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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium
Autoren: Lindsey Davis
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»Und decken Sie nicht mal für ihn mit, wenn er plötzlich wieder auftaucht!«
    Petronius tauchte nicht wieder auf.

VI
     
     
     
    Von Petronius allein gelassen, begab ich mich am Nachmittag an die Arbeit. Die Bitte, den Verovolcus-Fall aufzuklären, würde mich länger in Londinium festhalten, als ich geplant hatte, aber ich konnte sie dem Prokurator und dem Statthalter nicht abschlagen.
    Der Statthalter fand es amüsant, mir das aufzuhalsen. Sextus Julius Frontinus war in den Vierzigern, ein pflichtbewusster Exkonsul, den ich vor zwei Jahren in Rom kennen gelernt hatte. Wir hatten bei den Ermittlungen zu einer Reihe grausamer Frauenmorde zusammengearbeitet. Die meisten Konsuln sind miese Kerle; er schien anders zu sein und hatte mir gefallen. Frontinus besaß alle Voraussetzungen für einen altmodischen Römer von Einfluss: Er war soldatisch, kultiviert, fasziniert von jeder Art administrativem Problem, anständig und absolut aufrichtig. Er hatte mich namentlich als Problemlöser angefordert, um die Rechnungsprüfung für Togidubnus’ Palast durchzuführen. Mein dortiger Erfolg machte mich noch beliebter.
    »Wenn irgendjemand rausfinden kann, was mit dem Kumpel des Königs passiert ist, dann sind Sie das, Falco.«
    »Süße Worte!« Ich behandle Männer von Rang nie mit falschem Respekt. Wenn er mein Verhalten zu barsch fand, hatte er eben Pech gehabt. Frontinus wusste, dass ich gute Arbeit leisten würde; ich hatte eine ganz gute Vorstellung, worum es bei dem Verbrechen ging, und äußerte die offen: »Ich schätze, dass sich Verovolcus nach Londinium verdrückt hat, in der Hoffnung, unbemerkt zu bleiben. Er wollte nicht aus Britannien weg. Dann hat er sich mit irgendwelchen Einheimischen in der Schenke angelegt. Der Hitzkopf hat sich aufgespielt. Sie wurden sauer. Jemand hat ihn mit dem Arsch nach oben in das mit Fassdauben ausgekleidete Wasserloch gestopft. Während er am Gurgeln war – oder bevor sie ihn reinstopften –, haben sie ihm den Torques runtergezerrt. Dann sind sie abgehauen. Jeder Offizier Ihres Stabes mit etwas Ortskenntnis sollte die Diebe aufspüren können. Sobald man den Torques findet, ist ihre Schuld bewiesen.«
    »Nette Theorie«, gab der Statthalter unbewegt zurück. »Ich kann sie akzeptieren. Jetzt beweisen Sie sie, Falco, bevor Togidubnus von der Tragödie erfährt und mit fliegenden Fahnen hier angeprescht kommt.«
    Er war sehr prosaisch. Man hatte ihn wohl für Britannien ausgewählt, weil der Kaiser ihn sowohl für tüchtig als auch anpassungsfähig hielt. Aus der Unterhaltung mit Frontinus wusste ich bereits, dass er ein volles Programm vor sich hatte. In den drei Jahren, in denen er Britannien verwalten sollte, hatte Frontinus vor, die Provinz vollkommen zu romanisieren. Er stand kurz davor, eine bedeutende militärische Expansion in die Wege zu leiten, einschließlich einer großen Kampagne gegen die ungezähmten westlichen Stämme, dann vielleicht eine weitere Kampagne in den Norden. Im stabilisierten Inneren des Landes wollte er zehn oder zwölf neue Provinzzentren einrichten, selbstverwaltete coloniae , in denen die Stämme halb autonom waren. Londinium, sein Winterhauptquartier, sollte zu einer Stadt mit Selbstverwaltung werden, und es waren gewaltige Verschönerungsprogramme geplant. Wenn das alles gelang, und davon ging ich aus, würde Britannien verändert sein. Julius Frontinus würde dem Imperium diese unbedeutende barbarische Provinz sauber einverleiben.
    Britannien war immer ein schwerer Posten gewesen. Es forderte allen seinen Tribut ab. Flavius Hilaris hatte die Rolle des Finanzprokurators übernommen, nachdem sein Vorgänger, der Gallier, der nach Boudicca wieder Ordnung geschaffen hatte, im Dienst gestorben war. Die Statthalterschaft hatte eine noch schlimmere Geschichte. Suetonius Paullinus war formell in Rom wegen Inkompetenz angeschwärzt worden. Im Vierkaiserjahr wurde sein Nachfolger Turpillianus von seinen militärischen Legaten abgesetzt, die dann – unvorstellbar – Britannien als Komitee regierten. Petilius Cerialis, Frontinus’ direkter Vorgänger, war für absurde Versehen bekannt geworden; er hatte den Posten nur bekommen, weil er mit Vespasian verwandt war.
    Frontinus würde seine Sache gut machen. Er war sowohl bestimmt wie auch versöhnlich. Aber das Letzte, was er brauchen konnte, während er sich noch einarbeitete, war eine heikle Situation mit einer toten britannischen Standespersönlichkeit. »Die Sache hat das Potenzial, übel auszugehen,
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