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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon
Autoren: Colleen McCullough
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worden, hatte bei seiner Ankunft aber feststellen müssen, daß Caesar im italischen Gallien jenseits der Alpen weilte, eine Ewigkeit entfernt. Von dort war Caesar direkt nach Portus Itius marschiert, um unverzüglich überzusetzen. Ein ungewöhnlich heißer Sommer hatte sich angekündigt, ein gutes Vorzeichen für die Überquerung der tückischen Meerenge. Doch nichts war nach Plan verlaufen. Die Treverer suchten die Germanen jenseits des Rheins für ein Bündnis zu gewinnen, und die beiden obersten Magistraten der Treverer, die Vergobreten, waren untereinander zerstritten. Der eine, Cingetorix, hielt es für besser, sich dem römischen Diktat zu beugen, während Indutiomarus einen Aufstand mit Hilfe der Germanen während Caesars Abwesenheit in Britannien für die beste Lösung hielt. Doch dann war Caesar, wie immer in einer für Gallier unglaublichen Schnelligkeit, mit vier Legionen in leichter Marschordnung aufgetaucht. Zum Aufstand kam es nicht mehr, und die beiden Vergobreten mußten einander die Hand geben. Caesar nahm weitere Geiseln, darunter Indutiomarus’ Sohn, und marschierte nach Portus Itius zurück. Fünfundzwanzig Tage ohne Unterbrechung blies dort ein heftiger Wind aus Nordwest. Schließlich machte noch der Haeduer Dumnorix Schwierigkeiten — wofür er mit dem Leben bezahlte —, so daß der große Mann reichlich verstimmt war, als seine Flotte mit zweimonatiger Verspätung endlich die Überfahrt antrat.
    Er war auch jetzt noch verstimmt, wie seine Legaten genau wußten, doch als er heraustrat, um Mandubracius zu begrüßen, merkte ihm das niemand an, der nicht täglich mit ihm zu tun hatte. Ungewöhnlich groß für einen Römer, sah er Mandubracius in die Augen, ohne den Kopf heben zu müssen. Doch war er schlanker, ein graziler Mann mit den ausgeprägten Wadenmuskeln offenbar aller Römer — vom vielen Laufen und Marschieren, wie die Römer sagten. Er trug einen einfachen Lederpanzer mit einem Rock aus Lederstreifen und anstelle von Schwert und Dolch kunstvoll verknotet und über den Panzer geschlungen die scharlachrote Schärpe als Zeichen seines hohen Imperiums. Er war hell wie ein Gallier! Dünne, blaßgoldene Haare, vom Scheitel nach vorn gekämmt, Augenbrauen von derselben Farbe, die Haut wettergegerbt wie altes Pergament, der Mund voll, sinnlich und humorvoll, die Nase lang und höckerig. Doch am aufschlußreichsten, dachte Mandubracius, waren seine Augen: blaßblau mit einem dünnen schwarzen Rand und durchdringend, weniger kalt als allwissend. Caesar wußte genau, welche Hilfe er von den Trinobanten erwarten konnte, dachte der König.
    »Ich heiße dich nicht in deinem eigenen Land willkommen, Mandubracius«, sagte Caesar in gutem Atrebatisch, »aber ich hoffe, du heißt mich willkommen.«
    »Von Herzen, Gaius Julius.«
    Caesar lachte und zeigte dabei seine guten Zähne. »Nein, nur Caesar«, sagte er. »Man kennt mich überall als Caesar.«
    Auf einmal stand Commius neben ihm, grinste Mandubracius an und trat vor, um ihm herzhaft auf die Schulter zu schlagen. Als Commius ihn allerdings auf die Lippen küssen wollte, wandte Mandubracius den Kopf ab, gerade so viel, daß der Kuß unmöglich wurde. Wurm! Marionette der Römer! Schoßhund Caesars! König der Atrebaten, aber Verräter aller Gallier. Tat alles, was Caesar verlangte. Commius hatte ihn Caesar als geeignete Geisel empfohlen, so wie er auch Zwietracht unter den britannischen Königen gesät und bewirkt hatte, daß Caesar im Land Fuß fassen konnte.
    Auch der Reiterpräfekt stand da, in der ausgestreckten Hand den roten Lederzylinder, mit dem der Kapitän der Pinasse so sorgsam umgegangen war, als sei er ein Geschenk der römischen Götter. »Von Gaius Trebatius«, sagte der Präfekt, salutierte und trat zurück, den Blick unverwandt auf Caesars Gesicht gerichtet.
    Bei Dagda, wie sie ihn lieben!, dachte Mandubracius. Also stimmt, was man in Samarobriva sagt; sie würden für ihn ihr Leben geben, und er weiß es und nutzt es aus. Denn Caesar lächelte den Präfekten als einzigen an und sprach ihn mit Namen an. Der Präfekt würde die Erinnerung daran wie einen Schatz aufbewahren und später einmal seinen Enkeln davon erzählen, wenn er welche hatte. Commius dagegen liebte Caesar nicht, weil kein Gallier aus Gallia Comata Caesar lieben konnte. Commius liebte nur sich selbst. Was wollte er eigentlich? König von ganz Gallien werden, sobald Caesar endgültig nach Rom zurückkehrte?
    »Wir unterhalten uns später noch beim Essen,
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