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Mord Nach Maß

Mord Nach Maß

Titel: Mord Nach Maß
Autoren: Agatha Christie
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und außerdem ein Mann, der mir aus London zu kommen schien; er war hier fremd, gut gekleidet und wirkte kompetent. Ich weiß nicht, ob er wirklich mitbot, aber es konnte gut sein. Wenn, dann geschah es ganz unauffällig und nur durch einen Wink. Aber jedenfalls versiegten die Gebote allmählich, der Auktionator verkündete melancholischen Tones, dass der Schätzpreis nicht erreicht worden sei, und die Veranstaltung wurde aufgelöst.
    »Was für ein lahmes Geschäft«, sagte ich zu einem der rustikalen Typen, als wir miteinander hinaustrotteten.
    »Auch nicht anders als sonst«, meinte er. »Waren Sie schon oft dabei?«
    »Nein. Das hier war eigentlich meine erste Auktion.«
    »Die Neugier hat Sie hergetrieben, wie? Hab Sie gar nicht mitbieten sehen.«
    »Keine Spur. Wollte nur wissen, wie die Sache ausging.«
    »Na ja, so wie da kommt es sehr oft. Die wollen nämlich nur das Interesse testen.«
    Ich sah ihn fragend an.
    »Schätze, da waren nur drei ernsthafte Interessenten dabei«, fuhr mein neuer Bekannter fort. »Einmal Whetherby aus Helminster, er ist Bauunternehmer, müssen Sie wissen. Dann noch Dakham und Coombe, die, wie ich höre, für irgendeine Firma aus Liverpool bieten, und zuletzt dieses unbeschriebene Blatt aus London, wahrscheinlich ein Anwalt. Natürlich können noch mehr dahinter her sein, aber die drei scheinen mir die Hauptinteressenten. Es wird billig zugeschlagen, das sagt hier jeder.«
    »Weil der Platz in Verruf ist?«
    »Oh, Sie haben schon von Gipsy’s Acre gehört, wie? Aber das ist nur so ein Geschwätz unter den alten Bauern. Der Landrat hätte die Straße dort längst begradigen sollen – es ist die reinste Autofalle.«
    »Aber dass der Platz verrufen ist, das stimmt doch?«
    »Ach, das ist doch alles bloß Aberglaube. Aber wie ich schon sagte, das eigentliche Geschäft wird hinter den Kulissen abgeschlossen. Sie kommen jetzt und unterbreiten ihre Offerten. Wenn Sie mich fragen, dann machen die Liverpooler das Rennen. Whetherby wird wohl nicht so hoch gehen, der ist auf einen Rebbach aus. Heutzutage kommt viel unerschlossener Grundbesitz auf den Markt. Und überhaupt, die Leute sind nicht dicht gesät, die sich so was kaufen können, die alte Ruine abreißen und ein neues Haus hinsetzen können, stimmt’s?«
    »Jedenfalls begegnet es einem nicht oft.«
    »Ist auch kompliziert. Bei den Steuern, und weiß Gott, welchen Abgaben noch, und außerdem bekommt man auf dem Land kein Hauspersonal. Nein, die Leute zahlen heute lieber horrende Preise für eine Luxuswohnung in der Stadt, im sechzehnten Stock von irgendeinem Wolkenkratzer. Diese großen, unhandlichen Landhäuser sind ein Albtraum in der Branche.«
    »Aber man kann ja modern bauen«, wandte ich ein. »Mit allen arbeitsparenden Einrichtungen.«
    »Man kann, aber das ist ein teurer Spaß. Und außerdem – wer lebt schon gern so einsam?«
    »Manche vielleicht doch«, meinte ich.
    Er lachte auf, und so trennten wir uns. Nachdenklich ging ich weiter. Wie von selbst schlugen meine Füße die Straße ein, die zwischen den Bäumen in vielen Kurven hinauf ins Hochmoor führte.
    Und so kam ich zu der Stelle, an der mir Ellie zum ersten Mal begegnete. Wie ich bereits sagte, stand sie da so einfach neben einem Baumstamm, und alles an ihr erweckte den Eindruck, wenn ich so sagen darf, als sei sie soeben noch gar nicht da gewesen, hätte gerade erst Gestalt angenommen – aus dem Stamm, allem Anschein nach. Sie trug irgendein dunkelgrünes Tweedkostüm, ihr Haar hatte das weiche Braun herbstlichen Laubes, und über ihrer ganzen Erscheinung hing ein Schleier des Unwirklichen, Körperlosen. Ich erblickte sie und verhielt den Schritt. Sie sah mich an, ihre Lippen teilten sich etwas, wie leicht überrascht. Vermutlich machte ich einen mindestens ebenso überraschten Eindruck. Ich wollte etwas sagen, mir fiel aber nichts ein. Dann brachte ich es schließlich heraus.
    »Pardon, ich… ich wollte Sie nicht erschrecken. Ich war nur nicht darauf gefasst, hier jemandem zu begegnen.«
    Mit sehr sanfter und weicher Stimme, fast der eines kleinen Mädchens, antwortete sie: »Das macht doch nichts. Ich hab mich auch ganz allein gefühlt.« Sie sah sich um. »Es ist ziemlich einsam hier oben.«
    Ein kleiner Schauer überlief sie, und wirklich war der Nachmittag sehr kalt und windig. Ich trat einen Schritt näher.
    »Und auch ein bisschen unheimlich, nicht?«, meinte ich. »Äh… wo das Haus doch eine Ruine ist und so.«
    » The Towers« , sagte sie
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