Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon
Autoren: Colleen McCullough
Vom Netzwerk:
Mandubracius«, sagte Caesar, hob den kleinen roten Zylinder zum Abschied und ging auf das stabile Lederzelt zu, das auf einer künstlichen Anhöhe inmitten des Lagers stand. Über dem Zelt wehte knatternd die scharlachrote Fahne des Feldherrn.

    Die Annehmlichkeiten im Zelt unterschieden sich kaum von denen im Quartier eines jungen Militärtribunen: einige Klappstühle und -tische, ein Gestell mit Fächern für Schriftrollen, das in Sekundenschnelle zerlegt werden konnte. An einem der Tische saß, den Kopf über einen Kodex gebeugt, Caesars Privatsekretär Gaius Faberius. Caesar war es leid gewesen, die Schriftrollen immer mit beiden Händen oder zwei Briefbeschwerern aufhalten zu müssen, und hatte die Rolle deshalb durch einzelne Blätter fannianischen Papyrus’ ersetzt; die Blätter wurden dann auf seine Anweisung am linken Rand zusammengenäht, so daß man das vollständige Werk durch Umblättern der einzelnen Bögen lesen konnte. Das Produkt nannte er Kodex, und er war felsenfest davon überzeugt, daß dessen Inhalt eher gelesen würde als der einer Rolle. Um das Lesen weiter zu erleichtern, gliederte er den Text in drei Spalten, statt quer über die ganze Seite zu schreiben. Ursprünglich gedacht für seine Nachrichten an den Senat, den er für einen Haufen Faulenzer und Analphabeten hielt, hatte er den handlichen Kodex nach und nach auch für den anderen Schriftverkehr übernommen. Der Kodex hatte nur einen gravierenden Nachteil, der verhinderte, daß er die Rolle ganz verdrängte: Wurde er viel gelesen, rissen die einzelnen Blätter leicht heraus und gingen verloren.
    An einem anderen Tisch saß Caesars treuester Gefolgsmann Aulus Hirtius. Von niederer Geburt, aber beträchtlichen Fähigkeiten, hatte er sich entschlossen an die Fersen des aufsteigenden Caesar geheftet. Er war klein und flink und liebte den kriegerischen Kampf gleichermaßen wie den Kampf durch Berge von Papier. Er leitete Caesars Kanzlei für den Schriftverkehr mit Rom und stellte sicher, daß der Feldherr auch vierzig Meilen nördlich der Tamesa am westlichen Ende der Welt buchstäblich alles wußte, was in Rom vorging.
    Die beiden Männer blickten auf, als der Feldherr eintrat, doch sie lächelten nicht. Schließlich war der Feldherr verstimmt, obwohl es in diesem Augenblick nicht so schien, denn er lächelte ihnen zu und hob den roten Lederzylinder.
    »Ein Brief von Pompeius«, sagte er und trat zu dem einzigen wirklich schönen Möbelstück im Raum, dem elfenbeinernen Amtsstuhl, der ihm seinem Rang entsprechend zustand.
    »Du wirst alles, was drinsteht, schon wissen«, sagte Hirtius, diesmal mit einem Lächeln.
    »Stimmt«, sagte Caesar, erbrach das Siegel und zog den Deckel auf, »aber Pompeius schreibt einen eigenen Stil, seine Briefe machen mir Spaß. Zwar schreibt er nicht mehr so ungestüm und ungeschliffen wie in der Zeit, bevor er meine Tochter geheiratet hat, aber er schreibt immer noch eigenwillig genug.« Er steckte zwei Finger in den Zylinder und zog die Rolle heraus. »Ihr Götter, ist die lang!« rief er. Dann bückte er sich, um eine kleinere Rolle vom Boden aufzuheben. »Nein, es sind zwei Briefe.« Er überflog den oberen Rand von beiden und brummte. »Einer vom Sextilis und einer vom September.«
    Er ließ den Brief vom September auf den Tisch neben seinem Stuhl fallen, rollte den Sextilis aber noch nicht gleich auf, um ihn zu lesen. Statt dessen hob er den Kopf und sah blicklos durch den Eingang des Zeltes, der der Helligkeit halber weit aufgeschlagen war.
    Was mache ich eigentlich hier? Warum mache ich einem blau angemalten Krieger, der aussieht wie den Versen Homers entsprungen, ein paar Weizenfelder und dürre Rinder streitig? Einem Briten, der zum Gekläff seiner Doggen auf dem Streitwagen in die Schlacht fährt und seinen Ruhm von einem Sänger mit einer Harfe besingen läßt? Hm, ich weiß ja warum. Weil meine dignitas es erforderte, weil die rückständigen Menschen dieses rückständigen Landes letztes Jahr glaubten, sie hätten Gaius Julius Caesar für immer von ihrer Küste vertrieben. Sie dachten, sie hätten Caesar besiegt. Ich kam nur deshalb zurück, um ihnen zu zeigen, daß niemand Caesar besiegt. Sobald ich Cassivellaunus unterworfen und ihm einen Vertrag aufgezwungen habe, verlasse ich dieses finstere Land für immer. Aber sie werden mich nicht vergessen. Ich habe Cassivellaunus’ Sänger genügend Stoff geliefert. Die Ankunft Roms, das Verschwinden der Streitwagen ins sagenhafte Land der Druiden im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher