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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon
Autoren: Colleen McCullough
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Lagerkommandant Quintus Atrius empfing sie und nahm die Nägel, den kleinen, roten Zylinder von Pompeius und König Mandubracius entgegen. Es würde immer noch einige Stunden hell sein; der Sonnenwagen fuhr in diesem Teil der Welt viel langsamer über den Himmel als in Italia. Auch einige Trinobanten erwarteten sie. Außer sich vor Freude, ihren König wiederzusehen, schlugen sie ihm auf den Rücken und küßten ihn, wie es bei ihnen Brauch war, auf den Mund. Der König und Pompeius’ Zylinder sollten sofort weiterbefördert werden, denn bis zu Caesar waren es noch einige Tage. Pferde wurden gebracht, und die Trinobanten und ein römischer Reiterpräfekt schwangen sich in den Sattel und ritten durch das Nordtor. Dort schlossen sich ihnen fünfhundert Reiter der Haeduer an und nahmen sie in die Mitte einer fünf Pferde breiten und hundert Pferde langen Kolonne. Der Präfekt sprengte an die Spitze der Kolonne, so daß der König und seine Gefolgsleute sich ungestört unterhalten konnten.
    »Man weiß nie, ob sie nicht eine ähnliche Sprache sprechen und uns verstehen«, sagte Mandubracius und sog die feuchtwarme Luft genußvoll ein. Sie roch nach Zuhause.
    »Caesar und Trogus ja, aber gewiß nicht die anderen«, sagte sein Vetter Trinobellunus.
    »Man weiß nie«, wiederholte der König. »Sie sind jetzt seit fast fünf Jahren in Gallien und davon die meiste Zeit unter Belgen. Sie haben Frauen.«
    »Huren! Soldatenprostituierte!«
    »Frauen sind Frauen. Sie reden ununterbrochen, und die Worte sinken ins Bewußtsein.«
    Der große Eichen-- und Buchenwald nördlich der cantischen Marschen wurde immer dichter, und die ausgetretene Spur, der die Reiterkolonne folgte, verlor sich in der Ferne in der einbrechenden Dämmerung. Die Soldaten der Haeduer blickten mit erhöhter Aufmerksamkeit um sich, hoben die Lanzen, legten die Hand an ihre Schwerter und hoben ihre kleinen Rundschilde vor die Brust. Nach einer Weile kamen sie auf eine große Lichtung, die einmal ein Weizenfeld gewesen war. Aus der braunen Ödnis ragten die verkohlten Gerippe einiger Häuser.
    »Haben die Römer das Getreide bekommen?« fragte Mandubracius.
    »Im Gebiet der Cantier alles.«
    »Und Cassivellaunus?«
    »Hat alles verbrannt, was er nicht ernten konnte. Nördlich der Tamesa hungern die Römer.«
    »Und wir?«
    »Wir haben genug. Die Römer haben bezahlt, was sie von uns genommen haben.«
    »Dann laß uns dafür sorgen, daß sie als nächstes das essen, was Cassivellaunus in seinen Speichern hat.«
    Trinobellunus wandte ihm den Kopf zu, und die blauen Kringel und Spiralen auf seinem Gesicht und seiner nackten Brust leuchteten im goldenen Licht der Abendsonne, die tief über der Lichtung stand, gespenstisch auf. »Als wir Caesar baten, dich zurückkehren zu lassen, haben wir ihm unser Wort gegeben, daß wir ihm helfen würden. Doch einem Feind zu helfen bringt keine Ehre. Wir haben beschlossen, die Entscheidung dir zu überlassen, Mandubracius.«
    Der König der Trinobanten lachte. »Selbstverständlich helfen wir Caesar! Das Land der Cassier ist groß, und wenn Cassivellaunus stürzt, gehört ihr Vieh uns. Wir lassen die Römer für uns arbeiten.«
    Der römische Präfekt kam angetrabt. Sein Pferd tänzelte und schnaubte ungeduldig, da sie nur langsam ritten. »Nicht weit vor uns kommt ein Lager, das Caesar zurückgelassen hat«, sagte er langsam im Belgisch der Atrebaten.
    Mandubracius sah seinen Vetter mit erhobenen Augenbrauen an. »Was habe ich dir gesagt?« An den Römer gewandt, fuhr er fort: »Ist das Lager intakt?«
    »Alles zwischen hier und der Tamesa ist intakt.«

    Die Tamesa, der größte Fluß Britanniens, war tief, breit und wasserreich, doch gab es dort, wo die Gezeiten sich nicht mehr bemerkbar machten, eine Furt. Am nördlichen Ufer begann das Gebiet der Cassier, doch waren weder an der Furt noch auf den verbrannten Feldern jenseits davon Angehörige dieses Stammes zu sehen. Die Reiterkolonne hatte im Morgengrauen die Furt durchquert und ritt dann in nordöstlicher Richtung durch hügeliges Land, dessen Anhöhen mit kleinen Wäldchen besetzt waren, während die Täler als Acker-- oder Weideland genutzt wurden. Rund vierzig Meilen später erreichten die Reiter das Gebiet der Trinobanten. Dort im Grenzland stand auf einem breiten Bergrücken Caesars Lager, die letzte römische Bastion im fremden Land.
    Mandubracius war dem großen Mann nie persönlich begegnet. Er war zwar auf Verlangen Caesars als Geisel nach Samarobriva geschickt
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