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Montauk: Eine Erzählung (German Edition)

Montauk: Eine Erzählung (German Edition)

Titel: Montauk: Eine Erzählung (German Edition)
Autoren: Max Frisch
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den Rahmen des Kamins, und da bist Du dagegen, ich übrigens auch; wir wollen ja nicht eine Villa. Ferner braucht man Lampen, und das ist immer schwierig. Früher einmal habe ich den einen und andern Bauherrn beraten; wer zahlt, entscheidet in Geschmacksfragen. Jetzt entscheiden wir, Du und ich. Manches überzeugt Dich dann gar nicht, wenn es ausgeführt ist, zum Beispiel der Boden im Wohnraum; das kleine Muster hat getäuscht. Du verstehst aber, daß ich nicht Onassis bin, und so lassen wir es; so wichtig ist es auch nicht. Hingegen entzückt Dich der neue Boden in der kleinen Loggia, Backstein im Fischgrätmuster wie in italienischen Klöstern; auch die roten Zürcher-Ziegel im Eßraum beginnen Dir zu gefallen, wenn sie versiegelt sind und mit der Zeit, wie versprochen, etwas dunkler werden. Das sind neue kleine Erfahrungen für Dich. Du freust Dich. Das Haus ist auch Dein Werk. Wir sind uns einig: alle Wände weiß. Wie in Sperlonga. Bevor wir Rom verlassen, sind wir nach Jerusalem eingeladen, 1965, auch das gefällt Dir, und als wir Rom verlassen, gibt es nicht viel zu verfrachten: etwas Geschirr, drei römische Lampen, ein toskanischer Tisch mit fünf Stühlen, die Bücher (nur die Bücher, die sich in Rom angesammelt haben; die andern werden aus einem Lager kommen)und einige Schallplatten (für einen besseren Plattenspieler) und Dein kleiner Arbeitstisch (eine schlechte Antiquität, ich weiß) und ein Schaukelstuhl, Pfannen, eine Truhe ( MILLE SETTE CENTO ) und wenig Garderobe, die römische Bettwäsche und meine Schreibmaschine. Wir sind kein Haushalt, sondern ein Paar. Als wir in das Haus einziehen, sind die Arbeiter noch da, eine Beton-Maschine ebenfalls. Die Treppe von der Dorfstraße herunter ist noch nicht erstellt; man geht auf glitschigen Brettern. Im Stall ist der Zwischenboden, der die Schweine von den Ziegen getrennt hat, soeben herausgerissen worden, mein Studio erst im Bau. Die fünf Arbeiter, Italiener, kommen täglich über die Grenze und fahren am Abend wieder nach Novarra. Sie haben noch wochenlang zu tun. Insgeheim sind wir froh um ihre Gesellschaft. Der alte Vorarbeiter, findest Du, sehe wie ein bäuerlicher Samuel Beckett aus. Sie bringen ihr Essen in einem kleinen Rucksack, sitzen am Steintisch über Mittag oder in der Wiese; Du wärmst ihnen die Suppe, die sie im Blechgeschirr haben, oder Du kochst selber eine Suppe für uns alle. Das gefällt mir. Ich sorge für Bier und Wein. Es steht bei einem Umbau nicht alles in den Plänen; wie, wenn sie gemacht ist, eine Mauer aussieht, ein Boden aus Granit-Platten, das hängt von ihrem Geschmack ab. Wir verdanken ihnen viel. Ein Kamin in meinem Studio scheint mir nicht nötig; zwar wäre es schon vorhanden und müßte nur verbessert werden; ich meine: Lassen wir’s. Der Beckett widerspricht: UN SCRITTORE , meint er, müsse viel Papier verbrennen. Ich stimme zu. BELLA CIAO, BELLA CIAO , die Schallplatte, die wir aus Rom gebracht haben, schallt aus den offenen Fenstern, während sie arbeiten. Wenn es regnet, arbeiten sie im Keller. Der Maler ist auch noch im Haus; der verschwindet manchmal für zwei Stunden, um in den Bächen zu fischen. Die Bücherwand, nach meiner Skizze erstellt, gefällt Dir dann doch. Du richtest unsere Bibliothek ein; ich öffne die vernagelten Kisten. Oft geht’s nicht voran, denn Du hast Dich gesetzt und mußt lesen; das ehrt die Bücher. Du legst ein Kräuterbeet an. Ferner pflanzen wir drei Rebstöcke, deren Laub inzwischen, neun Jahre später, die Pergola über dem Steintisch deckt ... Warum erzähle ich das? Wem erzähle ich das? – einmal bringen sie zwei schwere Kisten von der Dorfstraße herunter; in der ersten befindet sich, wie vermutet, der finnische Sauna-Ofen. Die andere ist voller Gestein für diesen Ofen: Granit, wovon es in dieser Gegend mehr als genug gibt. Ferner lege ich einen Weinkeller an. Wenn ich an der Schreibmaschine sitze, stören mich die klopfenden Arbeiter nicht, im Gegenteil: wir arbeiten. Eines Tages aberpacken sie ihr ganzes Werkzeug zusammen; Du machst einen Risotto und einen Braten. Ein schönes Jahr, so sagen sie, sei es gewesen hier. AUGURI . Es kommen Hunderte von Gästen, Freunde von Dir, Freunde von mir. Du bist die Gastgeberin, und ich meine, Du machst es gut, nämlich selbstverständlich und ohne Mühe (so scheint es) festlich. Es gibt Gewitter zum Fürchten, dreißigstündige, oder Schneeschaufeln im Winter. Ich spalte Holz und mache Feuer im Kamin, aber ich mache auch anderes in
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