Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
Kerl, und meine Schwester konnte explosiv sein.
    »Besser, wir mischen uns nicht ein, Marcus.«
    »Du hast Recht.«
    Wenn das Schlechte an der Unterbringung in einer offiziellen Residenz das ständige, oberflächliche Geplauder war, dann war das Gute daran die Gelegenheiten, zu denen Helena und ich uns wegschleichen konnten und total allein waren. Nux, meine Hündin, kratzte zwar gerade draußen an der Tür, aber wir konnten so tun, als hörten wir sie nicht. Unsere beiden kleinen Töchter waren zusammen mit Maias Kindern in der sicheren Obhut von Aelia Camillas Kindermädchen. Selbst unser eigenes nutzloses Kindermädchen war eingespannt worden; ich träumte davon, dass sie bei unserer Abreise hier bleiben würde.
    »Das gefällt mir«, sagte ich und streckte mich faul aus. »Was wir brauchen, ist ein Haus mit so vielen Zimmern, dass niemand uns finden kann, und Kohorten gehorsamer Dienstboten, unterwiesen darin, sich geräuschlos zu bewegen und alle zermatschten Essensspuren der Kinder mit tolerantem Lächeln zu beseitigen.«
    »Die haben hier einen griechischen Verwalter, der die Tibia spielen kann.«
    »Die Doppelflöte! Wir könnten uns so einen besorgen. Wir bräuchten kein neues Kindermädchen, wenn der mit seinem Gedudel die Kinder einschläfert.«
    »Dieser hier hat dich gestern Abend jedenfalls ganz schön eingelullt!«, spottete Helena.
    »Er spielt miserabel. Außerdem muss ich zugeben, dass ich mit Petro vor dem Essen ein bisschen zu viel getrunken hatte. Ich hab versucht, ihn aufzumuntern.«
    »Hat wohl nicht geklappt, Marcus.«
    »Lucius Petronius ist kein glücklicher Junge.«
    »Sollte er aber sein! Er gerät auf die schiefe Bahn, oder? Das macht er absichtlich«, sagte Helena schneidend. »Und er sollte es verdammt nochmal genießen.«
    »Mir hat die schiefe Bahn damals Spaß gemacht. Ich weiß nicht, warum er so unfähig ist …«
    »Hat noch nicht die richtige Seiltänzerin gefunden.«
    Helena spielte auf eine alte Freundin von mir an. Sie hatte die Frau zwar nie kennen gelernt, aber sie ließ mich nie vergessen, dass sie von meiner bewegten Vergangenheit wusste.
    Um mich zu rächen, schloss ich die Augen mit einem Lächeln, das glückselige Erinnerungen andeuten sollte. Was natürlich ein Fehler war. Meine Gedanken wanderten tatsächlich in die falsche Richtung. Helena wusste das. Sie schlug mich mit einem Kissen, genau auf die Stelle, wo mein Magen das unbefriedigende britannische Mittagessen verdaute.
     
    Petronius hatte jetzt in der Tat aufgehört, eine gesellschaftliche Peinlichkeit zu sein. Er war total verschwunden, hatte mir eine grob verfasste Nachricht hinterlassen, dass er sich verpissen würde. Er teilte nicht mit, ob er die Provinz verlassen würde oder wo ich ihn erreichen könnte. Ich erkundigte mich diskret bei den Dienstboten des Prokurators: Petro war beim Verlassen der Residenz des Statthalters gesehen worden, in einer sehr dreckigen Tunika, wie mir mein pingeliger Sklaveninformant mitteilte. (Also war er wenigstens nicht darauf aus, irgendeine Frau mit karottenrotem Haar zu vögeln, die er vor zehn Jahren zum Reifen zurückgelassen hatte.) Ich fand seine sämtlichen Sachen, noch in seinem Gepäck, unter dem Bett des Gästezimmers, in dem er untergebracht worden war. Wenn sich Petro auf die schiefe Bahn begab, dann in dem dazu passenden schäbigen Stil.
    Ich unterdrückte meinen Neid.
    In Rom hätte ich angenommen, dass er für die Vigiles eine Überwachung durchführte, und mir nichts dabei gedacht. Hier, einen Kontinent entfernt von seinem offiziellen Revier, konnte diese Erklärung nicht zutreffen. Dass er einfach verschwand, ohne sich vorher mit mir abzusprechen, beunruhigte mich; ich fragte mich, ob er vielleicht noch unglücklicher war, als ich angenommen hatte.
    Maia war weniger mitfühlend. »Jetzt weißt du, wie sich Helena fühlt, wenn du einfach wegbleibst, ohne ihr den Grund zu nennen«, wies sie mich zurecht. »Na ja, er ist ein Mann. Er ist gedankenlos und selbstsüchtig. Mehr kann man nicht erwarten.« Sie hatte ihm den Laufpass gegeben, also war es ihr vermutlich egal, aber ihre Kinder mochten ihn seit ihrer langen gemeinsamen Reise quer durch Europa sehr gern; sie bestürmten ihre Mutter, wollten wissen, wo er war. Maia hatte keine Antwort – eine Situation, die ihr noch nie behagt hatte.
    »Soll ich heute Abend für ihn mit decken?«, fragte Aelia Camilla, eher besorgt und verwirrt als verärgert. Sie war eine liebenswürdige Frau.
    »Nein«, schnaubte Maia.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher