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Mondtaenzerin

Mondtaenzerin

Titel: Mondtaenzerin
Autoren: Frederica de Cesco
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verraten. Und nichts, was früher war, kann wiederhergestellt werden.«
    Giovanni sagte langsam:
    »Wenn du das glaubst, dann hast du nichts begriffen. Und jetzt wäre es ohnehin für dich zu spät, dir noch irgendwelche Gedanken zu machen. Das könntest du nicht mehr, mit einem Loch im Gehirn. Aber so gerne ich es möchte, ich kann nicht dein Feind sein. In dir muss ein beträchtlicher Kampf getobt
haben. Aber das bist du ja gewohnt. Und zum Schluss weißt du immer, worauf es dir ankommt.«
    Seine Hand fiel auf den Gürtel, blitzschnell war seine Pistole draußen. Die Mündung hob sich, der Schuss krachte, kreisender Donnerschlag, vermischt mit dem Echo und dem tausendfachen Kreischen der Vögel. Wilde Schwärme hoben sich aus jedem Felsen, flatterten empor, in Kreisen von Federn, Schreien und Licht. Peter aber kauerte am Boden, stöhnend, das Gesicht schmerzverzerrt, und hielt sich das Bein. An der Seite des rechten Schenkels war ein dunkelroter Fleck, der feucht war und glänzte, bevor der blaue Jeansstoff das Blut aufsaugte. Den Revolver in der Hand, trat Giovanni langsam an ihn heran.
    »Die letzte Kugel«, sagte er. »Ich habe gelernt, gut zu zielen. Du wirst das aushalten, und du wirst auch kein Krüppel sein. Du kannst jetzt die Wunde verbinden, du bist ja Arzt, und in ein paar Tagen ist sie verheilt.« Er nickte finster. »Ein Denkzettel nur, damit du dich erinnerst, dass du nach wie vor mein Freund bist. Mein Feind wäre nicht mehr am Leben.«
    Er wandte sich ab und schleuderte den leeren Revolver in hohem Bogen über den Hang. Die Waffe zog einen blitzenden Bogen, bevor sie scheppernd auf die Steine fiel. Giovanni baute sich vor Peter auf, während er auf ihn hinabblickte, ausdruckslos weitersprach.
    »Alessa hat mir gesagt, was du für mich getan hast. Damals, entsinnst du dich, als ich Malta verlassen habe? Das kann ich nicht vergessen.«
    Er wies mit der Hand auf das Meer, mit den langsam sich nähernden Schiffen.
    »Und das da kann ich dir nicht übel nehmen, Peter. Weil das, was du getan hast, das Richtige war.«
    Er beugte sich und sprach die Worte in Peters Ohr, der mit weit aufgerissenen Augen dastand.

    »Hör zu, ich hoffe nicht auf dein Verständnis. Es sieht schon besser aus, wenn du nur an früher denkst. Ich halte es für wahrscheinlich, dass du es kannst. Treue um Treue, Peter, denke immer daran. Und noch etwas: Zwischen den Kindern, die wir waren, und den Menschen, die wir jetzt sind, besteht kein Unterschied. Wir gehören weder zu den Guten noch zu den Bösen. Wir sind nur erwachsen geworden. Aber nach wie vor sind wir die ›Kinder der schlafenden Göttin‹.« Peter war aschfahl, sagte nichts, klapperte nur leicht mit den Zähnen.
    Ein Geräusch wurde laut; es kam aus nächster Nähe. Ich wandte den Kopf, es war Viviane, aus deren Lippen ein seltsamer Laut kam. Es klang wie ein Schluchzen, oder wie ein ersticktes Gelächter, oder wie beides gleichzeitig. Auch Giovanni war dieser Laut nicht entgangen. Schroff drehte er sich von Peter weg, sah zu Viviane hinüber, die ihrerseits ihr blasses Gesicht zu ihm drehte. Ihre Augen waren groß und leer, mit diesem vergoldeten Schimmer. Da lächelte Giovanni flüchtig, ging auf sie zu, schloss sie in die Arme. Sie entspannte sich, stieß einen Seufzer aus, als ob sie schlürfend Atem holte. Dann hob sie das Gesicht und blickte zu ihm empor. Leise brach er das Schweigen:
    »Was sagt Persea, Viviane?«
    Sie antwortete halb abwesend, als ob sie nicht ganz erwacht war.
    »Persea sagt, dass sie dich liebt.«
    »Ich habe Schlimmes getan. Die Steine trugen ihr Zeichen.«
    »Du hast es für eine Frau getan. Sie wird dir verzeihen.«
    Sie legte beide Hände an Giovannis Gesicht, als ob sie ihn segnete, ließ ihre Fingerspitzen mit den roten Nägeln über die Konturen seiner Stirn, seiner Wangen, seines Mundes gleiten. Er brachte sein Gesicht ganz nahe an ihres, ihre Lippen berührten sich in einem flüchtigen Kuss. Dann trat sie zurück. Giovanni wandte sich von ihr ab, richtete seine Augen auf Peter, der sein Hosenbein hochgekrempelt hatte und die Wunde
mit einem Taschentuch verband. Ich kniete neben ihm, half ihm, den Verband enger zu ziehen. Die Kugel hatte das Bein nur gestreift, die Wunde blutete, war jedoch vollkommen ungefährlich. Giovanni hatte gewusst, was er tat. Doch zu Peter sagte er kein Wort mehr, sein Blick glitt einfach über ihn hinweg. Er nickte mir zu, hielt mir seine Hand hin.
    »Komm mit mir, Alessa.«
    Ich ergriff die Hand, die er mir
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