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Mord auf Raten

Mord auf Raten

Titel: Mord auf Raten
Autoren: Andreas Franz
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gekommen, dass sie ein Geheimnis mit sich herumschleppt, das nicht nur ihr, sondern auch mein Leben völlig auf den Kopf gestellt hat. Als sie am Freitag letzter Woche nach Frankfurt gefahren ist, habe ich zum ersten Mal etwas getan, was ich sonst nie getan hätte, weil die Privatsphäre des andern mir heilig ist. Ich schwöre Ihnen, ich habe noch nie zuvor in den Sachen anderer herumgeschnüffelt, auch nicht in denen meiner Frau. Aber irgendetwas drängte mich, es zu tun, und dann fand ich es.« Er lachte bitter auf und goss wieder Whiskey in sein Glas. »Sie hatte es gut versteckt, aber eben nicht gut genug. Und sie vertraute wohl darauf, dass ich gar nicht erst suchen würde. Es waren Tabletten, um das Immunsystem zu stärken, der Bescheid vom 7. August, dass sie HIV-positiv ist, und ein Tagebuch, in dem sie alles niedergeschrieben hatte. Auf jeder zweiten Seite stand irgendwas über Klaus. ›Habe Klaus getroffen, war wieder mal wunderschön‹,›Klaus macht mit mir Sachen, die Jochen nie macht. Warum ist er bloß so verklemmt?‹ Lauter solche Einträge habe ich gelesen, manche von ihnen waren sehr verletzend und demütigend. Ich war immer der Überzeugung, der einzige Mann im Leben meiner Frau zu sein, dass sie sich bei mir wohl fühlt und dass ihr auch der Sex mit mir Spaß macht. Nun, so kann man sich täuschen.
    Aber die letzten Einträge waren ganz anders. In denen schreibt sie, wie sehr sie Klaus dafür hasst, dass er sie angesteckt hat. Und dass sie abgetrieben hat, nachdem sie es erfahren hatte. Sie weiß nicht einmal, von wem das Baby war … Es war wie ein Hammerschlag vor den Kopf, das alles zu lesen. Zu lesen, dass die Frau, die man über alles liebt, einen so hintergeht, dazu noch mit dem eigenen Bruder. Und sie war schwanger, dabei hatte ich mir so sehr ein Kind gewünscht. Ich wollte sie zur Rede stellen, wenn sie wieder zu Hause war, aber dann habe ich auf einmal gedacht: Sie hat das vermutlich gar nicht freiwillig getan, sondern weil Klaus mit seiner unwiderstehlich charmanten Art sie um den Finger gewickelt hat. Und Christine ist leicht zu beeindrucken, was Klaus gnadenlos ausgenutzt hat …«
    »Aber Ihre Frau ist erwachsen und weiß, was sie tut und getan hat.«
    »Das sagt sich so leicht, doch wie oft machen wir so schlauen und reifen Erwachsenen Fehler und denken hinterher: Warum habe ich das bloß gemacht? Sie werden zugeben müssen, dass auch Sie trotz Ihres Erwachsenseins nicht fehlerfrei sind, auch was den Umgang mit dem andern Geschlecht betrifft.«
    Brandt musste bei diesen Worten an das Gespräch mit Andrea am Frühstückstisch denken und an seine Unzulänglichkeit, wenn es um seine Gefühle und Ängste ging. Er kam sichvor, als hätte Wedel ihm in diesem Moment bis auf den Grund seiner Seele geblickt.
    »Nun, ich habe alles wieder an seinen Platz zurückgelegt und Christine nicht zur Rede gestellt, auch wenn alles in mir in Aufruhr war, aber ich ließ es mir nicht anmerken. Ich habe mich am Abend in mein Auto gesetzt und bin durch die Gegend gefahren, ich habe an einer Kneipe Halt gemacht und mir ein paar Bier und Korn reingekippt. Doch es hat nichts geholfen. Im Auto hab ich geheult wie ein kleines Kind, ich hab die ganze Welt verflucht.
    Aber ich hatte mir eines ganz fest vorgenommen, ich wollte mit Klaus sprechen und ihn fragen, warum er auch noch unser Leben zerstört hat, ob es ihm ein Dorn im Auge war, dass Christine und ich glücklich waren. Doch er hat mich nur ausgelacht und verspottet und gesagt, wenn ich ihr nicht geben könne, was sie brauche, dann müsse er es eben tun.« Wedel richtete seinen Blick zur Decke, lachte noch bitterer als zuvor und trank sein Glas aus. »Wenn ich ihr nicht geben könne, was sie brauche – was für ein Hohn, was für eine Demütigung! Mein Bruder sagt so etwas zu mir. Dabei habe ich für Christine getan, was ich tun konnte, aber offenbar war es nicht genug.
    Glauben Sie mir, ich hatte nicht vor, ihn umzubringen, ich wollte ihm nur eine Lektion erteilen, doch als er mir so ins Gesicht lachte, konnte ich nicht mehr anders. Ich habe die Pistole aus meiner Jackentasche gezogen und ihn gezwungen, mit dem verdammten Lachen aufzuhören. Und wissen Sie, was er dann gesagt hat? Er hat gesagt, ich würde mich ja doch nicht trauen zu schießen, ich könnte ja nicht mal Spinnen umbringen. ›Aber ich‹, hat er gesagt, ›ich kann jemanden töten.‹ Sie hätten seinen Blick dabei sehen müssen. Als er das sagte, wusste ich sofort, was er meinte. Ich
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