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Mörderischer Stammbaum

Mörderischer Stammbaum

Titel: Mörderischer Stammbaum
Autoren: Stefan Wolf
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die
Hardcover-Ausgabe in ihre Umhängetasche, bezahlte und erhielt noch einen
Handzettel mit der Führungslinie durch das zweistöckige Museum.
    Zwölf saalartige Räume.
Frauenmörder, Kindermörder Massenmörder, Attentäter, mordende Frauen...
    Warum tue ich mir das an?,
dachte Petra. So sensationsgeil bin ich doch nicht. Überhaupt — außer mir ist
niemand da. Wenn so eine Wachsfigur plötzlich zum Leben erwacht, schreie ich
bestimmt vergeblich um Hilfe. Der Opa deutet das wahrscheinlich als Entzücken.
Außerdem ist er mit seinem Wurstbrot beschäftigt.
    Ungezählte Fälle, echte, waren
dokumentiert. Aus drei Jahrhunderten. Texte, Bilder, Fotos, Tatwerkzeuge,
Nachbildungen der Täter und Opfer. Auf allem lag etwas Staub — offenbar sparte
man hier am Personal — und der graue Schleier der Zeit.
    Petra fröstelte. Manchmal sah
sie nicht hin oder ging rasch weiter. Es war ein Panoptikum des Schreckens; und
man konnte verzweifeln an den Menschen, zumindest an etlichen Vertretern dieser
Gattung.
    Petra Delius war 31, hatte
Pädagogik studiert und eine missglückte Ehe hinter sich. Werner war eigentlich
nicht übel — wie seine Freunde behaupteten — nur ein bisschen zu faul, zu
selbstherrlich und zu grob. Er arbeitete als Vermögensberater und verdiente
sich dumm und dämlich. Offenbar gab es noch genügend Leute mit Vermögen, die
aber keine Ahnung hatten, was man damit tut und sich deshalb beraten ließen.
    Petra war 183 cm groß, was die
Partnerwahl einengte, schlank und hübsch mit ihrem blonden Pferdeschwanz, den
großen grauen Augen und dem lebhaften Mund. Auf Eleganz hielt sie freilich
nicht, sondern war gekleidet wie Rumpelstilzchens große Schwester.
    Zur Zeit war sie auf Jobsuche —
als Erzieherin — hatte aber noch nichts gefunden und lebte von der Abfindung,
die ihr Werner — er war immerhin schon 47 — hatte zahlen müssen. Außerdem war
Petra eine — fast fanatische — Tierschützerin. Und ihr Lieblingstier war die
Taube. Sie liebte sie alle: die Felsentaube, von der die Haustaubenrassen
abstammen, die Hohltaube, die Ringel-, die Turtel- und die Türkentaube.
    Jetzt schlenderte sie durch die
Abteilung der Frauenmörder und schwankte — gefühlsmäßig — zwischen Ekel und
Neugier.
    An Exponat Nr. 17 — der
Dokumentation über einen besonders üblen Typ — wollte sie schon vorbeigehen,
als ihr Blick auf den Namen fiel.
    Kovechluser...
    Abrupt blieb sie stehen. Dieser
Name! Den gab’s doch nur einmal. Zumindest hatte Kovechluser das behauptet in
seinem letzten Zeitungsinterview. Ja, da hatte ihr Erzfeind — dieser
Dreckskerl! — klagend und wichtigtuerisch — vermerkt, dass sein Name mit ihm
aussterbe. Da er ja leider keine Kinder habe.
    Kovechluser...

    Petras Herzschlag hatte
ausgesetzt. Jetzt hämmerte der Hohlmuskel gegen ihre Rippen und sie begann zu
lesen über die grausigen Taten eines gewissen Friedrich Kovechluser, der von
1867 bis 1902 gelebt hatte. Dann hatte man ihn hingerichtet.
    Petra las und ihr Gesicht
glühte wie im Fieber.

3. Fütterungsverbot
     
    Es sind... es waren
Türkentauben, dachte Tim. Sehe ich. Ja, an dem breiten weißen Endstreifen am
Schwanz ist die deutlich auszumachen.
    Die Sonne schien noch immer.
Gaby schluchzte. Klößchen und Karl waren wutrot im Gesicht. Der Bullige kroch
auf dem Boden herum. Der Eisenstab lag neben einem Taubenkadaver. Ein Stück
entfernt stand ein halbgefüllter Segeltuchsack.
    Die Öffnung klaffte auf.
    Tim glaubte, er sehe nicht
richtig.
    Tote Tauben, enthauptet und
blutig, füllten den Sack.
    „Der schlägt sie tot und
sammelt sie ein“, sagte Tim durch die Zähne. „Wahrscheinlich verkauft er sie an
einen Fresstempel. Dort stehen sie dann als Taubenbrüstchen in Champagnersoße
auf der Speisekarte. Bei dem Gedanken kommen mir die Beilagen hoch.“
    „Mistkerl!“
    Gaby versetzte dem Mann einen
Tritt in die Rückseite. Er schrie auf.
    „Lass das! Ich bin im Recht!
Wie oft soll ich das sagen! Ich bin Beauftragter der Stadtverwaltung. Der
Beschluss wurde bekannt gemacht. Aktion gegen die Taubenplage. Jawohl!“
    „Was wurde bekannt gemacht?“,
fragte Tim.
    Der Mann richtete sich auf.
Seine Oberlippe blutete und schwoll an. Er hatte fischige Augen, die jetzt
ängstlich blickten, und war noch etwas wackelig auf den Beinen.
    Aber er griff unter die Jacke
und zeigte seinen Dienstausweis.
    „Die Aktion gegen die
Taubenplage, die wurde bekannt gemacht!“, trumpfte er auf. „Allgemeines
Fütterungsverbot. Giftköder werden
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