-Mansonianische Vampire beschwören, die die Straßen von Brentwood unsicher machen, um Warenbörsianer abzuschlachten, ist eine andere.«
    »Die ursprünglichen Mansonianer streiften durch Beverly Hills und Los Feliz und haben alle Arten von reichen Leute abgeschlachtet.«
    »Das hier ist ein Autodiebstahl ohne Sachschaden, begangen von einem Jungen, der eine Spritztour machen wollte und rücksichtsvoll genug war, dort zu parken, wo der Besitzer das verdammte Ding wahrscheinlich wiederfinden würde.«
    »Okay«, sagte ich.
    »Rede nicht in diesem Ton mit mir, junger Mann«, erwiderte er.

4
    Falls Sean die Jungs von der Spurensicherung angefordert hatte, um den Bentley zu untersuchen, informierte er Milo nicht darüber.
    Eine Woche lang wurden keine neuen Morde in West L.A. gemeldet. Milo verfluchte die wodurch auch immer bedingten psycho-ökonomisch-sozialen Faktoren, die für einen friedlichen Herbst verantwortlich waren, und machte sich an einigen alten ungelösten Fällen zu schaffen. Die Mordakten, die er suchte, waren nicht zu finden oder in einem Maße bruchstückhaft, dass sie nicht zu gebrauchen waren, und er landete in einer Sackgasse.
    Am achten Tag nach seiner Rückkehr zur Arbeit rief ich ihn an, um zu hören, wie es ihm ging. Sein Captain hatte gerade eine Direktive aus dem Büro des Polizeichefs weitergeleitet. Ein Vergewaltiger und Mörder namens Cozman »Cuz« Jackson, der in Texas auf die Hinrichtung wartete, kämpfte darum, der Nadel zu entgehen, indem er Morde im ganzen Land gestand und versprach, den Ort der Gräber genau zu bezeichnen.
    Bevor die texanischen Behörden einer Untersuchung zustimmten, wollten sie von den zuständigen Cops ein paar Fakten beibringen lassen.
    Cuz Jacksons angebliches Opfer in Kalifornien war Antoine Beverly, ein fünfzehnjähriger Junge aus South L.A., der vor sechzehn Jahren in Culver City verschwunden war, während er von Haus zu Haus ging, um Zeitschriftenabonnements zu verkaufen. Jackson hatte zu der Zeit in der Nähe gewohnt, in Venice, und zehn Meilen von Antoines Vertreterroute entfernt als Faktotum in einem Tierheim in Westchester gearbeitet.
    Die Beverly-Akte war ebenfalls nicht im Zentralarchiv zu finden. Die Kollegen von der Downtown Division wollten, dass Milo in West L.A. danach suchte und, falls er fündig wurde, noch einmal mit Zeugen Kontakt aufnahm.
    Bislang ohne Erfolg. Er sagte: »Es wird Zeit, den Großen Bürokratischen Satan mit einer Fatwa zu belegen. Ich will dir erzählen, wie das ablief. Normalerweise wäre das ein Fall für die Jungs vom Morddezernat Downtown, aber die stehen auf Geschichten voller Mumm und Ruhm, und weil das hier keins von beidem ist, haben sie einen weiten Pass nach West L.A. geworfen. Captain Grant denkt sich, dass ich im Moment über alles glücklich bin, und gibt den Ball an mich weiter.«
    »Nun ja«, sagte ich, »wenigstens machst du eine neue Erfahrung.«
    »Die wäre?«
    »Ein Captain, der Erbarmen mit dir hat.«
    »Ich muss los, Alex.«
    Die graue Wolke, die über ihm hing, hatte sich kein bisschen verzogen. Vielleicht lag es an dem Blei in seinem Arm und wiederkehrenden Schmerzen.
    Oder an geistiger Erosion nach zwei Jahrzehnten als schwuler Detective im LAPD.
    Dieser ganze Problembereich hatte sich geändert, aber vermutlich derart schleppend, dass es in seinem Kopf nicht als Fortschritt registriert worden war.
    Als junger Cop hatte er sich Mühe gegeben, aus seiner Orientierung ein Geheimnis zu machen. Die Wahrheit kam trotzdem ans Licht, was zu anzüglichem Gegrinse, beziehungsreichem Geflüster und Ausbrüchen eindeutiger Feindseligkeit führte. Er verstellte sich nicht mehr, stellte es aber auch nicht zur Schau.
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