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Mörderische Tage

Mörderische Tage

Titel: Mörderische Tage
Autoren: Andreas Franz
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unerträglichen Lärm ausgesetzt gewesen waren. Und ob sie ein seelisches Trauma davongetragen hatte, ausgelöst durch Isolation und psychische Folter, darauf hatte in dieser frühen Phase ebenfalls niemand eine Antwort parat.
    Franziska befand sich von allen im besten gesundheitlichen Zustand, was sie dem Umstand zu verdanken hatte, sich am schnellsten mit ihrer Situation arrangiert zu haben. Dennoch würden seelische Narben zurückbleiben, und die lückenlose Erinnerung – eine Erinnerung, die sie während der ersten Untersuchungen ausgeblendet hatte – an die schrecklichen Tage in der Isolation würde erst nach einigen Tagen, vielleicht auch Wochen oder erst Monaten zurückkehren. Man konnte nur hoffen, dass diese Erinnerung keine zu tiefen Wunden riss, dass Franziska Uhlig nicht von den Dämonen ihrer Gefangenschaft zerstört wurde.
    Julia war auf äußerst brutale Weise vergewaltigt worden, die Wunden würden verheilen, doch vergessen würde sie das ihr zugefügte Leid nie. Holzer hatte sie, so die Untersuchungen, über einen längeren Zeitraum misshandelt und missbraucht, bevor er sie wieder der vollkommenen Stille und Dunkelheit übergeben hatte. Welche Folgeschäden vor allem psychischer Natur Julia Durant zurückbehalten würde, vermochte niemand zu sagen.
    Kurz nach der Einlieferung kamen Durants Vater und Susanne Tomlin zu ihr ins Krankenhaus, aber es dauerte bis drei Uhr morgens, bis sie endlich mit ihr sprechen durften.
    »Wenn du hier raus bist, kommst du zu mir«, sagte Susanne. »Und Sie kommen bitte mit, Julia braucht uns jetzt, sie darf nicht allein sein.«
    Er nickte nur, er war nicht fähig zu sprechen, zu froh und überwältigt war er, dass seine Tochter am Leben war.
    Pfarrer Hüsken war mitten in der Nacht von Hellmer angerufen worden und hatte sich umgehend auf den Weg in die Klinik gemacht, um bei seiner Franziska zu sein.
    Nur Alina Cornelius wurde von niemandem besucht, bis Berger zu ihr ans Bett trat.
    »Soll ich jemanden für Sie anrufen?«, fragte er.
    »Nein, danke.«
    »Kein Freund, keine Freundin?«
    Sie wandte den Kopf zur Seite, und Berger hatte das Gefühl, als würde sie weinen. Er drehte sich um, suchte Hellmer und sagte zu ihm: »Frau Cornelius hat niemanden, der sich um sie kümmert. Sie kennen sie doch und …«
    »Schon gut, ich hab verstanden.«
    »Ich werde es in den nächsten Tagen vor versammelter Mannschaft tun, aber ich möchte Ihnen meine größte Anerkennung aussprechen.«
    »Ohne Frau Kaufmann hätte ich das nicht geschafft. Sie hat mich vor einer großen Dummheit bewahrt.«
    »Ja, kann ich mir vorstellen. Ausgerechnet Holzer.«
    »Wir sehen uns irgendwann im Lauf des Tages, ich gehe jetzt zu Frau Cornelius, um ihr ein bisschen Gesellschaft zu leisten.«
     
    Rahel Holzer saß noch immer auf der Terrasse, eingewickelt in einen Bademantel, als Sabine Kaufmann und Doris Seidel zu ihr kamen. Kaufmann hatte sich nach einer halben Stunde etwas erholt und gesagt, sie müsse unbedingt noch diesen einen Besuch machen.
    Als die Beamtinnen bei ihr waren, stand sie auf, ließ den Bademantel fallen und begab sich wieder zum Pool.
    »Die ist völlig durch den Wind«, sagte Kaufmann. »Na ja, ich wüsste nicht, wie ich drauf wäre, wenn ich erfahren würde, dass mein Mann …«
    »Das kann keiner von uns nachempfinden«, antwortete Seidel. »Ich möchte jedenfalls nicht in ihrer Haut stecken.«
    Sie warteten, bis Rahel Holzer ein paar Runden geschwommen war und wieder aus dem Pool stieg.
    »Wo ist mein Mann?«, fragte sie.
    »Auf dem Weg ins Präsidium. Er hat die Taten gestanden und uns zu den Frauen geführt. Es tut mir leid, Ihnen keine bessere Nachricht überbringen zu können.«
    »Ich habe vorhin eine Stunde lang geschrien wie noch nie zuvor in meinem Leben. Ich habe in einer Stunde mehr geweint als in neunundzwanzig Jahren. Ich habe auf dem Boden gelegen und nur noch geschrien. Mein Mann, der Mörder. Warum hat er mich damals nicht sterben lassen, als ich im Wasser lag? Warum hat er mich gerettet? Nur um mich eines Tages noch mehr leiden zu lassen?«
    »Vielleicht sind Sie die einzige Person, die er jemals geliebt hat«, sagte Sabine Kaufmann.
    »Nein, er kann mich nicht geliebt haben, nicht mich, höchstens meinen Körper. Vielleicht auch meine anfängliche Hilflosigkeit, weil ich so auf ihn angewiesen war. Er hatte mich in der Hand, und ich habe es nicht gemerkt. Ich werde meine Eltern anrufen und sie bitten, mich abzuholen.«
    »Wo leben Ihre Eltern?«
    »Zurzeit auf
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