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Mondtaenzerin

Mondtaenzerin

Titel: Mondtaenzerin
Autoren: Frederica de Cesco
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Fruchtschale und Algen. Dann und wann sahen wir andere Fischerboote, aber die Männer behielten ihre Netze im Blick, und kein Boot kam so nahe an uns heran, dass man uns erkennen konnte. Inzwischen hatte die Sonne die Wolken aufgelöst, das Azurblau des Himmels war von einer gespannten, gläsernen Härte. Bald fuhren wir dicht an der Bohranlage vorbei, das Boot tuckerte eine Weile im Schatten der stählernen Plattform. Hoch oben kamen und gingen Männer, die Maschinen waren schon tätig und funkelten im Licht. Endlich verließen wir die dichte, eisige Schattenzone, das Meer leuchtete dunkelblau. Die Sonne, die bereits kräftig schien, spendete wohltuende Wärme. Ich war so müde, dass mir die Augen zufielen und ich für kurze Zeit schlief, die Stirn an Giovannis Schulter gelehnt, bis diese Schulter sich plötzlich bewegte. Da erwachte ich und sah, wie er den Kastendeckel hob und den Motor untersuchte.

    »Ist was?«, murmelte ich.
    Er warf den Kastendeckel wieder zu.
    »Wir haben ein Problem. Der Tank war nur halb voll. Das Benzin wird knapp.«
    Schlagartig war ich wieder wach, richtete mich auf und schätzte die Entfernung ab. Ich wusste, dass das Meer hier ziemlich tief war.
    »Glaubst du, dass wir schwimmen müssen?«
    »Nein, bis zur Insel reicht es noch gerade. Aber nicht für die Rückfahrt. Du kannst nicht alleine auf dieser Insel bleiben.«
    »Ach, Giovanni, denk doch nicht immer nur an mich!«
    »An wen soll ich denn sonst denken?«
    »Ich werde warten, bis ein Boot vorbeifährt, und Zeichen machen.«
    »Nein.«
    Er klaubte mein Handy aus der Hosentasche, warf einen Blick auf den Bildschirm und reichte es mir.
    »Peter soll dich holen. Ruf ihn an!«
    »Jetzt sofort?«, murmelte ich.
    »Ja. Die Batterie ist fast am Ende.«
    Ich zögerte.
    »Was soll ich Peter sagen?«
    »Er soll sich ein Boot besorgen und dich holen.«
    »Was, wenn er Fragen stellt?«
    »Später kannst du ihm alles sagen.«
    »Und was erzählen wir dann der Polizei?«
    Er zog gleichmütig die Schultern hoch.
    »Die Wahrheit, natürlich.«
    »Sie werden dich in jedem Hafen suchen.«
    »Und auf jedem Boot. Das wird eine gewaltige Arbeit für sie sein.«
    Er sah mich ruhig an, und ich senkte den Blick. Peters Mobilfunknummer war in meinem Handy gespeichert. Ich rief
an; ein fernes, sehr fernes Läuten ertönte. Doch nur zweimal, da hörte ich schon Peters Stimme.
    »Alessa! Endlich! Wo bist du?« Er sprach völlig überdreht, ich erkannte seine Stimme kaum wieder. Giovanni hatte schon recht, die Batterie war beinahe flach. Ich fasste mich kurz:
    »Peter, Giovanni und ich sind auf See, Richtung Filfla. Aber ich kann nicht zurück. Kein Benzin mehr. Du musst mich holen.«
    Stille. Ich vernahm ein seltsames Geräusch, als ob er laut atmete. »Alessa, was ist los?«
    »Ich kann jetzt nicht reden. Später.«
    »Und Giovanni?«
    »Der wartet auf ein Schiff.«
    »Was für ein Schiff?«
    »Eine Segelyacht. In einer Stunde ist er weg.«
    Diesmal dauerte die Stille etwas länger. Ich merkte, dass ich zitterte, und presste das Handy an meine Wange, damit ich es nicht fallen ließ. Dann sagte Peter:
    »Gut. Viviane und ich fahren sofort los.«
    »Ist sie nicht mehr im Krankenhaus?«, fragte ich mit Herzklopfen.
    »Nein, im Hotel. Die Musiker sind schon weg, aber sie hat ihren Flug abgesagt. Sie macht sich entsetzliche Sorgen, ich habe sie noch nie in diesem Zustand gesehen. Alessa? Bist du noch da?«
    »Die Batterie. Ich höre dich schlecht.«
    »Alessa!«
    Peters Stimme wurde plötzlich unterbrochen. Totale Stille. Ich zeigte Giovanni den schwarzen Bildschirm. Er nickte mir zu.
    »Das war knapp.«
    »Er kommt mit Viviane«, sagte ich.
    Er nickte, hielt wortlos Kurs, und ich war mir der schwebenden Spannung bewusst, die von ihm ausging. Er hatte gelernt,
seine Gedanken zu verbergen. Ich hatte das Gefühl, dass es nichts gab, was ihn irgendwie verwirren oder ängstigen konnte. Er war ein Mann, der sich an einem harten Land, an harten Menschen und ihrer Wildheit gemessen hatte. Aber was ihm auch begegnet sein mochte – er sprach nicht darüber. Zwischen uns aber war es wie immer – das absolute Vertrauen. Und das allein zählte.
    Bald näherte sich die Insel. Ich beugte mich über den Bootsrand, machte Giovanni auf die Felsen aufmerksam, die gelegentlich knapp unter der Wasserfläche sichtbar waren. In der Nähe des kleinen Strandes sprang Giovanni aus dem Boot, zog es an Land, vertäute es an einem Felsen.
    »Der Besitzer wird es schon finden«, meinte
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