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Moon

Moon

Titel: Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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um ins Gerede zu kommen.
    Sie erreichten die breiten gläsernen Flügeltüren des Gebäudes, ein vergleichsweise neuer Anbau, der die naturwissenschaftlichen Labors, die Musik- und Sprachräumlichkeiten beherbergte und vom eigentlichen College durch eine elegant geschwungene Auffahrt und eine weite, kreisförmig angelegte Rasenfläche abgetrennt war. Im Zentrum dieser Rasenfläche starrte die Statue von La Roches Gründerin stoisch zum weißen Hauptgebäude hinüber, als würde sie zählen, wie viele Menschen durch jenes Portal eintraten. Mädchen eilten über die freie Fläche, entweder zum Parkplatz auf der Rückseite des College, wo die Eltern warteten, oder zu den Unterkünften und Pausenräumen im Südflügel, und ihr Schwatzen war weithin zu hören - nach dieser langen Zeit der Zurückhaltung war ihrer aller Mitteilungsbedürfnis buchstäblich entfesselt. Die Seeluft trug den Geruch von Salz über die Hügel heran und war eine willkommene Erlösung von der begrenzten Atemluft des Klassenzimmers. Childes atmete tief ein, als er und Amy die kurze Freitreppe aus Beton hinabstiegen.
    »Mr. Childes! Könnten Sie wohl einen Moment erübrigen?«
    Beide stöhnten sie innerlich auf, als sie die Direktorin auf der gegenüberliegenden Seite der Auffahrt winken sahen.
    »Ich hol dich ein«, murmelte er Amy zu und quittierte Miss Piprellys Ruf mit einer kaum erhobenen Hand.
    »Ich warte bei den Tennisplätzen. Vergiß nicht, du bist größer als sie.«
    »Oh, wirklich? Wer sagt das?«
    Sie trennten sich, und Childes marschierte auf direk-tem Weg quer über die Rasenfläche zu der wartenden Direktorin hinüber. Ihr Stirnrunzeln signalisierte, daß er wirklich außen herum hätte gehen können. Childes konnte Miss Piprelly nur als buchstäblich aufrechte Frau beschreiben: Sie hielt sich sehr gerade, kaum locker, und ihre Züge waren eigentümlich kantig, weiche Linien konnte man kaum bemerken. Sogar die kurzgeschnittenen, ergrauenden Haare trug sie streng nach hinten gekämmt, und ihre Lippen hatten etwas Dünnes an sich... es sah nicht gerade niederträchtig aus, eher so, als wäre jeder Humor schon vor langer Zeit aus ihnen herausgebügelt worden. Das rechteckige Brillengestell stand in konsequenter Harmonie zu ihrer körperlichen Gradlinigkeit. Selbst ihre Brüste weigerten sich, gegen diese allgemeine Grundtendenz zu verstoßen, und Chil-des hatte sich manchmal schon überlegt, ob sie wohl mit gewissen künstlichen Hilfsmitteln eingeschnürt waren. In finsteren Momenten war er sogar fest davon überzeugt, daß sie gar keine hatte.
    Aber eigentlich hatte es nicht lange gedauert, herauszufinden, daß Estelle Piprelly, Magister der Universität Cambridge, Magister der Pädagogik und Diplom-Psychologin, überhaupt nicht so streng war, wie die Karikatur ihrer selbst vermuten ließ - obwohl sie natürlich gewisse Momente mit gewissen Anwandlungen hatte.
    »Was kann ich für Sie tun, Miss Piprelly?« fragte er, als er neben ihr auf der Eingangsstufe stand.
    »Ich weiß, es mag Ihnen verfrüht erscheinen, Mr. Chil-des, aber ich versuche bereits, den Unterrichtsplan für das kommende Semester zu erstellen. Ich fürchte, dies ist für die Eltern zukünftiger Schülerinnen vonnöten, und unser Vorstand besteht darauf, daß er sehr lange vor der
    Sommerpause fertiggestellt ist. Ich hätte nun gern gewußt, ob Sie im Herbstsemester mehr von Ihrer Zeit für uns erübrigen könnten. Mir scheint, die Ausbildung am Computer ist heutzutage doch zu einer Art Priorität geworden - was nach meinem Dafürhalten ein Fehler ist.«
    »Ich glaube, da gibt es Schwierigkeiten... Sie wissen, ich habe auch noch die anderen Colleges, Kingsley und de Montfort.«
    »Ja, aber ich weiß auch, daß Sie in einem gewissen Umfang noch über freie Zeit verfügen. Gewiß können Sie doch einige zusätzliche Stunden pro Woche für uns einplanen, oder?«
    Wie erklärte man jemanden wie Miss Piprelly, die ihren erwählten Beruf mit Leib und Seele lebte, daß man selbst die Arbeitsmoral nicht ganz so hoch droben auf die persönliche Prioritätenliste gesetzt hatte? Nicht mehr, jedenfalls. Eine ganze Menge war plötzlich anders geworden; er hatte sich verändert... und das Leben hatte sich verändert.
    »Ein zusätzlicher Nachmittag, Mr. Childes. Könnten wir sagen, dienstags?« Ihr strenger Blick duldete keine Weigerung.
    »Lassen Sie mich ein bißchen darüber nachdenken«, bremste er sanft und spürte ihren beginnenden Ärger.
    »Nun gut, aber ich muß das erste

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