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Mord und Brand

Mord und Brand

Titel: Mord und Brand
Autoren: Gerhard Loibelsberger
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Schließlich erwähnte er auch Budkas Freundin, ein fesches junges Ding, das er einmal an der Alten Donau, im Gasthaus ›Neu Brasilien‹ kennen gelernt hatte.
    »Ich glaub’, die Kleine hat Fritzi geheißen…«
    »Und wie noch?«
    »Was i net. Fritzi hat der Budka zu ihr g’sagt. Wahrscheinlich heißt sie Friederike.«
    Und da klingelte es in Nechybas Hirn. Kaum war Schottek weg, zog er aus seiner Brieftasche einen Zettel, faltete ihn auf und starrte auf die Zeile ›Friederike Nemec muss ebenfalls sterben‹. Lange fixierte er das abgegriffene Blatt Papier. Schließlich stand er ächzend auf und machte sich mit müden Beinen auf den Weg in den 5. Wiener Gemeindebezirk. In die Pilgramgasse Nummer 16.
     
     

XIII/2.
    »Was für ein grauenhafter Schitoch! Man muss sich andauernd für dich genieren!«, keifte Leo Goldblatts Frau Mama. Mit energischen Handgriffen rollte sie die Zeitung, in der sich ein Artikel ihres Sohnes über den Gewaltverbrecher Budka befand, zusammen und schlug damit auf den neben ihr sitzenden Goldblatt ein. Abwehrend hob dieser einen Arm, während sie fortfuhr:
    »Vor drei Jahren hast du den Schmonzes 139 vom Kannibalismus in Wien verfasst. Heuer im Frühjahr dann ›Der Feuerteufel und die Feuerreinigung‹ und jetzt schreibst du von einem ›wahrscheinlichen‹ Gewaltverbrecher. Entweder ist einer ein Gewaltverbrecher oder nicht. ›Wahrscheinlich‹ gibt’s da nicht. ›Wahrscheinlich‹ ist meschugge 140 !«
    Goldblatt hatte einen roten Kopf bekommen. Mit zitternder Hand führte er die Kaffeeschale zum Mund. Ängstlich schielte er hinüber zu seiner Mutter, ob sie ihn abermals mit der Zeitung schlagen würde. Doch die alte Dame war erschöpft. Sie hatte sich an die Rückwand des Sofas gelehnt, wobei ihre kurzen, krummen Beine nun nicht mehr den Boden erreichten. Mit geschlossenen Augen und leiserer Stimme fuhr sie fort:
    »Andauernd nur genieren muss man sich für dich! Kannst du dich noch an deine Tante Lea erinnern? Meine Schwester, die mit Onkel Leo verheiratet ist?«
    Goldblatt nickte und sagte: »Den hab ich heuer im Frühjahr…«
    »Unterbrich mich nicht!«, herrschte ihn die alte Dame an. »Also, deine Tante Lea, die bei Gott eine treue Seele ist, hat mich heuer ihm Frühjahr, als du das mit dem Feuerteufel erfunden hast, gefragt, ob du Bettnässer bist…«
    »Also Mama! Das ist doch…«
    »Unterbrich mich nicht schon wieder! Sie hat ja recht gehabt mit ihrer Vermutung. Weil als Kind warst du tatsächlich Bettnässer. Und man sagt ja, dass alle, die gerne zündeln, ins Bett machen. Das hab ich ihr auch gesagt…«
    »Mama, du kannst mich doch nicht als Bettnässer…«
    »Halt den Mund!«, giftete sie. »Freilich hast du ins Bett gemacht. Ich erinnere mich genau! Ich hab ja immer den Schlamassel gehabt mit deiner Bettwäsche. Das hab ich Lea erzählt. Sie besucht mich übrigens zwei Mal in der Woche. Und nicht so wie du, zwei Mal im Jahr!«
    Goldblatts Mutter schüttelte ihr von spärlichem Haar bedecktes Haupt und fuhr seufzend fort:
    »Mein Gott… Ich hätte zustimmen sollen, als dich dein Vater damals in die Militärkadettenschule stecken wollte. Ich hab das verhindert, weil du so ein zarter Jingl warst. Völlig ungeeignet für’s Militär… Aber nebbich! Was ist schlussendlich aus dir geworden? Ein Schmieranski… Und ein Schmock! Der seine alte Mutter nie besucht…«
     
    Als Leo Goldblatt die Wohnung seiner Mutter verließ, schwor er sich, frühestens in einem Jahr wieder bei ihr vorbeizuschauen. Ihn vor der Verwandtschaft als Bettnässer hinzustellen! So eine Gemeinheit! Voll Zorn durchwühlte er seine Taschen und fand schließlich ein zerknülltes Zigarettenpäckchen, aus dem er sich einen windschiefen Tschick 141 herausfischte und anzündete. Mit noch immer zitternden Fingern inhalierte er tief. Plötzlich wurde ihm ganz komisch. Verdammt! Er hatte heute außer einem schwarzen Kaffee noch nichts zu sich genommen! Die Zigarette wegwerfend, überquerte er die Ferdinandsbrücke 142 und stieg in einen Ringwagen. Als er beim Café Landtmann ausstieg, war ihm ziemlich übel. Im Kaffeehaus ging er wie in Trance zu seiner Loge, ließ sich auf die Fensterbank fallen und atmete tief durch. Endlich wieder in vertrauten Gefilden. Mit vor Hunger laut knurrendem Magen bestellte er ein Schinkenomelett sowie zur Stärkung und Beruhigung seiner Magennerven ein kleines Bier. Zum Bier, das er in kleinen Schlucken trank, verschlang er ein knuspriges Kaisersemmerl. Ein Hochgenuss!
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