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Monica Cantieni

Monica Cantieni

Titel: Monica Cantieni
Autoren: Grünschnabel
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Gärtner?
    – Der auch nicht.
    Die Reihen der Steine und Kreuze waren lang, dazwischen Wege, orangefarbene Gießkannen, Brunnen, Bäume, die sich bogen. Im größten Baum rauschte es, und unten legten sich Blumen und Sträucher alle in dieselbe Richtung.
    – Wann gehen wir in den Zoo?
    – Bald.
    Sie zündete sich eine Zigarette an, rauchte sie, zündete eine zweite an, schlug den Mantelkragen hoch. Ab und zu schüttelte sie den Kopf, sah mich von der Seite an, als wäre ich etwas Besonderes.
    Der Zoo hatte keine Haie, bloß Karpfen, die man nur im Winter sehen konnte, weil im Sommer das Wasser trüb war von Algen und aufgeweichtem Brot. Es gab eine fette Schlange, die sich nie bewegte außer sonntags, wenn um halb drei Meerschweinchen in ihr verschwanden und sie dann aussah wie ein Autoreifen. Dann gab es zwei Affen mit Bärten und einen ausgestopften Löwen, der um 15.1 5 Uhr über Lautsprecher durch den ganzen Zoo brüllte. Es gab auch Wellensittiche, eine Meerschweinchenzucht, zwei Ziegen und einige Hasen, die sich verkrochen, wenn der Löwe um 15.1 5 Uhr brüllte.
    Fast-ohne-Federn hieß auch Graupapagei und hatte einen Käfig für sich allein, ganz am Ende des Zoos. Der Wärter nannte das Voliere und erklärte, dass Fast-ohne-Federn darin fliegen könnte, wenn er nicht aussehen würde wie ein gerupftes Huhn, das man eben aus dem Kühlschrank gezogen hatte. Er rupfte sich die Federn aus, seit der andere Graupapagei tot war. Heimlich, sagte der Wärter, nie, wenn einer zugegen ist.
    Meine Mutter fürchtete sich vor ihm, fast so sehr wie vor Schwänen, weil er sich ganz nah an die Gitterstäbe schob und jeden mit einem seiner gelben Augen anglotzte, ohne zu blinzeln. Er war bekannt dafür, bewegungslos wie der ausgestopfte Löwe am Gitter zu hängen und in alle Finger zu hacken, die hineinfassten, bevor er den Kopf aufplusterte. Dann, hatte der Wärter gesagt, darfst du. Nicht vorher. Und komm mit einer Frucht.
    Wenn ich nach ihm rief, fing er an, aufgeregt auf seinem Ast hin- und herzugehen, hüpfte an die Gitterstäbe, streckte einen Fuß und den Schnabel aus dem Käfig und gurrte wie eine Taube. Und für die steife Schlagsahne auf dem Erdbeereis, hatte der Wärter geflüstert, würde er sogar schießen lernen.

Beim ersten Mal …
    B EIM ERSTEN MAL KNIETEN die von der Fürsorge sich vor mich hin und boten mir das Du an. Seit ADOPTION in meiner Streichholzschachtel SPÄTER lag, schauten sie vorbei, um nachzusehen, wie es mit mir voranging.
    Ruth roch nach Äpfeln und war weniger als ein Viertel von Walter, der so außer Atem war, als hätte er den Weg zu uns im Galopp zurückgelegt. Er wischte sich das Gesicht mit einem Taschentuch ab, lehnte erschöpft an der Kredenz, nippte am Kaffee und trank sofort einen Liter Wasser, die Fürsorge schien mitten in der Wüste zu stehen. Er ließ Ruth die Fragen stellen und schrieb den Bericht. Ruth wollte wissen, ob es mir gut gehe, und ich rupfte im Garten frischen Löwenzahn aus, führte sie zum Hasenstall, zeigte ihr Schneewittchen, erzählte vom Zoo, und Ruth streichelte Schneewittchens Fell, ich zeigte ihr Vogel im Zimmer, und sie befühlte die Bettdecke, öffnete ein, zwei Wörterschachteln, schnupperte an den Vorhängen und ging zu Walter, welcher in der einen Hand den Apfel wog, der auf der Kredenz gelegen hatte. Es roch nach Bügelwäsche und Föhrenduft aus der Sprayflasche, Walter rannte sich mit gezücktem Bleistift an einer Fensterscheibe den Schädel ein, weil er sie nicht gesehen hatte, der Bleistift fiel ihm aus der Hand; er dachte wohl, uns ist das Glas ausgegangen, und das gehört in den Bericht. Er befummelte erst den roten Fleck an der Stirn, wischte die Schweißtropfen weg und nahm nickend das Wasser entgegen, das ihm meine Mutter hinstellte. Er nickte zu allem. Der kann nicht anders, flüsterte mein Vater, der ist ein Lamm trotz seiner Pranken. Wie Schraubstöcke. Der zerreibt rohe Kartoffeln mit einer Hand, sagte er, nicht ohne Neid.
    Als meine Mutter ihnen die Schränke zeigte und sagte, sie dürften sie ruhig öffnen, winkte Ruth ab, sagte, ach, lassen Sie nur, und beide hörten ganz gespannt zu, obwohl meine Mutter nicht viel mehr sagte und ich noch weniger, und Walter schrieb auf, er schwitzte, er war ganz nass, und ich schwitzte wie Walter, ein bisschen mochte ich ihn.
    Ruth stellte fest, dass zu wenig Vitamine im Haus waren. Meine Mutter führte sie wieder in den Garten, wo die Vitamine grade eben aus dem Boden schauten, und Walter schrieb das
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