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Mordgier

Mordgier

Titel: Mordgier
Autoren: Jonathan Kellerman
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vermutlich ein Nachbarsjunge, hat eine Spritztour gemacht und sich irgendwo geschnitten. Ist der Wagen aus der Garage geklaut worden?«
    »Aus der Zufahrt.«
    »Bei einem fahrbaren Untersatz wie dem schließt der Besitzer nicht ab?«
    »Offenbar nicht.«
    »Schlüssel im Zündschloss stecken lassen?«
    »Der Besitzer behauptet, nein. Ich wollte ihm noch mehr Fragen stellen, aber er musste reingehen und einen Anruf entgegennehmen.«
    »Vermutlich hat er sie tatsächlich stecken lassen«, sagte Milo, »niemand möchte wie ein Trottel aussehen. Einen derart auffälligen Wagen zu klauen verrät Unreife und Impulsivität. Was zu einem Punk aus der Nachbarschaft passen würde. Ihn in der Nähe wieder stehen zu lassen, ebenfalls. Was meinst du, Alex?«
    »Klingt sinnvoll.«
    Er wandte sich wieder an Sean. »Falls das ein ernsthafter Fall wäre, würde ich, angefangen bei der Stelle, wo der Wagen gefunden wurde, die Häuser abklappern, mich umhören, wer verhaltensauffällige Kinder im Teenageralter hat. Aber das ist ein großes Falls.«
    »Also soll ich die Sache nicht weiterverfolgen?«, sagte Sean.
    »Legt der Besitzer Wert darauf, dass Sie sie weiterverfolgen?«
    »Er ist etwas beunruhigt wegen des Bluts, aber er sagt, er will kein großes Theater machen, weil ihm kein Schaden entstanden ist.«
    »Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, Sean, würde ich ihm sagen, er soll das Meguiar rausholen und die Sache vergessen.«
    »Was ist das?«
    »Ein ausgezeichnetes Lederputzmittel.«
    »Okay, damit kann ich leben«, sagte Sean.
    »Einen schönen Tag.«
    Als wir zu dem Seville marschierten, ging die Tür des vanillefarbenen Hauses auf, und ein Mann kam herausgeeilt.
    Ende dreißig, Anfang vierzig, ungefähr einsdreiundachtzig, mit langen Armen und Beinen, kurz geschnittenen braunen Haaren, die an den Schläfen grau wurden, und einer kleinen Brille mit ovalen Gläsern. Er trug ein graues T-Shirt, eine blaue Samttrainingshose und braune Segelschuhe ohne Socken. Die Brille saß auf einer schmalen, geraden Nase. Seine Lippen waren straff und aufgeworfen, als drücke ihm jemand die Wangen zusammen.
    »Lieutenant?« Er ging an Sean vorbei auf uns zu, fasste Milos wildes Elefantenhemd und dann mein schwarzes Polohemd mit der Jeans ins Auge. Blinzelte durch seine Brille, während er herauszufinden versuchte, wer das Kommando hatte.
    »Milo Sturgis.«
    Eine langfingrige Hand schoss hervor. »Nick Heubel.«
    »Erfreut, Sie kennen zu lernen, Sir.«
    Heubel wies mit dem Daumen auf seinen Bentley. »Bizarr, nicht? Ich habe zu Detective Binchy gesagt, ich wolle keine Staatsaffäre daraus machen, aber jetzt denke ich etwas anders darüber. Wenn der Bösewicht nun jemand aus der Nachbarschaft war und es ihm um mehr geht als um den billigen Kitzel?«
    »Eher der teure Kitzel«, sagte Milo.
    Heubel lächelte. »Als ich ihn gekauft habe, war das einer der Momente, wo man sich fragt: Was hab ich mir dabei nur gedacht? Man fährt ihn eine Woche, und dann begreift man, es ist nur ein Auto, und man wird aufgesaugt von der ganzen Illusion … Egal, worauf ich hinauswollte: Wenn nun irgendein Straftäter, der ernsthafte antisoziale Neigungen hat, hier rumläuft und der Diebstahl ein Symptom war?«
    »Wofür, Mr. Heubel?«
    »Sich alles zu nehmen, was er will.« Heubels Augen hinter der Brille waren hellbraun und lebhaft.
    Milo sagte: »Sie machen sich Sorgen, dass er zurückkommen könnte, um etwas anderes zu versuchen.«
    »Ich würde es nicht als Sorge bezeichnen«, sagte Heubel. »Eher so was wie … Ich nehme an, ich mache mir doch Sorgen. Es war derart unverfroren, sich einfach den Wagen zu schnappen und damit loszufahren.«
    »Haben Sie eine Ahnung, wann es passiert ist?«
    »Ich habe Detective Binchy gesagt, es hätte irgendwann zwischen dreiundzwanzig Uhr - als ich nach Hause kam - und heute Morgen gewesen sein können, als ich aus dem Haus kam und feststellte, dass er verschwunden war. Ich wollte zum Country Mart fahren, um mir was zum Frühstücken zu holen. Einen Moment lang hab ich überlegt, ob ich ihn in die Garage gestellt habe, bevor mir einfiel, dass das nicht gegangen wäre, weil mein anderer Wagen dort steht und der Rest als Lagerraum dient.« Er rollte mit den Augen. »Verschwunden. Ich konnte es nicht glauben.«
    »Um wie viel Uhr sind Sie heute Morgen aus dem Haus gegangen, Sir?«
    »Um Viertel vor acht. Falls ich es weiter einengen soll: Ich bezweifle, dass es nach fünf Uhr passiert ist, weil ich da aufgestanden bin und in meinem Büro
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