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Mondglanz

Mondglanz

Titel: Mondglanz
Autoren: Ann Aguirre
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letzter Anstrengung hieve ich mich hinauf. Der Sims ist erstaunlich breit und tief – eine Höhle vielleicht. Ich ziehe den Leuchtstab hervor, um es zu überprüfen. Tatsächlich, hier kann ich mich zumindest ein wenig ausruhen. Ich sehe sogar Stalagmiten auf dem Boden, also ist dies tatsächlich eine natürliche Höhle. Ich befestige das Seil an einem der Tropfsteine, überprüfe den Knoten und werfe das andere Ende den Schacht hinab. Ich hoffe nur, das Seil ist lang genug.
    Es hat keinen Zweck, ihnen etwas zuzurufen, denn sie werden mich nicht hören. Außerdem will ich keine anderen Lebewesen hier auf mich aufmerksam machen, falls es die gibt. Keine Ahnung, was in dieser Höhle haust. Ich könnte den Leuchtstab nach unten werfen, um zu signalisieren, dass ich oben bin, aber ich möchte lieber nicht hier im Dunkeln warten müssen.
    Da spannt sich das Seil, beginnt zu zittern, und ich bin unendlich erleichtert: Jemand zieht sich daran nach oben.
    Schlotternd vor Erschöpfung sitze ich da und starre in die Tiefe, bis ich etwa zehn Meter unter mir Marsch ausmache. Ich würde ihm so gern helfen, aber mir fehlt die Kraft, also rutsche ich nur ein Stück von der Öffnung weg, damit er Platz hat. Unfassbar, wie viel Kraft er noch hat, nachdem er schon so viele Stunden in dieser winzigen Zelle gehockt hat und immer wieder misshandelt worden ist.
    »Maria sei Dank«, keucht er, als er mich erblickt. »Das war die längste Stunde meines Lebens.«
    Nicht mehr? Mir kam es viel länger vor.
    Auf Händen und Knien kriecht Marsch auf mich zu, bebend vor Erleichterung. Stinkend und verdreckt, wie wir sind, schließen wir einander in die Arme und verschmelzen förmlich. Im fahlen Schein des Leuchtstabs sein Herz schlagen zu hören kommt mir vor wie das Paradies.
    Vel ist am schnellsten von uns oben. Er ist stärker als ich, und er wurde in den letzten Tagen nicht mehrfach misshandelt wie Marsch.
    »Gute Arbeit, Sirantha. Ich werde die Umgebung scannen, um herauszufinden, wo wir sind.« Er holt das Seil ein und macht sich sofort an die Arbeit.
    Es ist mir egal, wie lange er braucht. Ich bin glücklich.
    Nach einer Weile verkündet Vel: »Hier entlang. Wir befinden uns in einem Hohlraum innerhalb eines Berges.«
    »Hast du einen Ausgang gefunden?«
    »Mehr oder weniger. Ich habe einen Riss im Fels entdeckt, den ich mit einem Laser vergrößern kann.«
    Ich bin so erschöpft, ich kann kaum noch denken und setze wie automatisch einen Fuß vor den anderen. Zu mehr bin ich nicht mehr in der Lage. Keine Ahnung, ob wir uns noch innerhalb des Vierundzwanzig-Stunden-Zeitfensters befinden. Ich hoffe nur, Dina und Hammer ist nichts zugestoßen. Sie müssen einfach da sein und auf uns warten.
    Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist, als wir endlich zu der Stelle gelangen, von der Vel gesprochen hat. Ich sehe nichts als eine nackte Felswand, aber Velith geht zielstrebig auf einen winzigen Riss im Gestein zu, streut irgendein Pulver darauf und zieht einen Laserbrenner hervor.
    Beißender Rauch und Staub steigen auf, und ich kann kaum noch atmen. Ich halte mir die Hand über Mund und Nase, aber das bringt nicht viel.
    Marsch wühlt in Veliths Rucksack, bis er eine Flasche findet, die er mir reicht, während Velith unermüdlich weitermacht und immer tiefer in dem Felsspalt verschwindet.
    Als ich schon glaube, ich halte es nicht mehr aus, sagt Vel: »Ich kann das Loch nicht noch größer machen, ohne zu riskieren, dass die Decke runterkommt. Wir müssen so hindurchkommen.«
    »Danke, Velith.« Ich würde ihn gern küssen, aber ich bin zu schwach. »Du bist großartig. Das warst du immer.«
    Sogar Marsch stimmt mir zu. »Ich hätte geschworen, es ist unmöglich, hier rauszukommen. Also habt ihr beiden wohl das Unmögliche geschafft.«
    Ich gehe als Erste. Der Tunnel, den der Kopfgeldjäger in den Fels geschnitten hat, ist wirklich winzig, und wieder steigt diese Klaustrophobie in mir hoch. Ich kann mich kaum dazu bringen, mich tiefer hineinzuschieben. Ständig stoße ich mich an den Felswänden der engen Röhre. Wie sollen Marsch und Vel hier durchpassen? Die Gedanken an die beiden lenken mich so weit ab, dass ich beinahe vergesse weiterzukriechen – bis ich die Kälte des ewigen ithorianischen Winters auf meiner Haut spüre. Ich bin fast da! Hastig lege ich die letzten Meter zurück und gelange inmitten eines Schneesturms ins Freie. Die Kälte verschlägt mir den Atem, und meine Wimpern überziehen sich sofort mit einer Eisschicht.
    Marsch
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