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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon
Autoren: Colleen McCullough
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gab, seit König Aeneas vor tausend Jahren von Troja kommend dort an Land gegangen war. In denen man sang, lachte, einander nah war. Während es hier nur Wind und Sand gab, Büschel ledrigen Grases auf den Dünen und das dünne, wilde Klagegeschrei Tausender von Möwen.
    Doch da lag noch die schlanke, rudergetriebene Pinasse, die Trebatius vor der Abfahrt hatte erreichen wollen. Geschäftig lud die römische Besatzung das letzte eines Dutzends kleiner, mit Nägeln gefüllter Fässer ein, welche die gesamte Fracht des Bootes darstellten — das auch gar nicht mehr hätte befördern können.
    Für Britannien schien Caesars sagenhaftes Glück nicht zu gelten. Bereits im zweiten Jahr hintereinander waren seine Schiffe von einem Sturm zerstört worden, der schrecklicher gewütet hatte als jeder Sturm, der je das Meer vor Rom heimgesucht hatte. Dabei war Caesar diesmal überzeugt gewesen, einen sicheren Platz für seine achthundert Schiffe gefunden zu haben! Doch der Wind und die Gezeiten — eine merkwürdige Erscheinung — hatten die Schiffe durcheinandergewirbelt wie Spielzeug. Alle kaputt. Doch Caesar ließ einfach nur die Trümmer einsammeln und die Schiffe instandsetzen. Weder Zeit noch Personal ließen aufwendige Reparaturen zu, die Armee mußte vor Wintereinbruch wieder in Gallien sein.
    »Nagelt sie zusammen!« hatte Caesar gesagt. »Sie brauchen nur dreißig Meilen über den Oceanus Atlanticus zu fahren, dann können sie meinetwegen untergehen.«
    Günstig für die Kanzlei war, daß die Pinasse, die mit zwölf Nagelfässern zwischen Portus Itius und Britannien hin-- und herruderte, auch Post mitnehmen konnte.
    Zu denken, daß auch ich da drüben sein könnte, sagte Trebatius zu sich und erschauerte trotz der schwülen Hitze und seiner schweren Toga. Caesar hatte einen guten Mann für die Schriftarbeit gebraucht und ihn schon für die Expedition aufgestellt. Erst im letzten Moment hatte plötzlich Aulus Hirtius gehen wollen, mochten die Götter ihm dafür in alle Ewigkeit gewogen sein!
    Das Boot hatte heute einen Passagier. Trebatius wußte, wer der Gallier oder genauer Brite war, da er und Trogus die Reise organisiert hatten. Mandubracius, König der britannischen Trinobanten, durfte als Dank für die Hilfe der Trinobanten zu seinem Volk zurückkehren. Der König war eine schauerliche Erscheinung. Seine sämtlichen Kleider waren in Moosgrün und düsteren Blautönen kariert und kaum zu unterscheiden von seiner mit einem verschlungenen Muster aus blauer Farbe bedeckten Haut. Die Briten, hatte Caesar gesagt, tarnten sich damit in ihren tiefen Wäldern; man konnte wenige Meter vor einem stehen und ihn trotzdem nicht sehen. Und sie machten einander damit in der Schlacht Angst.
    Trebatius übergab den kleinen, roten Zylinder dem — Kapitän? — sagte man so? — und machte sich auf den Rückweg in sein Büro. Das Wasser lief ihm auf einmal im Mund zusammen, als ihm der Gänsebraten einfiel, der ihn zum Mittagessen erwartete. Viel ließ sich nicht zugunsten der Moriner sagen, aber ihre Gänse waren die besten der Welt. Die Moriner mästeten sie mit Schlangen, Schnecken und Brot und ließen die armen Geschöpfe so lange durch die Gegend marschieren — marschieren! —, bis ihr Fleisch so zart war, daß es im Mund zerfiel.
    Die Besatzung der Pinasse ruderte in perfektem Einklang, obwohl ihr kein hortator den Rhythmus vorgab. Alle Stunde machten die Männer Pause und tranken einen Schluck Wasser, dann beugten sie wieder die Rücken und stemmten die Füße gegen die Querstreben im Spritzboden des Bootes. Der Kapitän saß am Heck mit dem Steuerruder und einem Schöpfeimer und teilte seine Aufmerksamkeit geschickt zwischen beidem.
    Als die steil aufragenden, weißen Felsen Britanniens näherkamen, wurde König Mandubracius, der steif und stolz am Bug saß, noch steifer und stolzer. Er kehrte heim, obwohl er nicht weiter weg gewesen war als in der belgischen Festung Samarobriva, wo man ihn zusammen mit anderen Geiseln festgehalten hatte, bis Caesar über einen sicheren Aufbewahrungsort entschied.
    Das römische Heer hatte in Britannien einen ausgedehnten Sandstrand besetzt, der landeinwärts in die cantischen Marschen überging. Die zerstörten Schiffe — unzählig viele! — lagen oberhalb des Strandes, auf Pfähle gestützt und umgeben von den gewaltigen Verteidigungsanlagen eines römischen Feldlagers. Gräben, Wälle, Palisaden, Brustwehren, Türme und Schanzen schienen sich viele Meilen weit zu erstrecken.
    Der
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