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Mond der verlorenen Seelen

Mond der verlorenen Seelen

Titel: Mond der verlorenen Seelen
Autoren: Elke Meyer
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sondern sie war auf sich allein gestellt. Amber zwang sich, ruhig zu atmen. Das förderte die Konzentration auf ihre Sinne. Als der Sog endete, öffnete sie die Augen. Über ihr wölbte sich der blutrote Himmel. Doch dieses Mal lag sie inmitten des Steinkreises, genau an der Stelle, wo Hermit sie zurückgeholt hatte. Als wenn sie ihre Prüfung beenden sollte. Amber erhob sich. Sie fühlte sich leicht wie eine Feder.
    „Samuel?“ Ihr Blick wanderte wachsam umher. Sicher hatten die Dämonen und Revenant sie längst bemerkt.
    „Samuel?“ Befand er sich vielleicht doch nicht hier? Ihre Hoffnung sank, aber es war zu früh, um aufzugeben. Ein Schatten huschte zwischen zwei Menhiren hindurch. Ein Dämon. Weitere Schatten folgten, wie graue Rauchwolken, die sich verflüchtigten, aber jederzeit zu materialisieren imstande waren. Man belauerte sie. Unbeirrt lief Amber an dem Druidenaltar vorbei, der sich in der Mitte des Steinkreises befand. Immer wieder sah sie sich um und wartete auf einen Angriff der Dämonen. Amber erreichte bereits den äußeren Menhirring und noch immer keine Spur von Samuel. Dabei war sie sich so sicher gewesen, ihn hier zu finden und wurde bitter enttäuscht.
    Sie trat aus dem Kreis hinaus und stoppte abrupt, denn zu ihren Füßen gähnte ein gewaltiger Abgrund. Erschrocken blickte sie hinab in den schwarzen Schlund. Es dauerte eine Weile, bis sich ihr Herzschlag wieder beruhigte.
    „Es ist das Tal der Angst, dunkel und voller Gefahren“, hörte sie unerwartet neben sich Samuels Stimme.
    Erleichtert wandte sie sich zu ihm um. Das selbstgefällige Lächeln auf seinen Lippen war verschwunden und einem nachdenklichen Eindruck gewichen.
    „Samuel, Gott sei Dank. Ich habe schon befürchtet, dich hier nicht zu treffen.“
    „Was willst du von mir?“
    „Lass nicht zu, dass Revenant dich zu seinem Werkzeug macht. Komm mit mir zurück“, bat sie und streckte die Hand nach ihm aus.
    Seine Miene war verschlossen, als er den Kopf schüttelte. „Zu spät“, antwortete er.
    Warum hörte sie immer, dass alles zu spät sei? Sie konnte und wollte sich nicht damit abfinden. „Es ist nie zu spät, um zu kämpfen.“
    „Amber, du hast gar nichts begriffen. Die Schattenwelt verleiht uns Macht. Sie ist stark, viel stärker als alles, was du kennst. Sie lässt dich nicht los und verschlingt dich.“ Seine Augenbrauen zogen sich zusammen.
    „Nur, wenn du es zulässt.“
    „Ich habe keine andere Wahl. Revenant und ich sind eins geworden.“
    „Die hattest du. Warum hast du dich auf ihn eingelassen?“
    „Er hat mich schon immer fasziniert. Begreif doch, ich war neugierig auf alles, auf ihn, auf die Schattenwelt. Es bedeutet die Krönung allen Wissens, um wirklich zu verstehen.“
    „Du hast dich geopfert, nur um zu verstehen? Selbst wenn es anderen das Leben kostet?“
    „Ja, auch dann.“
    Sie konnte ihn nicht verstehen. Er war besessen von Revenant und der Schattenwelt.
    „Revenant wird dich zerstören.“
    Samuel lachte auf. „Nein, nicht zerstören, sondern mich zu einem Teil von ihm machen.“
    „Wach endlich auf! Das wird nie geschehen. Er wird deine Seele bis in alle Ewigkeit gefangen halten. Das kannst du doch nicht wirklich wollen!“ Amber trat auf ihn zu und sah ihn eindringlich an. Samuel musste endlich zur Vernunft kommen.
    „Das ist mein Schicksal.“
    „Nicht, wenn du dich gegen ihn wehrst.“
    „Selbst, wenn ich gewinne, lebt sein dämonischer Geist in mir weiter. Gemeinsam werden wir ewig leben.“
    „Es muss doch eine Möglichkeit geben, euch wieder zu trennen.“
    Samuel schüttelte den Kopf. „Nein. Ein schwarzes Ritual verbindet unsere Seelen. Man muss mich töten, um den Pakt zu brechen.“
    Erschrocken wich Amber zurück. Wie weit war Samuel nur gegangen? Er hatte die Grenze zur Finsternis überschritten und seine Seele geopfert.
    „Wie konntest du das nur zulassen?“, flüsterte sie. Amber schwankte zwischen Mitleid und Entsetzen.
    „Nur so war es mir möglich, die Schattenwelt zu betreten. Es war schon immer mein größter Wunsch. Natürlich musste ich Revenants Befehlen folgen, vom Fieber des Tötens infiziert. Wie reife Früchte fielen uns die Frauen in den Schoß ...“
    Wahnsinn leuchtete in seinen Augen, der Amber einen Schauder über den Rücken jagte und sie verstummen ließ.
    „Es war so einfach.“ Er schnippte mit den Fingern, auf seinen Lippen lag ein sardonisches Grinsen.
    Angewidert sah Amber zur Seite. Wie hatte sie nur glauben können, in Samuel einen
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