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Mondtaenzerin

Mondtaenzerin

Titel: Mondtaenzerin
Autoren: Frederica de Cesco
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vom Leib, sonst ist dieses fette Schwein ein totes Schwein.‹ Ich zwang sie, ihre Waffen zu Boden zu werfen. Als sie keine mehr hatten, befahl ich: ›Führt mich zu ihr!‹ Sie waren völlig kopflos, fuhren den Wagen fast zu Schrott. Mimmo winselte die ganze Zeit, bat um Gnade. Ich nahm die Waffe nicht von seiner Schläfe. Ich wusste nicht, ob ihre Drohung mit dem Freund echt war oder nicht, aber ich hatte höllische Angst um dich. Zum Glück ging alles gut. Und die Kerle, die habe ich erledigt. Sie haben sich an dir vergriffen, und sie haben mich verraten. Dort, wo ich herkomme, müssen Verräter sterben. Es ist ein hartes Gesetz, Alessa. Das einzige aber, auf das wir uns verlassen können. Wer weder Ehre noch Treue kennt, darf keine Gnade erwarten. Und meine Schwestern werden sich freuen. Jetzt erben sie alles!«
    Ich strich mit beiden Händen über mein verschmiertes Gesicht. Die Schwestern waren mir egal.
    Er ließ mich nicht aus den Augen.
    »Was ich dich noch fragen muss: Hast du eigentlich an mir gezweifelt?« Ich drückte seinen Arm.
    »Nie, keinen einzigen Augenblick.«
    »Du weißt nicht«, sagte er leise, »wie gut es mir tut, das zu wissen …«
    »Ich habe nur gedacht, dass du wohl tot sein müsstest.«
    Er zog die Schultern hoch.

    »Ich bin so gut wie tot.«
    Mein Verstand machte eine Art Sprung, mir wurde schwarz vor Augen. Ich klammerte mich an ihm fest. Er sagte kein Wort mehr, während wir aus dem Steinbruch kletterten; mir war, als bekäme ich keine Luft mehr, als hole dieses Klettern allen Sauerstoff aus meinem Körper. Endlich waren wir oben. Vor Anstrengung war mir schwindlig geworden, ich brauchte einige Sekunden, bis ich wieder zu Atem kam.
    »Was nun, Giovanni?«
    Er antwortete sehr sachlich.
    »Die Polizei wird eine Verbindung zu den Drohbriefen herstellen. Sie werden nach meinen Brüdern fahnden. Meine Schwager werden aussagen, und die Spur führt zu mir. Aber die Leichen werden sie nicht sofort finden. Das gibt mir eine kurze Frist. Und bis dahin werde ich Malta verlassen haben.«
    »Wie, Giovanni?«
    Er verzog die Lippen.
    »Ich habe einen Freund angerufen. Mit deinem Handy, übrigens, weil es nicht unter Bewachung steht. Der Freund ist der gleiche, der mich hergebracht hat. Er ist schon mit seiner Yacht unterwegs. Aber er will nicht bis an die Küste kommen. Zu gefährlich, sagt er. Er wird bei Filfla anlegen. Ich soll mit einem Boot dahin kommen. Aber zuerst bringe ich dich nach Hause. Du bist hungrig und müde. Du musst dich ausruhen.«
    Mein Verstand arbeitete wieder klar. Ich steckte bis über beide Ohren in einer entsetzlichen Sache. Es war zu spät, mich da rauszuhalten. Was ich jetzt in die Waagschale werfen musste, war unser Liebe, unser Vertrauen, seine unbedingte Treue zu mir. Auch wenn ich mit dem Gesetz in Konflikt kam, wollte ich Giovanni nicht auf den Gewissen haben. Ich spürte, wie meine Stimme trotzig klang.
    »Nein, Giovanni. Ich denke, dass die Polizei schon meine Wohnung bewacht. Du würdest in Gefahr sein. Ich schulde
dir etwas, und dieses etwas ist mein Leben. Solange du noch da bist, bezahle ich meine Schuld.«
    »Die Schuld ist längst bezahlt. Entsinnst du dich nicht?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Nein, Giovanni! Das gilt nicht mehr. Ich weiß doch, dass wir uns für immer trennen müssen. Und ich will bei dir sein. Ist dir klar, dass wir sterben werden, ohne uns jemals wieder gesehen zu haben?«
    Er lächelte unfroh.
    »Das ist wahrscheinlich, ja. Außer, vielleicht… wenn die Polizei mich doch noch findet.«
    »Sie wird dich nicht finden. Aber du darfst dich niemals mehr auf Malta blicken lassen.«
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte er düster.
    Er legte die Hand auf meinen Kopf, streichelte mein verklebtes Haar.
    »Ich gebe zu, dass ich nicht für dich tauge. Ich kenne kein anderes Leben als das, das ich jetzt führe. Und ich bin auch für kein anderes geschaffen. Aber ich spüre dich in mir, seit damals – und es hat immer geschmerzt. Als ob wir als Zwillinge geboren wurden. Aber jetzt trennen sich unsere Wege.«
    Er hatte leise und müde gesprochen, während ich verzweifelt zu Boden sah. Doch nun schaute ich auf; ich sah das dumpfe Elend in seinem Gesicht, las die trockene Härte in seinen Augen. Ich straffte die Schultern.
    »Ich verlasse dich nicht. Verdammt, nein, das werde ich nicht tun! Ich will bei dir sein, bis ich dich in Sicherheit weiß.«
    »Ich bin nirgendwo in Sicherheit.«
    Ich hob zornig den Kopf.
    »Das brauchst du mir nicht zu sagen!
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