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Mondlicht steht dir gut

Mondlicht steht dir gut

Titel: Mondlicht steht dir gut
Autoren: Mary Higgins Clark
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Scheidung hatte Maggies Vater ihr sogar verboten, Nualas Namen auch nur zu erwähnen.
Maggie bemerkte, daß Liam gerade vorbeiging, um eine weitere Verwandte zu begrüßen, und packte ihn am Arm.
»Liam, diese Frau da auf der Treppe. Kennst du sie?«
Er kniff die Augen zusammen. »Oh, das ist Nuala. Sie war mit meinem Onkel verheiratet. Ich nehme an, sie ist meine Tante, aber sie war seine zweite Frau, deshalb hab ich sie eigentlich nie als Tante angesehen. Sie ist ein bißchen eigenwillig, aber wirklich erfrischend. Wieso?«
Maggie ließ sich keine Zeit für eine Antwort, sondern begann sich durch die Trauben von Moores hindurchzuwinden. Als sie schließlich bei der Treppe ankam, war die Frau, auf die sie es abgesehen hatte, bereits oben auf der Galerie im Gespräch mit einer Gruppe von Leuten begriffen. Maggie ging die Stufen hinauf, blieb jedoch auf der vorletzten Stufe stehen, um die Frau zu betrachten.
Als Nuala damals so abrupt weggegangen war, hatte Maggie darum gebetet, sie möge schreiben. Doch sie meldete sich nie, und Maggie hatte ihr Schweigen als besonders schmerzlich empfunden. Im Lauf der fünf Jahre, in der die Ehe bestanden hatte, war sie Maggie sehr ans Herz gewachsen. Ihre eigene Mutter war bei einem Autounfall ums Leben gekommen, als Maggie noch ein Säugling war. Erst nach dem Tod ihres Vaters dann erfuhr sie von einer Freundin der Familie, daß ihr Vater alle Briefe vernichtet und die Geschenke zurückgesandt hatte, die Nuala ihr geschickt hatte.
Maggie starrte jetzt auf die winzige Gestalt mit den lebhaften blauen Augen und dem weichen, honigblonden Haar. Sie konnte das feine Geflecht der Falten sehen, die ihren schönen Teint nicht im mindesten beeinträchtigten. Und während sie ins Schauen versunken war, strömten ihr die Erinnerungen ins Herz. Kindheitserinnerungen, vielleicht ihre glücklichsten.
Nuala, die bei Auseinandersetzungen stets ihre Partei ergriff und gegen Maggies Vater Position bezog:
»Owen, um Himmels willen, sie ist doch noch ein Kind. Hör auf, sie ständig zurechtzuweisen.« Nuala, die immerzu sagte: »Owen, alle Kinder in ihrem Alter tragen Jeans und T-Shirts … Owen, was spielt es für eine Rolle, wenn sie drei Filme verbraucht hat? Sie macht schrecklich gern Fotos, und sie ist gut darin … Owen, sie spielt nicht einfach nur im Dreck. Kannst du denn nicht sehen, daß sie etwas aus dem Ton zu machen versucht? Mein Gott noch mal, erkenn doch wenigstens das künstlerische Talent deiner Tochter an, wenn du schon meine Bilder nicht leiden kannst.«
Nuala – immer so hübsch, immer so lustig, immer so geduldig bei Maggies Fragen. Nuala war es gewesen, von der Maggie Kunst lieben und verstehen gelernt hatte.
Typischerweise trug Nuala heute abend ein blaßblaues Kostüm aus Satin mit dazu passenden hochhackigen Pumps. Maggies Erinnerungen an Nuala waren schon immer pastellfarben getönt.
Nuala war Ende Vierzig gewesen, als sie Dad heiratete, dachte Maggie, während sie ihr derzeitiges Alter auszurechnen versuchte. Sie hielt fünf Jahre lang mit ihm durch. Sie ging vor zweiundzwanzig Jahren fort.
Es war ein Schock, zu erkennen, daß Nuala inzwischen Mitte Siebzig sein mußte. Zweifellos sah sie nicht danach aus.
Ihre Augen trafen sich. Nuala runzelte die Stirn, sah dann verblüfft aus.
Nuala hatte ihr erzählt, daß sie in Wirklichkeit Finnuala hieß, nach dem legendären Kelten Finn MacCool, der einst einen Riesen zu Fall brachte. Maggie wußte noch, welches Vergnügen ihr als kleines Mädchen der Versuch gemacht hatte, Finn-u-ala auszusprechen.
»Finn-u-ala?« sagte sie jetzt mit zögernder Stimme.
Ein Ausdruck absoluter Verblüffung machte sich auf dem Gesicht der älteren Frau breit. Dann stieß sie einen Freudenschrei aus, der das Stimmengewirr der Gespräche um sie herum zum Schweigen brachte, und Maggie fand sich nach so langer Zeit wieder von liebevollen Armen umschlungen. Von Nuala ging der zarte Duft aus, der all diese Jahre hindurch in Maggies Gedächtnis haften geblieben war. Im Alter von achtzehn Jahren hatte sie entdeckt, daß dieses Parfüm Joy hieß. Freude – wie passend für heute abend, dachte Maggie.
»Laß mich dich anschauen«, rief Nuala aus, während sie von ihr abließ und zurücktrat, dabei aber noch immer Maggies Arme mit beiden Händen festhielt, als befürchte sie, Maggie könne weglaufen.
Ihre Augen wanderten forschend über Maggies Gesicht.
»Ich hab nie geglaubt, dich jemals wiederzusehen! O Maggie! Wie geht’s diesem schrecklichen Mann,
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