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MondSilberLicht

MondSilberLicht

Titel: MondSilberLicht
Autoren: Marah Woolf
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willst.“
Die Antwort hätte ich ihr gleich geben können. Ich brauchte meine Privatsphäre. Aber es würde später Zeit sein, mit ihr darüber zu reden, entschied ich.
Ich musterte das Zimmer, in das sie mich führte - das alte Bett mit der bordeauxroten Bettwäsche und den weißen Stickereien darauf, die Wände mit der gestreiften Tapete in hellen Beige- und dunklen Rottönen. Unter einem Fenster stand eine Kommode und unter einem anderen ein kleiner Schreibtisch. Der Raum gefiel mir. Bree zog die cremefarbenen Vorhänge zu.
„Das Zimmer hat früher deiner Mutter gehört. Wir haben die Möbel restauriert und das Zimmer neu tapeziert.“ Sie strich mit den Fingern über die Vorhänge.
„Komm, ich zeig dir das Bad.“ Auf dem Weg dorthin öffnete sie einen kleinen Schrank und reichte mir Handtücher und Waschlappen. Dann setzte sie sich auf den Wannenrand und schaute mich an. Das hat mir noch gefehlt, dachte ich und erwiderte tapfer ihren Blick.
„Wir hoffen, dass du dich bei uns einleben wirst“, sagte sie  jedoch nur. Ich nickte zögernd und schaute ihr dankbar nach, als sie das Bad verließ. Dann stellte ich mich unter die Dusche und genoss die Wärme des Wassers. Danach kämmte ich mein widerspenstiges, langes, braunes Haar und betrachtete mich im Spiegel. Ich suchte Spuren in meinem Gesicht, die die Ereignisse hinterlassen hatten. Ich war blass, aber das war ich immer. Unter meinen silbergrauen Augen lagen dunkle Schatten. „Was soll`s“, sagte ich zu mir, schlüpfte in meinen Pyjama, der mich tröstlich an Zuhause erinnerte, und schlich durch den Flur in mein Zimmer. Schnell verstaute ich meine ausgewaschenen Jeans sowie meine Sweat- und Poloshirts in der kleinen Kommode. Im Bett starrte ich an die Decke und grübelte, was mit meinem Leben passiert war. Es dauerte nicht lange, und bei den vielen Erinnerungen an meine Mom stiegen mir, wie fast jede Nacht der vergangenen Wochen, die Tränen in die Augen. Ich zog mir die kalte fremde Bettdecke bis zur Nasenspitze und weinte mich in den Schlaf.

Als ich wach wurde, bemerkte ich als Erstes das Zwitschern der Vögel. Die Sonne schickte dünne Strahlen durch das offene Fenster. Ich hörte in mich hinein und der zentnerschwere Brocken in meiner Brust kam mir für einen Moment nicht mehr ganz so schwer vor. Lange dauerte dieses Gefühl nicht an. Das Vogelgezwitscher wurde von den verschiedensten Stimmen aus dem Haus übertönt. Draußen vor der Tür sprang ein Auto an. Schweren Herzens streckte ich die Füße unter der Decke hervor und setzte mich auf. Es dauerte eine Weile, bis ich angezogen war. Dann überlegte ich, was ich tun sollte. Sollte ich in die Küche oder erst ins Bad gehen? Da wurde die Tür aufgestoßen und zwei kleine Mädchen polterten herein. Vor Aufregung stolperten sie beinahe übereinander.
„Emma?“, riefen die beiden wie aus einem Munde. Die zwei glichen einander wie ein Ei dem anderen. Beide hatten langes, rotes Haar und identische feine Gesichtszüge. Ihre Haut war sehr hell und ihre Nasen von mindestens zwanzig Sommersprossen übersät. Das mussten meine beiden kleinen neunjährigen Cousinen sein. Ich würde sie nie auseinander halten können.
Überrascht von ihrem Mut, stammelte die eine kleinlaut: „Möchtest du mit uns Mittag essen?“
Wie lange hatte ich wohl geschlafen, wenn schon Mittagszeit war? Hoffentlich war das nicht zu unhöflich gewesen? Andererseits hätten sie mich ja wecken können. Ich beschloss nicht länger darüber nachzudenken.
„Dad ist mit Amelie und Peter gleich aus der Stadt zurück und Mom meinte, wir sollten dir Bescheid sagen.“
Als ich aufstand, schob sich eine kleine Hand in meine und das andere Mädchen schaute mich an. „Ich bin Hannah“, flüsterte sie. Dann war die Mutigere Amber, dachte ich bei mir.
Bree begrüßte mich mit einem Lächeln: „Na, hast du unsere  Nesthäkchen kennen gelernt? Sie wollten dich unbedingt wecken. Ich konnte sie nur mit Mühe zurückhalten. Wir wollten dich ausschlafen lassen.“
Ich dankte ihr mit einem Lächeln.
„Setz dich her, möchtest du Kaffee oder Tee?“, fragte sie und schob mich zu einem Stuhl an dem riesigen Eichenholztisch, der mitten in der Küche stand.
„Kaffee, bitte“, erwiderte ich und beobachtete Bree, während sie das Mittagessen zubereitete. Sie deckte den Tisch, briet Fleisch und Kartoffeln und schnitt Gemüse auf. Der frisch gebrühte Kaffee duftete verlockend und ich trank so gierig, dass ich mir prompt die Zunge verbrannte. Zwischendurch
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